>>Neun<<

1.1K 34 0
                                    

Als er mit mir fertig war, ließ er mich einfach auf dem Boden liegen. Er stand auf, zog sich seine Hose an und ging einfach. Einfach so. Ohne etwas zu sagen.

Du wurdest vergewaltigt. Du wurdest vergewaltigt. Du wurdest vergewaltigt, ging es mir immer wieder durch den Kopf.

Ich fühlte mich so benutzt und schlecht, sodass ich die nächste Zeit nur mit leisem Weinen verbrachte. Ich wollte mich einfach irgendwo verkriechen, mich in Sicherheit begeben, weit wegen von diesem Ekelpaket. Ich habe mir nichts sehnlicher als eine heiße Dusche gewünscht, gleich mehrere Male hintereinander, doch selbst das hätte mein dreckiges Gefühl nicht wegwaschen können.

Es war eigentlich ziemlich dumm von ihm, mich dort zu lassen, denn als ich mich nach einiger Zeit wieder gefangen hatte, rappelte ich mich auf und ging auf zittrigen Beinen den kalten Flur entlang. Ich war sehr vorsichtig, kaute mir dabei sogar fast die Unterlippe ab, denn ich hatte Angst, dass er kommen und sich alles wiederholen würde. Trotzdem: Dies war meine Chance, er war unachtsam gewesen.

Ich ging also den Flur entlang, der nur notdürftig beleuchtet wurde, und schreckte beim kleinsten Geräusch zusammen. Ich bewegte mich sehr langsam, meine Füße schlurften über den Boden, denn richtig auftreten konnte ich nicht - zu laute Geräusche hätten mich sofort verraten.

Am Ende des Flures war eine Treppe ohne Geländer, ich schaute flüchtig nach unten, konnte aber nichts erkennen. Ich dachte, da unten könnte es eine Art Notausgang geben, der Weg in die Freiheit.

Also ging ich so leise wie möglich mit meinen hohen Schuhen die Treppen hinunter, und mit jedem Schritt bereute ich es, denn es wurde immer dunkler. Als ich unten angekommen war, konnte ich kaum meine eigene Hand vor Augen erkennen, mein Weg führte mich trotzdem weiter nach vorne.

Da ich meine Arme nicht benutzen konnte, um meine Umgebung zu ertasten, lief ich gegen das ein oder andere Möbelstück, hielt dann kurz inne um eine Reaktion meines Entführers wahrzunehmen, doch da kam nichts. Er hatte mich wirklich einfach alleine gelassen.

Ich sah einen Lichtstrahl auf dem Boden, welcher von einem Spalt zwischen Boden und einer Tür ausging. Ich näherte mich dieser Tür und begann zu frösteln, konnte aber nicht sehen oder hören, was sich im Inneren befand, da sie aus Metall war. Ich warf mich selbst gegen die Tür, um sie zu öffnen, doch sie ging nach außen auf, also musste ich die Klinke runterdrücken.

Nach längerem Überlegen beschloss ich, die Schmerzen in Kauf zu nehmen, und nahm mit meinem Oberkörper Schwung, sodass mein Arm begann, zu pendeln. Ich musste meine Hand mehrmals auf die Klinke fallen lassen, da es nicht auf Anhieb klappte, die Tür zu öffnen. Mit Tränen in den Augen schaffte ich es dann allerdings, genug Kraft aufzuwenden, und die Tür war geöffnet.

Es war ein Kühlraum. Es war wirklich enttäuschend.

Ich wollte mich gerade umdrehen, da fiel mir etwas ein: In einem Kühlraum wird Essen gelagert. Ich habe das Gelände ja gesehen, weit und breit gab es keine Aussicht auf Zivilisation. Wenn ich wirklich einen Weg hier raus finden sollte, dann wollte ich garantiert nicht verhungern.

