Gesellschaftlich gestutzt

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Eine unangenehme Stille breitete sich im Raum aus, so leise, dass man eine Nadel auf den Boden fallen hätte hören können. Die beiden Augenpaare von Fills und Svensson ruhten neugierig auf mir, während ich mir meine Nervosität nicht anmerken lassen wollte und deshalb meine zitternde rechte Hand mit der anderen in meiner Schoss verschränkte. Obwohl ich mich nicht ganz wohl in meiner Haut fühlte, wich ich den stechenden Blicken nicht aus, sondern entgegnete sie, so gut ich konnte.

„Dann wollen wir mal die Resultate anschauen", ergriff schliesslich der Ältere das Wort und schenkte mir einen verheissungsvollen Blick. „So schlimm wird es sicherlich nicht sein, nicht wahr, Sascha?"

Der Rothaarige sagte nichts dazu und setzte sich an seinen Platz hinter dem überfüllten Tisch. Langsam, beinahe ängstlich, zog er die Maschine hervor und stellte sie auf die Tischplatte. Er drückte auf einen roten Knopf an der Seite und ein leises Zischen erklang, worauf sich der Deckel der Maschine leicht öffnete und Fills den Behälter mit meinem Blut herauszog. Doch statt sich wie erwartet diesem zu widmen, legte er ihn achtlos beiseite und zog ein Stück Papier aus einem Schlitz an der Seite, welches er andächtig Svensson gab und dann die Maschine wieder verräumte.

Ich konnte Svenssons Gesicht unmöglich deuten, doch ich merkte, dass weder er noch Fills sich wirklich wohl in ihrer Haut fühlten; genauso wie ich. Gespannt beobachteten wir beide, wie Svenssons Augen langsam über das beschriebene Blatt huschte und offensichtlich zu erkennen versuchten, womit sie es zu tun hatten.

„Und, Glen, was sagt es?" Fills klang dringend, beinahe bittend.

Svensson verzog seinen dünnen Mund und reichte seinem Gegenüber das Stück Papier. „Lies selber, Sascha."

Widerwillig nahm Fills das entgegengestreckte Papier und begann die Tabellen und Zahlen aufmerksam zu mustern. Ich wagte einen schüchternen Blick in Svenssons Richtung zu werfen, was ich sofort bereute, denn seine stechenden Augen ruhten prüfend auf mir. Augenblicklich spürte ich, wie mir das Blut in die Wangen schoss und wie das Zittern meiner rechten Hand zunahm. Verlegen senkte ich meine Augen wieder auf meine Hände in meiner Schoss und hoffte, dass Svensson meine Unsicherheit nicht bemerkte.

„Ja. Dann ist das so", meinte Fills nach einer Weile und legte das Blatt zurück auf die Tischplatte. Seine Stimme klang gefasster und als ich mich traute, in seine Richtung zu blicken, schauten mir seine grünen Augen kalt entgegen.

„Also-" Meine Stimme versagte und ich räusperte mich einmal, bevor ich mich erneut an den Satz wagte. „Also, was heisst das jetzt?"

Die beiden Männer wechselten einen undefinierbaren Blick, wobei Svensson fragend seine buschigen Augenbrauen hob. Nach einem stummen Meinungsaustausch nickte Fills schliesslich kurz und blickte wieder zu mir. „Die Blutwerte von dir ergeben eigentlich keinen grossen Unterschied von uns anderen."
„Anderen?", empörte ich mich und wollte schon mehr hinzufügen, doch Svenssons strafender Blick brachte mich zum Schweigen. „Ja, entschuldige, Fills, bitte, fahr doch weiter."

Der Rothaarige verkniff sich augenscheinlich ein Lachen und bückte sich dann, um ein weiteres Stück Papier auf die Tischplatte zu legen. „Hier kannst du einen Vergleich von deinen und den anderen Blutwerten sehen. Der einzige wirkliche Unterschied bei dir ist, dass du offensichtlich fast doppelt so viele rote Blutkörperchen besitzt, was aber nicht erklärt, weshalb du den Test nicht bestanden hast. Diese Blutkörperchen könnten ebenso gut ein Wunsch deines Besitzers gewesen sein. Es ist nicht wirklich typisch, dass man sich das wünscht."

Die Werte auf den beiden Blättern starrten mir unbeeindruckt entgegen und obwohl mir Fills die Unterschiede mit dem Finger zeigte, erkannte ich nicht, was anders sein sollte.

„Was bedeutet das jetzt?", erkundigte ich mich überfordert, da ich nichts mit dem Geschwafel über rote Blutkörperchen anfangen konnte.

„Das bedeutet, dass dein Blut nichts dafür kann", erklärte mir Svensson an Fills' Stelle. „Was das bedeutet, kannst du dir vielleicht denken."

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