Part 9

256 57 68
                                    

🍁🎃🍁🍂🍁🏮🍁🍂🍁🎃🍁🏮🍁🎃🍁

Hin und wieder raschelten die wenigen verlieben Blätter an den Bäumen im Wind. Das gefallene Laub drückte sich unter ihren Schritten in den nassen Untergrund. Um Zeit zu sparen, gingen sie querfeldein durch die feuchten Wiesen. Sie waren fast allein in dem nur spärlich beleuchteten Park. Nur einzelne, meist stark betrunkene Jugendliche kreuzten ihren Weg. Mit Harry heimzulaufen, fühlte sich anders an. Sicher, umworben und behütet. Er hatte sich noch nie so gut gefühlt.

Zuerst hatten sie sich an den Händen gehalten. Dann hatte der Lockenkopf ihm wieder den Arm um die Taille gelegt. Um ihn zu wärmen. Oder ihm auf eine äußerst charmante Art nah zu sein. Louis mochte das. Sehr sogar.

Harry machte das auf eine so süße unaufdringliche Weise. Verzauberte Louis damit immer mehr. Er hatte nicht gelogen, als er dem Lockenkopf von seiner perfekten Date-Vision erzählte. Und sein Sankt Martin tat alles, um diesen Traum wahr werden zu lassen. Egal ob das nun dessen Masche war oder nicht. Noch niemals hatte sich ein Mann so ins Zeug gelegt. Sich so viel Mühe um ihn gegeben. Da war kein Raum für Selbstzweifel. Louis wollte diesen Abend genießen. Sich einmal fühlen wie im Film. Seine persönliche Kitsch-Romanze. Auch, wenn die vermutlich nur eine Folge lang war. Zwischen ihnen herrschte eine angenehme, lockere Stimmung und doch war da dieses feine Prickeln, welches sein Herz hüpfen und seinen Magen vor Vorfreude kribbeln ließ, wenn er Harrys Finger an seiner Hüfte spürte.

Sie unterhielten sich. Er erfuhr eine ganze Menge über den hübschen jungen Mann an seiner Seite und der schien auch ehrliches Interesse an ihm zu zeigen. Mit Harry fühlte es sich an, wie mit einem guten Freund. Abgesehen von der Tatsache, dass sie beide das ständige Bedürfnis hatten, sich zu berühren. Louis konnte seinem eigentlichen Grindr-Date gar nicht genug danken, dass der nicht erschienen war. Das hier war so viel besser. Harry war ein Sechser im Lotto.

„Das ist mit Abstand der beste Abend seit langem!"
Mit einem breiten Grinsen stand er neben dem Lockenkopf, als dieser die Türe zu seiner Wohnung aufsperrte. Die war nicht groß, aber auf den ersten Blick sehr gemütlich. Ganz anders als seine Studentenbude. Louis erinnerte sich, dass er die mal dringend wieder aufräumen sollte. Bei Harry war es ordentlich. Man stand quasi direkt in der Wohnung. Einen wirklichen Flur gab es nicht. Jeder Quadratmeter war perfekt genutzt.
„Bad ..."
Harry deutete auf die Tür zu ihrer Linken.
„Küche, Wohn- und Esszimmer."
Louis folgte der Handbewegung. Alles war offen gestaltet. Die einzige weitere Türe führte wohl zum Schlafzimmer.

„Gefällt mir. Ich mag den Stil und die Holzbalken."
„Ja ... Das war hier mal alles zu. Komplett verbaut. Wir haben die Wände rausgenommen. Mehr Licht und vor allem mehr Platz. Ich hab sogar einen kleinen Balkon."
Harry strahlte.
„Oh. Ist das deine Wohnung?", wollte Louis neugierig wissen, als er sich die Schuhe von den Füßen trat.
„Meine? Schön wär's. Nein, das Haus gehört meinen Großeltern. Aber ich zahle keine Miete."

Der Größere zuckte mit den Schultern und ging in die Küche, wo er sich erstmal die Hände wusch.
„Kann ich dir was zum Trinken anbieten? Ich hab' Bier, Wein und ein bisschen Schnaps ..."
„Willst du mich abfüllen?"
Louis grinste dreckig. Harry müsste nur mit den Fingern schnippen und er bekäme so gut wie alles. Da brauchte der nicht mit Alkohol nachhelfen. Aber das musste er ihm ja nicht auf die Nase binden.
"Äh ... nein. I-ich ... Das war wirklich nicht meine Intention."
„Schon gut Harry. Wasser ist okay."
Der Lockenkopf nickte mit roten Wangen.

„Ich würde dir ja Chips anbieten. Aber ich glaub ich hab' nichts zum Knabbern da. Ich hab' nicht mit Besuch gerechnet ...", stellte Harry resigniert fest.
„Ich hätte da noch eine Martinsgans als Gastgeschenk im Angebot."
Louis zog die Tüte mit dem Gebäck aus seiner Jackentasche und musterte sie skeptisch. Man konnte nur noch erahnen, was es mal darstellen sollte.
Harry lachte, als er die zerbröselte Gans entgegennahm.
„Womit hab' ich die verdient?"
„Du hast deine Decke mit mir geteilt. Also gibt's eine Martinsgans für meinen Sankt Martin!"
„Dein Sankt Martin?"

