Der Mann war gleich gross wie breit, hatte dunkle Haut und einen stechenden Blick. Dieser liess er gerade durch die Reihe schweifen und streifte jeden nur kurz, bis er bei mir hängen blieb. Seine Augen wurden zu kleinen Schlitzen und erst jetzt wurde mir bewusst, dass dies vermutlich derselbe Mann gewesen war, den ich bei der Hauptversammlung neben Froy gesehen habe.
„Wie ihr alle sicherlich bemerkt habt, haben wir jemanden Neuen in unseren Reihen." Er zog seine Augenbrauen hoch und nickte mir aufmunternd zu. „Du könntest aufstehen und dich uns einmal allen anständig vorstellen, wenn dir das nicht zu anstrengend ist."
Die Mehrheit der Gruppe begann zu lachen, auch Thea und die anderen vier liessen gehorsam ihre Mundwinkel zucken, doch ich hätte ihm lieber eine Gemeinheit an den Kopf geworfen. Ich kannte mich selber noch nicht gut, aber ich wusste schon jetzt, dass ich Blossstellungen über alles verachtete. Jedoch merkte ich sofort, dass mit diesem Mann absolut nicht zu spassen war.
Statt einer Entgegnung stand ich so gehorsam auf, verschränkte meine Arme vor der Brust und wartete, bis das Gelächter verstummte. „Ich bin Resa Hayes." Sofort spürte ich die prickelnden Blicke der anderen, die sich in meine Haut hineinbrannten. „Und ja, ich habe den Test nicht bestanden."
„Tatsächlich?", rief ein dunkelbraunhaariger Junge weiter vorne und zog verächtlich die Augenbrauen zusammen. „Bist du jetzt besser oder schlechter als wir?"
Wieder lachten einige und ich brauchte meine ganze Selbstbeherrschung, um ruhig zu bleiben. „Mir ist dasselbe widerfahren wie euch. Ich würde sagen, dass wir uns alle auf der gleichen Stufe befinden."
Der Junge lachte, schwieg aber, vielleicht, weil er keine Antwort wusste, vielleicht aber auch, weil der Mann vorne nun seine Hand erhoben hatte und uns strafend ansah. „Vielen Dank, Hayes. Das reicht mal für den Anfang! Und was dich betrifft, Inn, nicht wir untereinander sind der Feind, sondern Lebensblüte. Schreib dir das bitte mal hinter die Ohren."
„Ken Inn ist ein Grossmaul und arrogant!", flüsterte mir Olivia neben mir ins Ohr und ihr hübsches Gesicht verzog sich abschätzig. „Anscheinend hat er immer das Gefühl, alles besser zu wissen, wie du merkst. Er hegt auch einen grossen Hass an all die, die von ihrem Besitzer, oder Besteller, akzeptiert worden waren. Hier im Untergrund gibt es nicht viele, die wenigsten haben eine Krankheit, wegen der sie später aussortiert wurden, doch die an der Oberwelt sind zahlreich. Genau die-"
„Wenn du mir deine Aufmerksamkeit schenken könntest, Miller, wäre ich dir sehr dankbar!", grunzte der Mann. Während er sich an dem hämischen Lachen einiger Ungeeigneten in der Gruppe labte, begab er sich gleichzeitig an sein Podest und drückte einen Knopf, worauf in der Mitte des Raumes eine grosse, blaue Projektion erschien.
„Keith Bruce, unser Tutor, unterrichtet uns in Erdgeschichte. Er ist auch Mitglied der Hauptversammlung und des Rats der Ältesten", erklärte mir Thea nun leise, versuchte dies aber unauffälliger als Olivia zu tun. „Erdgeschichte ist eigentlich ziemlich spannend, blöd nur, dass es nie der Reihe nach-"
„Anderson! Das Gleiche gilt auch für dich!" Bruce runzelte die Stirn und löste dann seinen Blick von dem braunhaarigen Mädchen, um kurz zu kontrollieren, ob er die ganze Aufmerksamkeit der Gruppe besass. „Gut, jetzt, wo mir alle brav zuhören, kann ich ja beginnen." Er blickte zu einem dunkelhäutigen Jungen ruhen, der sich unter den stechenden Augen unwohl zu winden begann. „Brian, kannst du mir sagen, wo wir das letzte Mal stehen geblieben sind?"
Brian senkte verlegen seinen Blick auf den Tisch und murmelte so leise etwas, dass man ihn nicht verstehen konnte.
Bruce verdrehte die Augen. „Kannst du das ein wenig lauter sagen?"
„Bei der Griechenlandkrise 2015", wiederholte er lauter. Seine Stimme war leicht rau und kratzig, wie wenn er sie selten brauchen würde. „Und deren Auswirkungen."
DU LIEST GERADE
Ungeeignet
Ciencia Ficción"Du hast den Test nicht bestanden. Du bist ungeeignet für die Gesellschaft. Du bist nicht geeignet, als WmH zu arbeiten. Ungeeignete sind eine Gefahr." Die Stimme schepperte laut, als ein trockenes Lachen aus ihrer Kehle aufstieg. "Nein", schrie ich...