Kapitel 5

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Ich würde noch einmal nach ihr sehen. Es war ein kleiner Raum, so etwas wie ein Krankenzimmer in der Schule. Er bestand aus einem größeren Schrank rechts neben der Tür mit medizinischen Gegenständen. Links von der Tür gab es noch ein Waschbecken und an der Wand stand eine Liege, auf der Amy lag. Sie sah mit offenen Augen an die Decke, den Arzt sah ich nirgends. Langsam trat ich näher. "Hi..." sagte ich leise und sah zu ihrem Fuß, um den ein Verband gewickelt war. Überrascht sah sie mich an. Vermutlich hatte sie nicht damit gerechnet, das ich vorbei schauen würde. Ich war selbst von mir überrascht, das ich da war."Was hat der Arzt gesagt? " fragte ich und setzte mich auf einen Stuhl neben der Liege. Jetzt erst fiel mir auf, das sie trockene Klamotten an hatte. Ich nicht, aber mir war nicht mehr so kalt in dem warmen Raum.
"Ich hatte ne leichte Gehirnerschütterung, aber ansonsten ist die kleine Wunde an meinem Kopf nicht schlimm. Mein Fuß ist anscheinend verknackst und geschwollen, aber mit der Salbe müsste ich auf jeden Fall morgen Abend wieder richtig laufen können."
"Ah...gut..." sagte ich wenig einfallsreich. Aber was sollte ich auch sagen? Ich war schon erleichtert, das es nicht so schlimm war.
Verlegen sah sie weg. "Und danke noch mal, das du als einziger zurück bist und mich dann die ganze Zeit getragen hast."
"Ich bin ja kein Unmensch, auch wenn du das die ganze Zeit dachtest."
"Hab ich gar nicht!" verteidigte sie sich sofort, aber ich wusste, das sie davor nicht sehr viel von mir hielt. Gut, es sah auch wahrscheinlich für sie auch immer so aus als wäre ich ein Eisklotz, wenn ich meine Sprüche in der Schule los ließ oder mit den Tussen knutschte.
"Ich hab Hunger. Haben die uns noch was übrig gelassen?"
"Ja, wir bekommen noch was, warte kurz." Sagte ich und verschwand dann durch die Tür.
Herr Reger drückte mir 2 Tablette mit Essen in die Hand, dann ging ich wieder in das Krankenzimmer. "Hier." Sagte ich und gab ihr das eine Tablett. Sofort fing sie an zu essen und musterte mich dabei, als ich mich wieder auf den Stuhl fallen ließ und ebenfalls in ein Stück Brot biss.
"Du musst nicht hier bleiben." Sagte sie und ich meinte einfach: "Ich weiß."

Amys POV
Es war schon sehr lieb von Jason bei mir zu bleiben, aber warum er das tat, wusste ich nicht. Nachdem wir beide fertig gegessen hatten, stand Jason auf um das Geschirr zurück zu bringen, während der Arzt noch einmal kam und mein Fuß begutachtete. Er gab mir für heute Abend Krücken, morgen sollte ich sie eigentlich nicht mehr brauchen.
Ich stand gerade auf, als Jason und Herr Reger in den Raum kam. "Amy ist es für sich auch ok heute Nacht ein Zimmer mit Jason zu teilen? Wir haben die anderen Zimmer schon aufgeteilt während ihr weg wart. Ist es in Ordnung? Jason hat sich ja gut um dich gekümmert, ich denke du bist bei ihm gut aufgehoben. "
"Ja ist gut..." sagte ich nur leise. Ich war nicht unbedingt scharf darauf mit dem Macho der Schule in einem Raum zu schlafen, aber solange er mich nicht an fasste, ging es. Das glaubte ich aber bei Jason mittlerweile eigentlich nicht mehr, der erste Eindruck hatte mich bei ihm getäuscht. Wenn er wollt konnte er auch anders, als das blöde Arschloch sein.

Geschockt blieb ich erst mal in unserem Zimmer stehen, als ich das Doppelbett sah. Na toll, davon hatte Herr Reger nichts gesagt...
Jason grinste mich nur anzüglich an und ich hoffte einfach, das er seine Griffel bei sich behielt.
"Ouuu, andere wären jetzt ganz schön neidisch auf dich..." grinste Jason und ging zum Bett. "Vermutlich, aber ich bin nicht wie die anderen." Sagte ich trotzig und ging ins Bad. "Ja, das habe ich inzwischen auch schon bemerkt.." hörte ich ihn noch sagen, dann hatte ich hinter mir die Tür abgeschlossen. Ob er das jetzt im positiven oder negativen Sinn meinte, wusste ich nicht. Vermutlich im Negativen...alle fanden mich schließlich merkwürdig.

