Die nächsten Tage rang ich mit mir, wie, wo und ob ich mich ihm anvertrauen sollte.
In der Schule hatte Jason mich kein einziges Mal beachtet, was mir ein Stich versetzte. Er war sauer und das verstand ich auch.Nach 3 Tagen dieser ignorier Phase hielt ich es nicht mehr aus. Ich musste es ihm sagen. Auch wenn er wahrscheinlich total geschockt reagieren oder ausrasten würde. Vielleicht machte er sich dann auch einfach aus dem Staub und wollte sowieso nichts mehr mit mir zu tun haben. Ich machte mir viel zu viel Gedanken, aber ich hatte Angst, das er mich dann einfach dort sitzen lassen würde oder vielleicht würde ich vor Aufregung kein Wort heraus bekommen... Ich hatte noch nie mit jemandem über mein Vater gesprochen. Aber ich war jetzt bereit. Ich musste es ihm sagen.
Ein paar Tage später traute ich mich dann endlich ihm eine Nachricht zu schicken:
Jason, können wir uns bitte treffen? Es ist wichtig!Als er die Nachricht gelesen, aber nicht geantwortet hatte, schrieb ich ihm nochmal.
Jason, BITTE!Erleichtert atmete ich auf, als er mir dann doch zurück schickte, das wir uns in einer halben Stunde im Stadtpark treffen würden.
Total nervös und hibbelig kam ich pünktlich dort an und setzte mich auf eine abgelegene Bank. Ich hatte das Gefühl, meine Kehle sei zu geschnürt und ich bekam kaum Luft, so eine riesige Last lag auf mir. Ich schluckte schwer als ich ihn auf mich zu kommen sah. Jetzt war der Moment gekommen....was würde er danach tun? Ich hatte so schreckliche Angst, meine Hände waren schon ganz feucht und schwitzig.
"Hey..." brachte ich leise heraus. Er sah mich kurz mit einer undefinierbaren Mine an, sagte genauso leise: "Hi..." und setzte sich dann neben mich.
Ich wusste nicht, wo ich anfangen sollte und atmete hektisch. Mir war auf einmal ganz übel und schwummrig. Ich musste das jetzt los werden...Mit zittriger Stimme fing ich an: "Ich muss dir was erzählen....woher meine Berührungsängste kommen, ich zu allen so verschlossen bin...und...und das mit den blauen Flecken. Du musst wissen, ich habe das bis jetzt noch niemandem je erzählt. Ich habe schreckliche Angst vor der Reaktion von dir und meinem Vater, für mich ist das nicht leicht zu erzählen. Also es hat nichts mit dir zu tun Jason, ich vertraue dir so arg wie niemandem anderen..."
Ich holte tief Luft und versuchte die Panik zu unterdrücken. Ich musste das jetzt durchziehen! Ich konnte nicht immer weg laufen...
Jason hatte bis jetzt noch nichts gesagt und sah mich einfach stumm an, das ich weiter reden sollte."Die-" Ich räusperte mich. "Die Berührungsängste, die Zurückgezogenheit und die Blutergüsse sind wegen meinem Vater. Vor 4 Jahren starb meine Mum, wie du weißt. Und ohne sie machte mein Vater alles mit mir, was er wollte. Früher war er schon genauso, aber da hielt meine Mum ihn immer zurück. Täglich ist mein Dad betrunken und bekifft. Er hat keine Arbeit und kümmert sich null um mich. Du weißt ja, wie es in unserer Wohnung aus sieht....
Er benutzt mich als seine Dienerin und ich muss alles tun, was er sagt...sonst....sonst schlägt er mich zusammen...."
Gegen Ende hin hatte ich das Gefühl, mir blieb die Luft weg. Jason sah mich unterdessen entgeistert an. Ich holte tief Luft und meine Worte kamen etwas leichter über die Lippen.
"Jedenfalls....das geht schon 4 Jahre so...Manchmal schlägt er mich mit einem Besen oder rammt mir ein Knie in den Magen, nur weils ihm nicht schnell genug ging. Oder er haut mich einfach so, weil er gerade Lust und Laune dazu hat."
Jason zog scharf die Luft ein und ich versuchte mich zu konzentrieren und weiter zu sprechen.
"Daher kommen die ganzen Flecken. Immer wenn alte Verletzungen geheilt sind, kommen Neue hinzu. Er schlägt mich fast täglich, aber ich traue mich nicht etwas zu tun. Ich habe solche Angst vor ihm..." Den letzten Satz schluchzte ich, länger hielt ich es einfach nicht mehr aus. Es war verdammt schwer, darüber zu sprechen.
"Jason sah mich besorgt an und nahm mich dann sofort in seine Arme. Automatisch schlang ich meine Arme um seinen Rücken und schluchzte in seine Brust. Er strich mir beruhigend über den Kopf. "Schsch, ist schon gut..."
