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Die Schmerzmittel fingen langsam an zu wirken, als wir in Mats' Auto saßen. Erik neben mir, während Mats am Steuer saß und mir immer wieder besorgte Blicke zuwarf. ''Du kannst nicht mehr in die Wohnung zurück.'' Ich zuckte zusammen, als Erik die Worte aussprach, über die ich mir die ganze Zeit über Gedanken machte. Mir war bewusst, dass ich nicht mehr zu meinem Vater kann, allerdings hatte ich sonst niemanden. Meine Großeltern wohnten mit uns zusammen in dieser Wohnung und Freunde? Na ja, so richtige Freunde, die immer für mich da waren, hatte ich nicht. Alle nur eingebildete und abgehobene Schnösel.

''Ich habe aber keine andere Möglichkeit, Erik.'' Ich musste damit kämpfen, dass diese Worte meinen Mund verließen. Die Schmerzmittel machten mich unglaublich müde.

''Doch die hast du.'' Erik griff nach meiner Hand und drückte sie beruhigend. ''Wir gehen zusammen wieder zurück in die Wohnung, du packst deine Sachen und wir beide werden uns ein anderes Hotel suchen. Ich meine, das hier ist Las Vegas, hier wimmelt es nur so vor Übernachtungsmöglichkeiten.'', lächelte er.

Jede Faser meines Körper spannte sich an, als wir die Straße entlang fuhren, die zu dem Hotel meiner Großeltern führte. ''Wenn es euch nichts ausmacht, würde ich meine Sachen auch gerne packe. Ich bleib bei euch. Und weil ich denke, dass du, Becca, nicht wirklich in einem Hotel sein willst, in dem sich deine Mutter vergnügt, werde ich dort ebenfalls ausziehen.'', meinte Mats. Ich musste schlucken. Obwohl ich die Beiden nicht wirklich lange kannte, hielten sie mir so unglaublich bei. ''Ich würde irgendwann auch ausrasten, wenn ich die kleine Familie sehe. Und glaub mir: Das, was ich tun würde, würde meine Fußballkarriere ziemlich gefährden.'' Er schaffte es, dass sich ein kleines Lächeln auf meinem Gesicht bildete, obwohl er genau vor dem Haus parkten, in dem mir vorhin so unglaubliche körperliche und seelische Schäden zugefügt wurden. Zitternd trat ich zusammen mit Erik und Mats auf die Straße und begab mich zum Eingang. Bevor ich jedoch einen Schritt in das Haus setzen konnte, griff Erik nach meiner Hand und verankerte seine Finger mit meinen.

''Wir sind bei dir.'', flüsterte er, was mein Herz auf irgendeine Art und Weise schneller schlagen ließ. Er schien so unglaublich besorgt um mich zu sein. ''Ich werde nicht zulassen, dass er dir nur ein Haar krümmt, Becca.''

***

Ängstlich betrat ich die Wohnung. Licht brannte fast schon in jedem Raum, weswegen ich darauf achtete, nicht zu laut zu sein. Leise legte ich den Schlüssel auf die Kommode, als ich eine bekannte Statur im Türrahmen meines Zimmers wahrnahm. Panisch wollte ich wieder zurück, aus der Wohnung, in das Auto, das vor der Tür stand, doch Erik und Mats hielten mich davon ab. Erst, als die beiden meinen Vater ebenso sehen konnten, schienen sie meine Panik zu verstehen. Der Blick des Mannes schien sich in der letzten Stunde nicht verändert zu haben. Die wütenden Augen und der gefährlich verzogene Mund war noch genau so, wie zuvor.

Ich atmete tief durch, bevor ich, an ihm vorbei ging, um in mein Zimmer zu gelangen. Ohne ihm einen weiteren Blick zu schenken, griff ich nach einem Koffer und packte alles, was mir wichtig erschien, in ihn. ''Wo willst du hin?''Die Stimme meines Vaters brachte mich dazu, dass ich kurz stoppte. Zuerst wollte ich ihm nicht antworten, einfach weiter machen, doch irgendwie erschien mir das als falsch. Er war immerhin mein Vater... Doch als er mir keinerlei Möglichkeit gab, zu antworten, nahm er mir somit die Entscheidung. ''Wir sperren dir dein Konto.''

''Ich will euer dreckiges Geld nicht.''

''Und wie willst du überleben?'' Ein Lachen hallte durch den Raum, ließ mich zusammen zucken, bevor ich meinen Koffer weiter packte. ''Las Vegas ist teuer, Rebecca. Spätestens nach zwei Wochen stehst du wieder auf der Matte, aber wir werden dich nicht mehr aufnehmen. Das, was du hier getan hattest, war Rufmord. Rufmord gegenüber deiner eigenen Mutter. Du bist widerlich. Dich will ich nicht mehr meine eigene Tochter nennen.''

Ich schüttelte schnaubend meinen Kopf. ''Viel lieber lebe ich auf der Straße, als auch nur eine Sekunde weiterhin hier zu wohnen, Vater.'' Kurz darauf schloss ich meinen Koffer und schaute zu Erik, der meinen Vater weiterhin musterte. Erik war etwas größer, als mein Vater und ihm somit etwas überlegen, was mich in diesem Moment gewaltig beruhigte. Er konnte sich verteidigen. Mein Blick fiel wieder auf meinen Vater. Erst jetzt fiel mir auf, dass ein ziemlich schlimm aussehender blauer Fleck sein Auge verschönerte. Geschah ihm Recht. Bevor ich aus meinem Zimmer trat, verschwand ich noch in mein Badezimmer und packte all das, was ich an Hygieneprodukte noch vorfand, in eine kleine Tasche. Kurz darauf trat ich wieder in mein Zimmer und verfrachtete den wirklich schweren Koffer und die Tasche in unser Wohnzimmer. ''Also dann, auf nimmer Wiedersehn.'' Erik griff fast schon selbstverständlich nach meinem Koffer, als ich meinen Vater das letzte Mal anschaute. Er schien mich nicht aufhalten zu wollen, was mich schwer Schlucken ließ. Ich war ihm egal...

''Ach und wissen Sie, Mister Miller: Sie können mit einer Anzeige rechnen.'' Mit großen Augen beobachtete ich, wie Mats kurz darauf die Tür schloss. ''Zumindest, wenn du bereit dafür sein solltest, Becca.'' Er lächelte mich aufmunternd an, was mich ebenfalls zum Lächeln brachte. ''Verdient hat es der Affe auf alle Fälle.''

Ich nickte. Er hatte Recht. Verdient hatte es mein Vater, aber es würde wohl noch etwas dauern, bis ich mich dazu durchringen konnte, ihn anzuzeigen. ''Uhm... Leute? Würde es euch was ausmachen, wenn ich mein Geld abheben gehe? Mein Vater meinte das mit der Kontosperrung ernst und ohne Geld kommt man hier nicht weit. Aber ihr könnt euch schon Mal um Erik's Zimmer kümmern, ich komme dann in zehn Minuten nach.''

07/10/2015

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