Als ich die Haustür aufschloss, hörte ich den Fernseher aus dem Wohnzimmer tönen.
Jeden Abend dasselbe Gedudel.
Ich überlegte gerade, ob ich umdrehen sollte und wieder zu meinen Freunden gehen sollte, ein paar Bier trinken, bisschen was rauchen - damit wäre der Abend wenigstens nicht ganz so verschwendet gewesen.
Aber leider hatte man mich schon bemerkt.
Dad und Mom.
Uuuuhh, seit wann ließ sich Dad denn hier wieder blicken?
Er war die letzten drei Tage im Studio gewesen und erst spät Abends nach Hause gekommen, als ich schon im Bett lag. Und das war wirklich spät.
„Hallo Josina.", meinte er, lächelte und wollte mich umarmen.
Ich starrte kalt zurück und wehrte ihn ab.
„Was ist?", fragte er und sein Lächeln erstarb.
„Auch mal wieder hier?", meinte ich und musterte ihn abwertend.
„Sieht so aus."
„Idiot."
„Josinaa!", rief Mom warnend aus der Küche und warf mit einen bitterbösen Blick zu. Dabei dehnte sie das A am Ende so hässlich.
Dad schien nur ein wenig irritiert.
„Ist doch wahr!", rief ich aufgebracht.
„Idiot ist doch gar kein Wort für den hier!"
„Josina.", zischte Dad nun auch und hob warnend die Hand. Oh, er hatte es gerafft, dass ich ihn gerade beleidigt hatte. Applaus.
„Na das hast du jetzt davon. Wieso sollte ich Respekt vor dir haben, wenn du so unregelmäßig hierher kommst wie die Putzfrau?!"
„Josina!", schrie Mom nun und stellte sich neben Dad.
Auch Joey und Jake waren auf den Streit aufmerksam geworden und Jake drehte den Fernseher leiser.
Joey war vom Sofa aufgestanden und stellte sich mit verschränkten Armen neben uns.
Aber Jake machte sich nicht mal die Mühe seinen Hintern auch nur einen Zentimeter zu bewegen. Er beobachtete das Geschehen lieber vom gemütlichen Sofa aus.
„Was machst du jetzt hier?!", maulte ich Joey an.
„Jetzt sei doch nicht gleich wieder so aggressiv!", maulte er zurück und trat dicht vor mich.
„Find dich doch mal damit ab, dass Dad kaum zuhause ist! So eine Band nimmt so viel Zeit in Anspruch, das weiß ich doch selber! Und es bringt auch nichts, andauernd auf ihm rumzuhacken! Außerdem bist du doch eh nie da, von dem her sollte es dich doch auch nicht interessieren."
Achso, jetzt sind alle gegen mich?
„Warum glaubst du denn, dass ich immer weg bin?! Dad ist nie da, du bist auch immer bei deinen... Emilys Army... und Mom hat eh genug zu tun. Und mit Jake kann man auch nix anfangen, der glotzt eh immer nur fern."
Ja, jetzt glotzten sie alle ein bisschen blöd.
„Ja aber Josina... denkst du, du fällst mir zur Last?", fragte Mom, schon fast verletzt.
Ich starrte sie an und antwortete gar nichts.
Dad stemmte die Hände in die Hüften.
„Und dass ich immer weg bin stimmt auch nicht."
„Doch!", schrie ich und war den Tränen nahe.
„Ich dachte eigentlich, nach deiner 21st Century Breakdown Tour wärst du wieder mal ein bisschen länger daheim, aber was machst du? Kaum bist du ein paar Wochen zuhause, verziehst du dich schon wieder tagelang ins Studio. Sieh dich doch mal an! Du bist weder seelisch noch körperlich stabil und ich habe keine Lust, dass du irgendwann einen Herzinfarkt bekommst und uns hier verreckst!"
Seine Hand schnellte nach vorne und klatschte in mein Gesicht.
Für ein paar Sekunden war es so still, dass es fast in den Ohren wehtat.
Als ich zu Jake schielte, bemerkte ich, wie weit er die Augen aufgerissen hatte.
Noch nie hatte Dad mich geschlagen.
Noch nie hatte er irgendwen aus dieser Familie geschlagen.
Es tat nicht sonderlich weh, aber innerlich zerbrach für mich diese Familie endgültig.
Als ich es wieder wagte zu atmen, löste sich auch von den anderen die Starre.
Dann drehte ich mich um, lief in den Flur und zog meine Schuhe und Jacke an.
„Halt! Was soll das denn werden?! Willst du jetzt abhauen?", fragte Dad, schon fast belustigt. Ja, ich bin ja bloß ein bockiger Teenie.
„Sieht so aus."
Ich kramte in meiner Hosentasche nach meinem neuen IPhone, das Dad mir geschenkt hatte.
„Ach übrigens... das hier kannst du dir in Zukunft sparen. Ich will deine Geschenke nicht. Ich will nur, dass du mehr Zeit hast. Denk auch mal an Jake. Er braucht dich."
Dann warf ich es ihm zu.
„Josie, warte-", setzte er an, als ich aus der Tür schlüpfte, und hielt mich am Arm fest.
„Komm wieder rein! Wo willst du denn schlafen?! Auf der Straße etwa?!"
„Ja, was ist dabei?! Die Straße ist jedenfalls mehr mein Zuhause als das hier!"
Oh, das hatte gesessen.
Ich wand mich aus seinem Griff und knallte die Haustür hinter mir zu.
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Loss Of Control
FanficTochter einer Berühmtheit zu sein ist gar nicht so einfach. Josinas eigene Familie wird ihr von Tag zu Tag fremder. Doch das soll sich durch ein schreckliches Ereignis abrupt ändern.