Während ich weiter weinte, merkte ich wie er sich verkrampfte und er leise sagte: "DESWEGEN ging es dir an dem Tag in der Schule so schlecht, wo du gespuckt hast....dieser Mistkerl hatte dir in den Magen gehauen!"
"Warte...das war noch nicht alles.." hickste ich, als ich mich wieder etwas gefangen hatte. Er ließ mich los, saß aber nah neben mir und sah mir tief in die Augen.
"Ich trage seit 4 Jahren fast keine kurzen Klamotten mehr. Weil ich die blauen Flecken immer verdecken muss. Mein ganzer Körper ist davon voll. Deswegen habe ich auch Berührungsängste. Bei dir geht es noch besser als bei anderen, weil ich dir vertraue. Aber diese regelmäßigen Schläge haben mich abgestumpft und lassen mich jetzt immer auch nur bei normalen Berührungen zusammen zucken. Außerdem war ich früher nicht so. Als meine Mum starb war ich mit meinem brutalen Vater allein, ich hatte niemanden. Da habe ich mich immer mehr und mehr zurück gezogen. Bis ich das verängstigte, schüchterne Mädchen war, das alle kennen."
"Du bist nicht schwach. Du bist das stärkste Mädchen das ich kenne..." flüsterte er geschockt und strich mir eine Strähne aus dem Gesicht. Ich versuchte zu Lächeln, aber es misslang kläglich.
"Ich hasste es einfach wenn die Leute über meine Klamotten lästerten und ich war auch deswegen total verletzt, als ich dich belauscht hatte, was du über mich zu Ryan und Dustin gesagt hattest. Ich hab mich all die Jahre zurück gezogen, ich hatte einfach niemanden, dem ich wichtig sein konnte. Du bist der erste, dem ich mir anvertraut habe." Schloss ich ab und erst jetzt bemerkte ich, wie weitere Tränen langsam über mein Gesicht liefen.
Jason sah immer noch fassungslos und extrem geschockt aus und nahm mich wieder in die Arme. "Amy, es tut mir so leid, was ich alles getan habe. Ich wusste ja nicht, wie schwer du es Zuhause hast....wie hieltst du das nur so lange aus ? Ich wäre schon längst zusammen gebrochen..."
Sein liebevoller, mitfühlender Gesichtsausdruck verhärtete sich von der einen Sekunde auf die Andere. "Dieses Schwein! Wie kann er dich überhaupt schlagen!? Ein Mädchen und dazu auch noch seine Tochter! Dieser Arsch! Statt sich um dich zu kümmern, prügelt er dich grün und blau! Der kann was von mir erleben!"
Jason hatte plötzlich den totalen Wutausbruch und sprang von der Bank auf. Sein Gesicht war wut verzerrt und schnell griff ich nach seiner Hand, die er zu einer Faust geballt hatte. Er drückte sie so sehr zusammen, das die Knöchel schon weiß hervor stachen. Seine Augen waren schwarz vor Wut und Fassungslosigkeit.
"Ist okey..." flüsterte ich sanft und versuchte ihn zu beruhigen.
"NICHTS IST OKEY! Was ist das für ein Mensch? Der hat sie nicht mehr alle dich so zu verletzten! Am liebsten würde ich ihn in Stücke reisen!" Knurrte er und atmete schnell. Ich zog ihn wieder auf die Bank zurück und legte eine Hand an seine Wange. Sofort beruhigte er sich und sah mir tief in die Augen.
"Warum hast du nie jemandem davon erzählt? Er gehört in den Knast! "
"Ich weiß....aber er hat mir gedroht, das er mir solche Schmerzen bereiten wird, die ich nicht für möglich hielt, wenn ich jemandem davon erzähle...ich war einfach schon so verschreckt und hatte Angst....er machte immer wahr, was er sagte..."
Jason raufte sich die Haare" Ohgott, ohgot..." sagte er leise vor sich hin, dann lag sein Blick wieder auf mir.
"Hat er-...hat er dich..-"
Ich schüttelte schnell den Kopf. "Noch nicht. Aber ich habe solche Angst Jason. Ich halte das nicht länger aus..." heulte ich und dann strömten wieder die Tränen über mein Gesicht.
"Du bist nicht alleine. Mich bekommst du nicht mehr los. Ich beschütze dich. Er wird dir nichts mehr an tun, das verspreche ich." Sagte er völlig ernst und strich sanft über meinen Rücken.
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You are mine
RomanceAmy, das zierliche, schüchterne und unscheinbare Mädchen. Sie verkriecht sich immer in die hinterste Ecke und redet nie. Amy hat keine Freunde, hat ein Geheimnis, aber sie traut sich nicht etwas zu sagen. Ihr verrückter Vater schlägt sie täglich, ih...