Kapitel 9

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Wie gerne würde ich jetzt in einem Bus sitzen...
Vorhin hatte mein Vater mir mit seinem Knie mit voller Wucht in den Magen gehauen. Jeder Schritt strengte mich an, denn es tat höllisch weh.
Die Schmerzen ließen nach einer Weile etwas nach und nachdem ich mir noch einmal den Bauch gehalten hatte, schlürfte ich in meine Klasse. Ich wäre heute lieber zu Hause geblieben,denn wir hatten Nachmittagsschule, aber ich hatte ja niemanden der meine Entschuldigung unterschrieb.

Stumm wie immer saß ich im Unterricht und versuchte die Schmerzen zu ignorieren.
Am Ende der ersten Pause schloss ich gerade mein Schließfach auf, um meine Chemie Hefte heraus zu holen, als Jason lässig auf mich zu schlenderte. Seine Hände steckten in seiner Hosentasche.

"Hi Amy! Soll ich dir beim Tragen helfen?"
"Hi...ähm..." Misstrauisch sah ich ihn an. Warum war er gerade so nett? Führte er etwas im Schilde..? "...Okey."

Ich gab ihm ein paar Hefte, den Rest steckte ich in meine abgewetzte Schultasche. Während wir zum Klassenzimmer liefen, begutachtete er meine Tasche und die Hefte.
"Passt da überhaupt alles rein? Vielleicht solltest du dir lieber eine n-ach stimmt ja, du hast ja kein Geld..."
Sagte er und ich sah ihn geschockt an.

Hatte er gerade behauptet, ich wäre arm??? Na, da sieht mans...in der einen Sekunde der gut aussehende, nette, freundliche Junge und in der nächsten schon wieder ein überheblichen-ich bin viel besser als du-Macho. Allerdings hatten sich vor Schreck seine Augen geweitet als dieser Schlaumann blickte, was er da überhaupt gesagt hatte.

"Gib mir meine Hefte." Zischte ich und riss sie ihm aus der Hand. Der konnte mich mal! Da kamen wohl mal seine wahren Gedanken heraus...keiner mochte mich in Echt. Vielleicht war ja auch alles nur ein Spiel, das er mit seinen Freunden gespielt hatte-'Mal sehen ob du es schaffst das Amy dich mag und dir vertraut.'

"Amy..! Oh Gott, sorry! Es tut mir leid! Das ist mir nur so rausgerutscht...! Hey, warte!" Rief er und raufte sich die Haare, aber ich ging an ihm vorbei in unsere Klasse. Er lief mir nach und stellte sich vor mich. "Entschuldigung! Ich habs nicht so gemeint..."
"Jaja, das kannst du dir sonst wo hinstecken, Arschloch!" Sagte ich wütend mit zusammen gebissenen Zähnen.

Bei dem letzten Wort zuckte er zusammen. Ich rempelte ihn an der Schulter an und setzte mich auf meinen Platz. Die ganzen Blicke, von unseren Klassenkameraden, ignorierte ich einfach. Er sah mich mit einen Blick an, der Reue zeigte, dann setzte er sich ebenfalls, als die Lehrerin kam. Ich schnaubte nur anfällig. Solche Leute konnten sich einfach nicht ändern.

Der einzige Vorteil von unserem 'Gespräch' war, das ich meine Schmerzen im Bauch vergessen hatte. Jetzt, nachdem die Aufregung vorbei war, spürte ich ein unangenehmes Kribbeln in der Bauchgegend und meine Hände schwitzen. Er musste mich wohl schlimm erwischt haben....

In der 2. Pause lag ich ausgestreckt auf meiner Stammbank und atmete tief ein und aus. Mir ging es eher schlechter als vorher, mir war leicht schwummrig. Ich hatte schon öfters schlimmere Schmerzen, wenn mein Vater mal hart zu geschlagen hat, aber meistens sind die dann plötzlich weg gewesen, nachdem ich mich hingelegt und etwas geschlafen hatte. Jetzt musste ich einfach noch die letzten 2 Stunden durchhalten...

Zu allem Überfluss kam Jason in der Pause zu mir und entschuldigte sich noch tausend mal. Er meinte, es sei ihm nur raus gerutscht, aber in echt dachte er bestimmt genau das-das ich arm bin. Es hatte mich schon sehr verletzt. Eigentlich hätte mir es egal sein können, was er über mich dachte, aber so war es nicht. Ich dachte wir würden uns nach dem Freibad besser verstehen und dann kommt er mit sowas und beleidigt mich...
Als der Gong das Ende der Pause ankündigte sah ich ihn noch einmal verächtlich an und ging dann.

Es war zwar die letzte Stunde des Freitags, trotzdem fühlte ich mich immer schlechter. Ich musste mich unbedingt hin legen, mir war schon schwindelig und in der letzten Stunde kam auch noch so ein Übelkeitsgefühl hinzu. Unruhig rutschte ich auf meinem Stuhl herum und zählte die Sekunden. Aber die Stunde hatte leider noch 30 Minuten und mir ging es wirklich schlecht.

Ich hasste Aufmerksamkeit, aber jetzt drehten sich alle verwundert zu mir um, als ich meine Hand hob. Ich streckte eigentlich nie.

