twenty four

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Leicht erschöpft schmiss ich die Tüten auf das Bett und strich mir meine Haare aus der Stirn. Der Tag war durchaus schön, aber dennoch mehr als anstrengend - obwohl ich selbst Schuld hatte. Ich hätte mich nicht so sehr auf die Sprache konzentrieren sollen, denn immer, wenn jemand mit Erik gesprochen hatte, hatte ich schon fast zwanghaft versucht, herauszuhören, was diese Leute von ihm wollten. Meistens einfach nur ein Foto, allerdings gab es auch Leute, die durchaus mehr von ihm verlangt hatten, was Erik immer mit ernstem Gesichtsausdruck verneint hatte. Dann hatte er mich fast schon grob hinter sich her gezogen und in ein neues Geschäft geschoben.

Ich brauchte nicht lange, bis ich meine neuen Sachen in den Schrank einsortiert hatte und auch meine Unterwäsche, die immer noch im Koffer lag, gesellte sich zu den anderen Kleidungsstücken. Erik war unten geblieben, wollte sich um irgendwas kümmern, und hatte mich alleine nach oben gehen lassen. Gott sei Dank.

Schnell stellte ich den Koffer wieder hinter die Tür, bevor ich mich aus dem Zimmer begab, die Treppe nach unten hüpfte und mich auf die Suche nach Erik begab. Durch die Fensterfront konnte ich erkennen, dass sich das Wetter schlagartig verändert hatte. Dicke Regentropfen hingen an der Scheibe, während dunkle, fast schon schwarze Wolken die Sonne daran hinderte, auf die Erde herab zu strahlen. Es sah fast schon gefährlich aus.

Ich zuckte zusammen, als ich hinter mir hörte, wie sich die Haustür öffnete. Blitzschnell drehte ich mich zu der Geräuschquelle um, versuchte die Ruhe zu bewahren, was mir nur halbwegs gelang. Erst als ich in die bekannten Augen des jungen Mannes, der in den letzten Tagen meine einzige Bezugsperson war, erkannte, entspannte sich mein kompletter Körper wieder einigermaßen. ''Ich war nur gerade das Auto reinfahren, draußen sieht's ja nicht ganz so ungefährlich aus.''

Eriks Sicht:

Ein Grinsen bildete sich auf meinem Gesicht, als ich Becca's fast schon beängstigten Blick wahrnehmen konnte. Vorsichtig legte ich meine Arme um sie und drückte sie leicht gegen meinen Körper. ''Du brauchst keine Angst zu haben. Ich weiß ja nicht, was du von Amerika gewöhnt bist, aber hier sind starke Unwetter, Tornados oder ähnliches ziemlich selten.'', flüsterte ich und zeichnete kleine, imaginäre Kreise auf ihrem Rücken. Trotz meinen Worten schien sie sich kaum beruhigen zu können, stand immer noch ziemlich angespannt dort. ''Okay, wir machen's so: Du setzt dich auf das Sofa, suchst einen Film aus und ich kümmer mich um was zu essen. Das wird dich ablenken.'' Ohne zu antworten entfernte sie sich von mir, ließ sich auf die Couch fallen und schnappte sich die Fernbedienung. Wie abgemacht begab ich mich währenddessen in die Küche, suchte nach ein paar Chips und einem Käsedip.

Meine Augen huschten immer wieder in das Wohnzimmer, zum Sofa, auf dem Becca saß. Ihr Blick wanderte vom Fernseher immer mal wieder zu den Fenstern. Auch wenn ihr mein Vorschlag etwas geholfen hatte, schien sie noch immer etwas Angst zu haben. Wieso fürchtete sie sich so unglaublich vor einem Gewitter?

Mit einem Tablett, auf dem eine frische Flasche Cola, zwei Gläser und genug Chips vorhanden waren begab ich mich zu Becca und setzte mich neben sie. Ihre blauen Augen fixierten das Essen, was mich etwas zum Lächeln brachte. ''Welchen Film hast du ausgesucht?''

