Der Untergrund

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Ein leises Piepen drang in mein Gehör ein und rüttelte an meinem Bewusstsein, um mich aufzuwecken. Zuerst versuchte ich es zu ignorieren, doch je länger ich dies probierte, desto lauter wurde das Piepen, bis dass ich es nicht mehr aushalten konnte.

Mühsam öffnete ich meine Augen und blinzelte in das grelle Licht einer Neonlampe, die über meinem Kopf langsam hin und her schwankte. Meine Augen brauchten einige Sekunden, bis sie sich an die Helligkeit gewöhnten und danach langsam den umliegenden Raum erkundigen konnten. Abgesehen von einem grauen Kasten mir gegenüber war er leer. Im Gegensatz zu den anderen Räumen, die ich bisher gesehen hatte, besass er kein helles Weiss für die Wände, sondern ein dunkles Grau, das an puren Beton vermuten liess. Das Grau verschluckte die Helligkeit der Neonlampe, dadurch strahlte der Raum eine unheimliche Düsterheit aus.

Das Piepen kam von einer kleinen Maschine an meiner Seite, die mit einigen Kabeln mit meiner Brust und meinem Handgelenk verbunden war. Ich selber lag in einem weichen Bett und war mit einer dünnen Decke zugedeckt. Obwohl mich die Decke eigentlich wärmen sollte, zitterte ich am ganzen Körper, denn durch den Beton des Raumes wurde die gesamte Wärme absorbiert.

Schmerzen hatte ich erstaunlicherweise fast keine, jedoch fühlte ich mich so erschöpft, wie wenn ich aus einem Gleiter gefallen wäre. Mit einem Stöhnen hob ich meinen linken Arm, um mir vorsichtig über die pochende Schläfe zu reiben. Durch diese Bewegung nahm der Schmerz nur noch mehr zu und ich verfluchte innerlich mein nicht vorhandenes Glück. Alles, was ich machte, bewirkte nur das komplette Gegenteil.

Im selben Augenblick erklangen ein dezentes Zischen hinter mir und dann mehrere Schritte, die sich zielstrebig meinem Bett näherten. Sofort stützte ich meinen Arm auf, um mich in eine aufrechtere Position zu bringen, doch er klappte unter dem Gewicht zusammen und ich plumpste zurück aufs Bett.

„Guten Tag", begrüsste mich eine dunkle, raue Stimme und als ich meinen Kopf hob, schaute ich in ein Paar eisblauer Augen, die freundlich glänzten. Sie gehörten zu einem grossen Mann ungefähr Mitte fünfzig und wurden von zwei buschigen, grauen Augenbrauen verziert. Anders als seine Augen schien sein schmaler Mund überhaupt nicht freundlich gelaunt zu sein, denn von ihm war nur eine dünne Linie zu sehen. „Ich bin Glen Svensson und das hier ist Pascale Instadt."

Eine jüngere Frau mit feuerroten Haaren stellte sich neben ihn und schenkte mir ein liebes Lächeln. Auf den ersten Blick schien sie ziemlich hübsch zu sein, doch dann fiel mir ihre knollige Nase auf, die irgendwie nicht so ganz ins Konzept zu passen schien. Sie bemerkte meinen verwirrten Blick und wich ihm verlegen aus. „Hallo."

„Guten Tag." Zu meinem Erstaunen brachte ich den Satz ziemlich gut über meine Lippen, obwohl das Sprechen schrecklich schmerzte. Meine Stimme klang ziemlich belegt und rau und mein Mund war staubtrocken.

„Du hast sicher einige Fragen." Svensson trat einen Schritt zu mir ans Bett und musterte mich mit zusammengekniffenen Augen. Irgendwie machten mich diese Frage und die ganze Situation ziemlich unbehaglich, aber ich versuchte es mir nicht anmerken zu lassen und nickte langsam. „Aber zuerst habe ich eine Frage an dich. Wieso bist du eine Ungeeignete?"

Ich räusperte mich, ehe ich ihm diese Frage beantwortete, dennoch versagte meine Stimme beim ersten Versuch und ich startete einen Zweiten: „Ich...habe den Test...nicht bestanden."

Diese Antwort hatten die beiden offensichtlich nicht erwartet. Svensson machte einen Satz zurück, wie wenn er sich verbrannt hätte, während mir Instadt einen ungläubigen Blick zuwarf. „Den Test nicht bestanden?"

Statt zu antworten nickte ich bloss schwach. Die ehemals schwachen Kopfschmerzen hatten sich verstärkt und klopften energisch an meine Stirn. Durch den ganzen Schmerz wurde es mir übel und ich kämpfte gegen die Bewusstlosigkeit an, die sich langsam in meinem Inneren auszubreiten begann.

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