Harry machte einen Schritt auf ihn zu. Louis hielt die Luft an. Dieses wundervolle Lächeln machten ihn fertig. Das er gerade zwischen Harrys Armen und dem Kühlschrank eingesperrt war, machte die Situation nicht besser. Er war so viel kleiner als sein Gegenüber. Fock! Er hatte eine Vorliebe für große Lockenköpfe mit tiefen Grübchen in der Wange. Trotz des kalten Metalls an seinem Rücken wurde ihm warm.

„Deine Augen sind perfekt. Ich glaube ich habe noch nie so ein schönes Blau gesehen ...", murmelte Harry.
Louis lief ein wohliger Schauer über den Rücken, als warme Fingerspitzen über seinen Hals und Nacken wanderten. Er schluckte aufgeregt, konnte sich nicht entscheiden, ob er Harry in die Augen oder auf die Lippen sehen sollte. Im hellen sahen die noch viel weicher und einladender aus. Wie sich wohl dessen Körper anfühlte?

„Darf ich?"
Louis nickte benommen. Er wollte nichts lieber als diese Lippen wieder auf seinen zu spüren. Allein, ohne Publikum. Der Waffelgeschmack war fast gänzlich verschwunden, aber süß war der Kuss trotzdem. Sein ganzer Körper kribbelte, als Harry ihn an sich drückte. Mit den Zähnen leicht an seiner Unterlippe zog. Shit, der küsste ihn auch mit Zunge um den Verstand. Unglaublich zart und doch ausreichend dominant, dass Louis ihn gerne den Kuss führen ließ. Er genoss die Finger in seinem Haaransatz. Die Hand auf seiner Taille, die mit der Zeit etwas tiefer rutschte. Den warmen Atem und den heißen Körper, an welchen er sich presste. Oder gepresst wurde. Louis seufzte, als sich Harrys Finger in seine rechte Pobacke gruben. Die knetete.

Wie von allein wanderten seine Hände unter den Pullover des Lockenkopfes. Zupften ein wenig am Saum des T-Shirts, bis es sich lockerte und ihn warme, weiche Haut empfing. Seine Fingerspitzen tasten über feine Härchen, umfuhren den Bauchnabel und entlockten Harry ein erregtes Brummen, als der die Muskeln anspannte.

Er quietsche überrascht, als er im nächsten Moment einfach hochgehoben wurde.
„Festhalten", hauchte Harry gegen seine Lippen.
Wenige Schritte später landete er mit dem Rücken auf der Couch. Ließ sich von dem schwereren Körper in den Stoff drücken.
Gott, Harrys Hüfte fühle sich so verdammt gut an seiner an. Wie selbstverständlich machte der sich zwischen seinen halb angewinkelten Knien Platz.
Louis hatte keine Ahnung wie lange sie auf diese weise rummachten. Aber ihm war viel zu heiß, obwohl er mittlerweile nur noch sein T-Shirt trug. Seine Jeans war ihm mal sowas von zu eng und das nicht erst, seit er Harrys tätowierte Arme gesehen hatte.

„Scheiße Louis! Du machst mich völlig wuschig!"
Harry wischte sich breit grinsend über die leicht geröteten Lippen. Vermutlich sah er selbst auch nicht besser aus.
„Ist das schlimm?"
Er lachte frech und fuhr dem Lockenkopf mit dem Zeigefinger über die bekleidete Brust.
„Ja! Ist es! Ich hab dich ohne Hintergedanken eingeladen um einen Film zu schauen, aber jetzt ..."
„... Hast du schmutzige Hintergedanken?"
Er konnte sich ein spitzbübisches Grinsen nicht verkneifen und wackelte mit den Augenbrauen.

„Wirst du nicht erfahren. Ein Gentleman schweigt!", konterte Harry verschmitzt.
„Du musst es nicht erzählen. Ich kann es sehen und vor allem fühlen!"
Louis drückte sein Becken gegen das des Lockenkopfes. Was er dort spürte machte ihn kribbelig.„Tzzz ... Kein Sex beim ersten Date!"
„Du ziehst das also echt durch?"
Er legte den Kopf schief.
„Beeindruckend. Wie viele Dates müssen wir haben, bevor du mich flachlegst?"

Woher er den plötzlichen Mut hatte, wusste er auch nicht. Vielleicht lag das am Restalkohol. Vielleicht auch, weil er sich bei Harry wirklich wohl und sicher fühlte.
„Weiß nicht. Mindestens Fünf"
„Fünf?!", rief er amüsiert aus und schlug sich gespielt schockiert die Hand vor den Mund, als Harry unschuldig mit den Achseln zuckte.
„Okay. Ein Opfer das ich bereit bin zu bringen."
„Okay? Du würdest mit mir noch fünf weitere Dates haben wollen?"
„Jap. Wenn die alle so genial sind wie das heutige, dann können wir auch noch zehn Dates haben."

Harrys Wangen liefen dunkelrot an.
„Ich würde mich sehr freuen. Wirklich Louis! Mir macht das sehr viel Spaß mit dir und ich möchte dich sehr gerne näher kennenlernen."
Nun waren auch seine Bäckchen rot. Er hatte gerade den zartesten Kuss seines Lebens auf die Wange bekommen. Von dem attraktivsten und charmantesten Mann auf dem Planeten. Der ihn gerade um weitere Dates gebeten hatte.
Louis Herz schlug holprige Saltos.

„Tauschen wir Handynummern? Und dann suchst du uns einen Film aus?"
„Deal!"

🍁🎃🍁🍂🍁🏮🍁🍂🍁🎃🍁🏮🍁🎃🍁

Sankt MartinWo Geschichten leben. Entdecke jetzt