Jetzt waren ihre glänzenden Augen auf mich gerichtet, während sich ihre Wangen in ein leichtes rosa verwandelten. ''Die Schöne und das Biest.'', antwortete sie ziemlich leise. Mein Lächeln wurde zu einem breiten Grinsen, als sich ihre Zähne mit ihrer Unterlippe verfingen. ''Wir müssen das nicht gucken...'' Sie überreichte mir die Fernbedienung und rutschte etwas näher zu mir. Schneller als ich reagieren konnte, legte sie ihren Kopf auf meine Schulter. ''Du kannst auch was anderes aussuchen, aber bitte auf deutsch.''

''Auf Deutsch?''

Becca schaute mich mit großen Augen an, als ich eine Augenbraue hochzog. ''Ja, ich will wissen, wie viel ich verstehen kann. Etwas Training schadet nie.'', antwortete sie und richtete ihren Blick wieder auf den Fernseher. Gespannt wartete sie darauf, dass ich einen anderen Film aussuchte, allerdings drückte mein Daumen auf starten. Wenn sie sich wünschte, die Schöne und das Biest zu schauen, während sie Angst vor einem Unwetter hatte, dann sollte sich ihr Wunsch auch erfüllen. Außerdem war es schon Ewigkeiten her, seit dem ich einen Disneyfilm gesehen hatte. Etwas Kindheit wieder auftauen zu lassen wäre bestimmt auch mal wieder schön.

Ich sah, wie sich auf ihrem Gesicht ein kleines Lächeln bildete, als die ersten Szenen über den Fernseher flackerten. Sie war so niedlich. Vorsichtig legte ich meinen Arm um sie und zog sie noch näher zu mir, obwohl das schon fast unmöglich zu sein schien. Ihre Nähe tat mir so unglaublich gut. Ich vergaß von einer Sekunde auf die nächste all das, was in den letzten Tagen nicht so gut verlaufen war. Sie war wie Medizin für meine Seele.

Eine ganze Weile saßen wir einfach nur so da, schauten den Zeichentrickfilm, aßen etwas von den Chips oder verbrachten damit, einen kleinen Deutschkurs einzuführen. Das Unwetter schien wie vergessen zu sein, erst, als es draußen gewaltig blitzte und nur eine Sekunde später ein lauter Knall durch das Haus schallte, war es mit der seligen Ruhe vorbei. Becca zuckte einmal kurz zusammen, vergrub ihr Gesicht in meinem T-Shirt, während mein Blick auf den Fernseher gerichtete war, der ab und zu kurz flackerte und letztendlich ganz ausfiel. Ich ahnte, um was es sich handelte, weswegen ich dem verängstigten Mädchen einen Kuss auf ihren Haaransatz gab. Mit einer Hand griff ich nach einer Decke, legte den Stoff um sie und stand dann langsam von meinem Platz auf. Es war Stockdunkel in allen Räumen, nur die immer wieder kommenden, hellen Lichtscheine, dicht gefolgt von fast schon ohrenbetäubenden Lärm, zeigten mir den Weg.

So schnell ich nur konnte griff ich nach einigen Gläsern und Duftkerzen, zündete diese mit Hilfe eines Feuerzeuges an und begab mich dann so schnell wie möglich auf den Weg zurück zu Becca. Die Kerzen spendeten zwar nur wenig Licht, aber zusammen mit den Blitzen schaffte ich es zurück zu ihr zu gelangen, ohne irgendwo dagegen zu rennen.

24/12/2015
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Ich wünsche euch allen von ganzem Herzen ein wunderschönes Weihnachtsfest, genießt den Tag mit euren Familien &' lasst euch schön beschenken. ❤️
Ich hoffe ihr erholt euch gut in den freien Tagen!! 💟😉🙏🏼

Weihnachtliche Grüße
eure Angi 🎄🎅🏼💫

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