Jasons POV
"Darf ich bitte kurz raus? Mir ist nicht so gut..."
Bei Amys Stimme drehte ich mich überrascht zu ihr um, genauso wie alle anderen. Ihre Stimme klang zittrig. Unsere Lehrerin nickte und langsam schlürfte sie zur Tür. Sie sah gar nicht gut aus. Ihr Gesicht war total blass und sie hob sich mit dem Arm den Bauch.

Das Getuschel der Schüler setzte wieder ein, als sie weg war und wir weiter Matheunterricht machten. Ich wartete noch einen kurzen Moment und schrie dann nach vorne, ob ich mal kurz auf die Toilette durfte. Wiederwillig lies sie mich gehen und schnell huschte ich aus der Tür.

Ich beschleunigte meine Schritte und sah sie dann auf dem Pausenhof an der Schulgebäuden Wand lehnen. Sie stand leicht gebückt da und hielt sich noch immer den Bauch. Schnell eilte ich zu ihr. "Amy...? Was hast du? Tut dein Bauch weh?" Ich erschrak mich selbst über die Sanftheit in meiner Stimme. Aber sie sah mich nicht an und starrte nur mit einem schmerzenden Gesichtsausdruck auf den Boden.

"Hör mal, es tut mir noch einmal wegen vorher aufrichtig leid. Verzeih mir bitte..." Warum war es mir eigentlich so wichtig, das sie ein gutes Bild von mir hatte? Tja, ich mochte sie einfach, ihre Meinung war mir wichtig. Bei dem Wort 'Arschloch' war ich schon verletzt, so bin ich eigentlich gar nicht, das müsste sie wissen...und wie sie mich angesehen hatte....total angewidert.....
Aber jetzt winkte sie nur kurz ab. "schon ok..."

Überrascht und erleichtert sah ich sie an. Wahrscheinlich war ihr Ärger durch die Schmerzen verraucht. Was auch nicht gerade besser war.
"Was ist passiert? " fragte ich und sah in ihr bleiches Gesicht. Trotzdem sah sie immer noch wunderschön aus...
"Das kam einfach so...." murmelte sie.
Ich streckte eine Hand nach ihr aus und strich dann zärtlich eine blonde Strähne aus ihrem Gesicht. Sie sah auf, mitten in meine Augen und lächelte dann leicht. Wow ....ihre Augen waren so wunderschön blau....Ich erwiderte es, dann wich dem Lächeln schlagartig Besorgnis.

"Du siehst gar nicht gut aus...."
Plötzlich drehte sie sich ruckartig weg und übergab sich. Schnell stand ich hinter ihr und hielt ihr die Haare aus dem Gesicht. Als sie fertig war, reichte ich ihr ein Tempo, mit dem sie sich den Mund abwischte. "Danke..." sagte sie mit erstickter Stimme.
Als sie sich wieder zu mir umdrehte, sah ich, wie eine einzelne Träne über ihre Wange floss. Sie zuckte kurz zusammen als ich ihre eine Gesichtshälfte mit der Hand umfasste und mit dem Daumen die Träne wegstrich.

Sie entspannte sich wieder und ich begutachtete lächelnd ihre hübschen Gesichtszüge. Sie hatte so weiche Haut...oh mann, was dachte ich hier überhaupt??? STOP! Jason, hör sofort auf damit... ermahnte ich mich. Außerdem, wie egoistisch von mir hier sie fasziniert zu beobachten, während ihr schlecht war.
Kurzerhand umfasste ich ihre Hand und zog sie zu der nächsten Bank. "Warte hier. Ich bin gleich wieder da."

Amys POV
Nach etwa 2 Minuten kam Jason wieder. Mein Zeitgefühl war schlecht, es hätte auch länger oder kürzer sein können. Eigentlich dachte ich fast schon, das er gar nicht mehr kommen würde...

"Ich habe alles geregelt." Er zog mich an der Hand hoch. Unsicher und wackelig stand ich auf meinen Füßen, während aber durch meine Hand eine unglaubliche Wärme floss. Ich drückte Jasons Hand noch fester, er war gerade einfach so süß und fürsorglich....diese Seite hätte ich ebenfalls nicht so bei ihm erwartet....
"Komm. Ich fahr dich jetzt heim."
Ruckartig lies ich seine Hand los.

"WAS? Nein!!!" Ich wollte jetzt auf gar keinen Fall zurück. Mein Vater konnte mich am Arsch lecken und selbst sich aufregen, das ich nicht Zuahuse war. Vorausgesetzt er bemerkte meine Abwesenheit überhaupt. Ich wollte jetzt einfach nicht zu ihm. Wer weiß, vielleicht oder sogar höchst wahrscheinlich kassierte ich dann noch mehr Schläge. Das hielt ich verbal und körperlich im Moment nicht mehr aus.

Als ich Jasons verwirrten Blick sah, sagte ich schnell: "Nein...ähm...kann ich....vielleicht mit zu dir...?"
Er grinste von einem Ohr zum Anderen und sagte: "Klar."

Ich verdrehte die Augen und boxte ihm leicht in die Schulter. Ich brachte sogar ein kleines Lächeln zu stande...
"Du weißt wie ich das meine...ich bin nicht dein Betthäschen..." stellte ich es trotzdem noch einmal leise klar."
"Ich weiß und jetzt komm." Er lächelte mich total süß an und automatisch schlug mein Herz wild in meiner Brust. Ich konnte dagegen gar nichts tun...

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