Die Hauptversammlung

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Zögernd folgte ich Svensson und Instadt in einen weiteren runden Saal, der aber nur halb so gross und viel weniger belebt war als der erste. In der Saalmitte stand ein dunkler, runder Tisch, um welchen verschiedene Ungeeignete sassen und entweder mit ihren Tischnachbarn sprachen oder ihre Nachrichten in den Mobilgeräten kontrollierten.

Svensson liess mich am Eingang stehen und steuerte zielstrebig einen grossen Stuhl an, der sich mir gegenüber befand. Mit einem zufriedenen Lächeln liess er sich darauf fallen und begann, mit einer blonden Frau zu sprechen. Gleichzeitig drückten sein Finger geübt einige Knöpfe, woraufhin sich das Licht im Saal verdunkelte und ein Hologramm in der Mitte des Tisches erschien. Langsam verstummten die angeregten Gespräche und die Aufmerksamkeit der Anwesenden verlegte sich auf das Hologramm.

Ich verlagerte unbehaglich mein Gewicht auf das linke Bein und musterte die verschiedenen Menschen, die im Licht des Hologramms blau schimmerten. Da es ja die ältesten Ungeeigneten waren, die im Untergrund lebten, hätte man denken können, man würde es ihnen ansehen, so wie man es Svensson ansah. Aber niemand sah älter aus als fünfzig. Einige hatten graumelierte Haare, aber dafür keine Falten, wieder andere genau umgekehrt.

Ich erblickte Quina, die in der Nähe von Svensson sass und leise das Gespräch mit einem rothaarigen Mann beendete, dessen Blick immer wieder in meine Richtung schweifte. Einige Stühle von ihnen entfernt beobachtete ein dunkelhäutiger Mann mit genervtem Gesicht zwei junge Männer, die anscheinend auf den Mobilgeräten in einem Game gegeneinander antraten und vom erschienenen Hologramm nichts bemerkt hatten.

„Ich schlage dich! Ich habe letztes Mal schon gewonnen", prahlte der Schwarzhaarige und verzog sein Gesicht zu einem hämischen Grinsen, wobei seine schiefe Nase noch schiefer zu werden schien.

Der Blonde prustete empört und zuckte nach links. „Du hast geschummelt. Klar gewinnst du, wenn du nicht fair spielst!"

Der Schiefnasige hob seinen Blick von seinem Mobilgerät, um seinem Gegenüber einen bösen Blick zu zuwerfen. Anscheinend hatten die beiden diese Diskussion schon häufig geführt. „Ich schummle nicht, du kannst nur nicht verlieren!"

„Ich-", begann der andere, doch verstummte, als er merkte, dass die Blicke der ganzen Versammlung auf ihm ruhten. „Froy."

„Ich gewinne. Lenk mich nicht ab." Der Schwarzhaarige stellte auf taub und schien nicht zu bemerken, dass sich die anderen Unterhaltungen eingestellt hatten.

„Froy." Die Stimme des Blonden klang nun bittender und ich verkniff mir ein Lachen, da die Situation einfach komisch war.

„Lass mich, Hiro." Froy klang nun genervt und schaute erneut seinen Freund an. „Ich... Oh."

„Vielen Dank, Mr Bellis." Svensson klang nicht verärgert, sondern nur sehr belustigt. „Haben Sie wenigstens gewonnen?"

„Ich...ich", stotterte Froy und versteckte sein Mobilgerät unter der Tischplatte. „Ich...tut mir leid."

Svensson schien keine Entschuldigung hören zu wollen, denn er wandte seinen Blick vom verlegenen Froy ab und liess ich zu mir gleiten.

Ich war dankbar, dass Instadt immer noch neben mir stand, auch wenn sie mir nicht besonders sympathisch war. Wenigstens befand ich mich nicht ganz alleine vor den prüfenden Augen der Hauptversammlung.

Froh über die Taschen meiner Hosen, versenkte ich meine zitternden Hände darin und begann, an der Innenseite meiner Wange zu kauen, während ich versuchte, den Raum nicht aus den Augen zu lassen.

„Liebe Versammlung." Svensson hatte sich erhoben und zog somit alle Blicke wieder auf sich. „Vor zwei Tagen konnten wir Nummer 188 Strich 01 Strich 2324 aus der Sezierbarracke von Lebensblüte retten. Nun ist sie genesen und braucht einen Namen, um sich unserer Gemeinschaft anschliessen zu können. Sie braucht einen Namen, um zu trainieren, damit sie in einem Jahr ihren späteren Platz zugeteilt bekommt."

UngeeignetWo Geschichten leben. Entdecke jetzt