Cranko (November 2024)

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Am Sonntag Abend bin ich nun endlich in den Genuss von "Cranko" gekommen. Welch ein Erlebnis! Die große Wirkensperiode des britisch-südafrikanischen Choreographen John Cranko wurde von Regisseur Joachim A. Lang (siehe auch „Brechts Dreigroschenfilm"!) unfassbar einfühlsam nachgestellt. Und ganz gewiss wäre das Seelenleben des Künstlers in solch einer Intensität kaum vermittelbar gewesen, wenn Sam Riley seine Rolle nicht mit einer derart wohlwollenden Sympathie erfüllt hätte. Allein zur Darstellung Crankos im Film lässt sich so viel Positives erwähnen. Seine nahbare wie empathische Natur und sein schier unbeirrbarer Gerechtigkeitssinn haben mir natürlich sehr imponiert. Seine Worte haben mich häufig berührt und manchmal tief getroffen. Sein Kummer und sein Leid wurden mitunter von mir geteilt, insbesondere wenn es den Faschismus betraf, der in den Köpfen zahlreicher Menschen überlebt hat und eine bleibende Gefahr bedeutet. Es schmerzte mich, mit welcher Wehmut Cranko beklagte, dass in der Welt so viel Böses sei. Weil mir diese Gedanken sehr vertraut sind. :-( Es fühlte sich einfach gut an, ihn auf seiner einzigartigen Reise durch jene Blütezeit des Balletts zu begleiten. Wenn ich allerdings den historischen Aspekt anspreche, sollte ich nicht unerwähnt lassen, dass mit dem Charakter des offen schwulen Choreographen auch ein Kapitel queerer Zeitgeschichte repräsentiert wird.

Letztlich wurde mit "Cranko" eine faszinierende Symbiose zwischen Spielfilmbiografie und Ballettvorstellung geschaffen, die in jedweder Hinsicht vollendet anmutet. Da ich seit jeher an die Magie des Tanzes glaubte, und diesen nun einmal in nahezu all seinen Formen verehre, hat solch ein filmisches Meisterwerk all meine Liebe verdient. Da professionelle Tänzer*innen des Stuttgarter Balletts an der Produktion beteiligt waren, durfte ich mich durchaus manchmal wie im Theater fühlen, obgleich ich eigentlich "bloß" in einem gemütlichen kleinen Kinosaal saß. Und damit verhält es sich dann im Saal VOR der Leinwand vielleicht ein wenig wie inmitten des Filmgeschehens, sobald sich die ansonsten so authentisch dargestellte Wirklichkeit mit surrealen Elementen vermischt... wenn also Pantomimen in Gegenwart unseres werten Choreographen, quasi sinnbildlich für dessen Gefühlsleben, vor nächtlicher Kulisse durch die Straßen tanzen. Getanzte Metaphern... schlicht wunderschön!

"Cranko" ist für mich definitiv eines der filmischen Highlights des laufenden Kinojahres.

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⏰ Letzte Aktualisierung: 4 days ago ⏰

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