Also ging ich in den Kühlraum, durchstöberte die Regale und verstaute die ein oder andere Dose Bohnen in der kleinen Schürze meines Kleides. Das gestaltete sich jedoch schwieriger als gedacht, da ich erstens nicht so viel Platz darin hatte, und zweitens ich meine Finger nicht bewegen konnte.

Ich erreichte das Ende des Regals und ging um die Ecke, um vielleicht noch etwas anderes als Bohnen zu ergattern. Doch das hätte ich nicht tun sollen.

Ich näherte mich verwirrt den etwa 5 offenen Särgen, die in einer Reihe aufgestellt waren, und erschrak: Ich blickte in die leblosen Gesichter von fünf jungen Mädchen, die angezogen waren wie ich. Eine davon war Juliette.

Entsetzen streifte mein Gesicht, als ich die Mädchen dort liegen sah. Juliette und ich waren also nicht die ersten, die er entführt und dazu gezwungen hatte, eine Puppe zu sein.

Die erste hatte bereits lange, große Eiszapfen an ihrem gesamtem Körper, Juliette hingegen war erst blau und nur etwas Frost setzte sich auf ihren Haaren ab.

Ich eilte zu ihrem Sarg und betrachtete ihren von der Kälte entstellten Körper, Fleisch fehlte ihr jedoch nicht. Ich hatte sie also nicht gegessen. Zum Glück.

Trotzdem trieb es mir Tränen in die Augen, sie so zu sehen. Sie würde wahrscheinlich nie gefunden werden, sie würde wahrscheinlich für die nächsten Jahre in diesem Kühlraum liegen, niemals ihre ewige Ruhe finden, wenn ich nicht hier raus kommen und allen von meinem psychopatischen Entführer erzählen würde.

,,Es tut mir wirklich leid, Juliette'', hauchte ich und lief tränenüberströmt aus dem Kühlraum.

Ich stieß die Tür hinter mir zu und irrte wieder einmal durch die Dunkelheit, fand diesmal die Treppe jedoch relativ schnell. Ich stieg die Stufen hastig hoch und ging mit zügigen Schritten wieder den Flur entlang. Ich wusste nicht, wie viel Zeit ich verloren hatte, ob er vielleicht schon auf der Suche nach mir war.

Ich kam zu einem Abschnitt des Flures, an dem mehrere Türen aus Holz waren. Vorsichtig öffnete ich die erste Tür, und es war eine Art Büro. Das Telefon, welches auf einem Tisch neben einem Computer war, stach mir direkt ins Auge. Ich würde zuhause anrufen. Oder bei der Polizei.

Ich ging ins Zimmer rein und verbarrikadierte die Tür, damit er nicht sofort rein konnte. Ich überprüfte, ob das Telefon funktionierte, und tatsächlich: Ein beruhigendes, klares Piepen war zu hören.

Ich schaffte es nicht, die Nummer der Polizei mit meinen Fingern zu tippen, deswegen legte ich es auf den Tisch und tippte mit meiner Nase. Ich will nicht wissen, wie das ausgesehen haben muss, aber es war mir in dem Moment egal.

Die Nummer wurde gewählt, und nun wartete ich darauf, dass jemand abhob. Nervös kaute ich auf meiner Unterlippe. Hoffentlich konnten sie mich orten oder sowas.

,,Hallo?'', sagte ich, als ich ein Klicken vernahm. Mein Herz schlag außergewöhnlich schnell.

,,Hallo, örtliche Polizei, wie kann ich Ihnen helfen?'', sprach eine vertraute Stimme aus dem Hörer.

Ich zögerte kurz, bevor ich antwortete, denn in meinem Kopf drehte sich alles. Ich kannte diese Stimme. Sehr gut sogar.

,,B-Bist du das, Harry?''

---

Ich weiß nicht, ob nächste Woche ein neues Kapitel kommt. Ich bin im Urlaub, mal sehen ob ich da Wlan habe. Wenn nicht, tut's mir jetzt schon leid :D

-A

DOLLHOUSE / h.s/Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt