fifteen

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Ich nickte. ''Wurde etwas aufgehalten, tut mir leid...'' Mats öffnete eine Autotür und ließ mich einsteigen. Als ich mich hinsetzte krabbelte auch Erik mit auf die Rückbank, bevor er die Tür hinter sich schloss. Mats verfrachtete sich nur einige Sekunden später auf dem Fahrersitz.

''War dein Konto gesperrt?'', fragte Mats, als er das Auto geschickt aus der Lücke lenkte und sich dem Verkehr einordnete.

''Nein, ich konnte es noch komplett leer räumen, aber lange wird das Geld nicht reichen. Las Vegas ist teuer. Habt ihr vielleicht eine Idee, wo ich arbeiten könnte?'' Ich strich mir die Schuhe von meinen Füßen und verlor absichtlich kein Wort über die Begegnung mit dem Lover meiner Mutter. Obwohl es mich innerlich fast zerriss, wollte ich das erst Mal für mich behalten, denn anders als erwartet war er eigentlich noch ziemlich nett, klang fast schon besorgt, als er meine Wunde auf meinen Lippen gefunden hatte. Vielleicht war er ja doch gar nicht so übel und ich sollte mich nicht direkt so vor ihm verschließen, ihn verurteilen. Vielleicht würde er einen guten Stiefvater abgeben, auch wenn er nur 9 Jahre älter war, als ich.

''Du bist bescheuert, Becca.'' Erik griff nach meiner Hand und grinste mich schief an. ''Wir sind verheiratet, wenn dein Geld irgendwann ausgehen sollte, hast du immer noch mich. Ich werde schon dafür sorgen, dass du nicht verhungerst.''

Ich schüttelte meinen Kopf. ''Du bleibst nicht für immer in Amerika, Erik - das ist Schwachsinn! Ich muss auf meinen eigenen Füßen stehen, alleine mein eigenes Geld verdienen.'' Stille herrschte im Innenraum des Autos, woraufhin ich ihm meine Hand entzog. ''Außerdem müssen wir uns um die Scheidung auch noch kümmern...'', flüsterte ich, dachte schon fast, dass niemand mich hören würde, dennoch herrschte eine bedrückende Stimmung. Sie hatten mich beide gehört.

''Wir verbringen vier Wochen hier, Becca. Solange bleibst du bei uns! Das mit der Scheidung können wir immer noch klären. Du musst dich erst erholen. Erholen vor dem ganzen Stress mit deiner Familie. Du solltest dir jetzt erst Mal keine weiteren Sorgen darum machen, wie es weiter geht, darum kümmere ich mich.''

''Und was ist, wenn du ebenfalls zu den Problemen zählst, die mir mein Leben gerade schwierig gestalten?!'' Meine Stimme war verzweifelt, Tränen standen mir in den Augen. ''Verdammt, Erik, wir kennen uns seit - keine Ahnung - zwei Tagen, sind verheiratet und haben gleichzeitig noch miteinander geschlafen!'' Meine Sicht war verschwommen, dennoch erkannte ich den durchaus verwirrten Blick von Erik. ''Du trägst nicht wirklich dazu bei, dass sich mein Leben wieder normalisiert! Wegen dir kam es doch erst zu dem Ganzen hier!'' Ich schluchze und verdeckte mein Gesicht mit meinen Händen. ''Ich war Jungfrau, Erik...'' Mir war bewusst, dass Mats all meine Wort mitverfolgen konnte, allerdings machte mir das in diesem Moment ziemlich wenig aus. Ich war verzweifelt, steckte doch nur in diesem Schlamassel, weil Erik mich in diesen Club geschleift hatte. Ohne ihn wäre all das doch nicht passiert... Ich hätte das Geheimnis meiner Mutter nie mitbekommen, wäre nie zu meinem Vater gerannt, hätte nie solche körperlichen und seelischen Strapazen erleben müssen. Ohne ihn wäre ich noch Jungfrau, hätte diesen Goldring nicht an meinem Finger. Ohne Erik würde mein Leben immer noch genau so geordnet verlaufen, wie einige Tage zu vor.

Er war doch an all meinen Problemen schuld. Allein er.

***

Die ganze Fahrt über schwiegen wir drei uns an. Erik würdigte mich keines Blickes, während sich Mats auf den Verkehr konzentrierte. Es schien so, als hätten sich beide gegen mich gewand, was ich natürlich auch verschwand. Die beiden waren beste Freunde, wenn ich einen von den beiden so anging, musste ich schon fast damit rechnen, dass Beide nicht mehr gut auf mich zu sprechen waren. Erik und Mats waren gerade in dem Hotel verschwunden, in dem sich die zweite Familie meiner Mutter befand. Ich wollte währenddessen im Auto warten, hatte absolut keine Lust meiner Mutter zu begegnen. Viel lieber saß ich allein in dem dunkeln Auto und bemitleidete mich selbst. Viel mehr tat ich auch nicht. Ich starrte lieber vor mir her, überdachte all das, was passiert war und wartete nur darauf, bis die Müdigkeit Besitz von meinem gesamten Körper übernahm und ich wenigstens im Land der Träume ein wunderschönes Leben führen konnte.

Ich gluckste, als ich auf den Ring starrte. ''Der ist echt schön, wo hast du den so schnell her?'', lallte ich und versuchte Erik anzuschauen, der auf mich noch einen relativ normalen Eindruck machte. Grinsend stand er vor mir, schaute zu mir, bevor sein Blick ebenfalls auf die zwei vergoldeten Ringe fiel.

''Den gab's beim Juwelier ein paar Straßen weiter. Gefällt er dir?'' Erik trat einige Schritte auf mich zu, was ich mit einem seltsamen Kichern kommentierte. ''Er wird bis an dein Lebensende an deiner wunderschönen, zarten Hand stecken.'' Vorsichtig hob er meine Hand zu seinem Mund und verteilte kleine, vorsichtige Küsse auf meinem Handrücken, bevor er sich Mats zu wandte. Der dunkle Lockenkopf versteckte sich hinter seinem Handy und grinste verschmitzt, bevor sein Gesicht wieder zum Vorschein kam. ''Du nimmst alles auf, ja?'' Erik's wundervolle Augen trafen wieder auf meine, was mich zu einem dämlichen Grinsen zwang. ''Ich will, dass wir uns auch in zwanzig Jahren an diese wundervolle Nacht erinnern können!''

Erschrocken riss ich meine Augen auf und klammerte mich an meinem Autositz fest. Was war das? Mein Adrenalinspiegel schien dramatisch angestiegen zu sein, während sich kleine Schweißperlen auf meiner Stirn gebildet hatten. Waren das Erinnerungen aus der Nacht, in der Erik und ich geheiratet hatten? Erinnerungen an diese durchaus verwirrende Hochzeit? Oder waren das nur irgendwelche Wunschvorstellungen, die seltsamerweise in meinem Kopf herum spukten.. Was war los mit mir?

21/10/2015

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