Zum Glück hatte ich langärmlige Schlafklamotten mit genommen, sodass jetzt alle Flecken verdreckt waren.
Nervös trat ich aus dem Bad und ging zum Bett. Jason hatte seine Hose ebenfalls in eine Jogging Hose aus getauscht und oben rum trug er gar nichts. Na toll, musste er so viel Haut zeigen!? Ich erhaschte einen kurzen Blick auf seinen Oberkörper und sah dann schnell weg. Dieser kurze Moment hatte völlig gereicht um zu sehen, das er ein deutliches Sixpack hatte und allgemein sein Oberkörper sehr durchtrainiert war. Er sah von seinem Handy(das wir wieder bekommen hatten) auf, als ich mich vorsichtig ins Bett neben ihn legte. Immerhin gab es viele Kissen in dem Doppelbett und so legte ich sie in eine Reihe zwischen uns, sodass eine Grenze entstand. Mit hochgezogenen Augenbrauen beobachtete er mich und ich schärfte ihm mit böse funkelnden Augen ein: "Komm mir nicht näher, hast du das verstanden? Bleib ja auf deiner Seite!"
"Ai ai chef." Sagte er grinsend. Er nahm es nicht ernst!
"Das ist mein Ernst!" Fauchte ich und er hob beschwichtigend die Hände, als er sah, wie ernst ich es meinte. "Schon gut, schon gut, habs kapiert...!"
Mit mir konnte er ganz sicher nicht solche Spielchen treiben wir mit den anderen Zicken meiner Klasse.
Demonstrativ machte ich das Licht aus und drehte mich von ihm weg. Ich betete einfach, das er auf seiner Hälfte blieb, ich hoffte, ich hatte es ihm genug eingeschärft.

Kurz danach schaltete er sein Handy aus und legte sich ebenfalls schlafen. Mit dem Kopf zur Wand starrte ich vor mich hin. Das war ja mal heute ein Tag... und jetzt schlief Jason auch noch neben mir...! Andere hätten dafür wirklich alles getan, aber ich konnte nicht von Glück sprechen, mir war es mehr als unangenehm so 'nah' neben ihm im Bett zu schlafen. Aber nicht nur deswegen konnte ich nicht einschlafen. Die tägliche Angst vor Schlägen in der Nacht saß so tief in mir drinnen, obwohl mein Vater nicht da war. Aber ich traute mich trotzdem nicht die Augen zu schließen, ich hatte Angst vor meinen Träumen.

Nachdem etwa eine halbe Stunde vergangen sein musste, spürte ich, wie sich das Bett bewegte und Jason sich über mich beugte. Überrascht sah er mich an, als er meine offenen Augen sah.
"Du schläfst noch nicht? Bist du nicht müde? " fragte er verwundert.
"Doch...schon, aber ich liege immer so lange wach..." sagte ich leise und sah stur gerade aus an die Wand. Ich wollte jetzt nicht in seine schönen braunen Augen sehen, er sollte mich einfach in Ruhe lassen. Außerdem hatte er jetzt schon meine Regel gebrochen und sich über meine Seite gebeugt.
Ich entspannte mich sichtlich, als er sich wieder auf seine Hälfte legte. Ich spürte zwar noch deutlich seinen Blick in meinem Rücken, aber ich schloss meine Augen und schlief dann nach einer Weile vor Erschöpfung doch ein.

"Was ist denn das?" hörte ich Jasons Stimme mich am nächsten Morgen wecken. Über die Nacht war er Gott sei Dank mir nicht zu nahe gekommen und blieb auf seiner Seite des Bettes.
Jetzt sah ich ihn verwirrt an und bemerkte dann, auf was er deutete. Erschrocken sog ich die Luft ein. Er hatte sein Gesicht nah zu meinem Arm gebeugt, auf dem mehrere fette, blau-grün, gelbliche Flecken zu sehen waren. Mist! Mein Ärmel musste wohl über Nacht hoch gerutscht sein...
"Was hast du da gemacht? Sieht schmerzhaft aus." Er beäugte die Verletzungen misstrauisch und schnell suchte ich nach Worten für eine Ausrede.

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