Ich riss die Augen auf.
Sunny.
Sunny...
Ich fing an zu schluchzen.
Es tat so weh.
Ich war zu spät gekommen. Wäre ich eine Minute eher gekommen, wäre er nicht gestorben.
Eine Minute.
Es war stockdunkel draußen. Genau wie damals.
Genau wie damals, als er starb.
Wie ich gesehen hatte, wie er einfach ging. Das Leben aus seinen Augen verschwand. Ich würde es nie vergessen.
Wie er mich angeschaut hatte, mit diesen kalten, leeren Augen.
Ich hatte versagt.
Ich riss mir die Infusionsnadel und das verhasste Atemgerät vom Leib und sprang aus dem Bett, ignorierte meine Schmerzen und stürzte ins Badezimmer.
Ich blickte diese Gestalt im Spiegel an.
Das war nicht ich.
Das war eine Mörderin.
„Mörder!", schrie ich mein Spiegelbild an.
Mörder, Mörder, Mörder!!!
Ich hätte am liebsten den Spiegel zertrümmert.
Ich heulte, ich schrie, dann brach ich auf dem Boden zusammen.
Weinend blieb ich auf den kalten Fliesen liegen, bis mein Blick auf meinen Rucksack fiel.
Ich robbte heran und riss mit zittrigen Fingern an dem Reißverschluss der Vordertasche herum.
Mein Taschenmesser fiel heraus.
Ich klappte es auf und betrachtete die schimmernde Klinge im dämmrigen Badezimmerlicht.
Das bin ich dir schuldig, Sunny.
Wenigstens das.
Ich setzte die scharfe Klinge an meinen Unterarm an und zog langsam, ganz langsam eine S förmige Linie.
Dabei schluchzte ich, vor lauter Trauer und Schmerz um den Verlust meines besten Freundes.
Ich hatte ihn gesehen... ich wusste dass es ihm gut ging, wo er jetzt war, aber... was, wenn das alles gar nicht real war, und sich nur in meinem verrückten Kopf abgespielt hatte?
Das Blut floss meinen Arm hinunter und es gab mir diese gewisse Bestätigung... es fühlte sich gut an, es war das erste mal, dass ich den Schmerz nach außen ließ...
Ich setzte zu dem zweiten Buchstaben an... ein U.
Doch ich kam nicht weit.
Denn eine Sekunde später sah ich meinen völlig entsetzt drein blickenden Vater in der Tür stehen.
„Sag mal spinnst du?!", schrie er total schockiert und stürzte auf mich zu.
„Lass mich! Fass mich nicht an!", schrie ich zurück und schluchzte laut auf, das Messer fest umklammert.
Billie aber packte mich und riss es mir aus der Hand, schmiss es in die letzte Ecke des Badezimmers.
Er packte meinen Arm und drückte seine Handfläche gegen die Wunde.
„Was soll der Scheiß, verdammt noch mal?! Hast du sie noch alle?! Wolltest du dich damit umbringen?!", schrie er hysterisch.
„Nein... lass mich los... lass mich los!", weinte ich total aufgelöst. Ich entzog mich seinem Griff, aber er packte mich fest an beiden Handgelenken und sah mich eisern an.
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Loss Of Control
Hayran KurguTochter einer Berühmtheit zu sein ist gar nicht so einfach. Josinas eigene Familie wird ihr von Tag zu Tag fremder. Doch das soll sich durch ein schreckliches Ereignis abrupt ändern.