Leave - die Geschichte zweier Mädchen

Kapitel 3

,,Deutsch, sehr gut. Mathematik..." Mr. Pauls machte eine Pause, und schaute mich über den Rand seiner Brille hinweg an. Ich lächelte nervös. ,,Ja, ich weiß." Sagte ich, als er nicht fortfuhr. Er seufzte. ,,Wenn das so weitergeht, musst du in den Grundkurs"
,,Nein, nein, nein. Ich kriege Nachhilfe, und mein Vater hilft mir auch. Ich muss nicht in den Grundkurs. Ich pack dass." Grundkurs, heisst FOR und FOR bedeutet kein Abitur. ,,Die Lehrerschaft hat beschlossen dir noch ein halbes Jahr zu geben, damit du beweisen kannst, das du es kannst." Ich atmete erleichtert aus. ,,ABER !" Ich wusste es. ,,Solltest du es nicht schaffen innerhalb dieses Jahres, von deiner 5 runterzukommen, wirst du in den Grundkurs gehen." Er schaute mich noch mal eindringlich an, und blickte dann auf seine Uhr. ,,Du kannst jetzt gehen." Erklärte er, und scheuchte mich mit einer Handbewegung fort. Ich schmiss mir den Rucksack über, und verließ die Klasse.

Katie guckte gequält auf ihre Füße. ,,Alles okay ?" Erschrocken schaute sie auf, und setzte ein Lächeln auf. ,,Was sollte sein ?" Fragte sie. Ich musterte sie kritisch. Sie legte mir eine Hand auf die Schulter. ,,Alles gut. Versprochen." Sie sah über die Schulter. ,,Mein Bus kommt." Sofort wirkte sie wieder niedergeschlagen. ,,Willst du noch mit zu mir kommen ?"Fragte ich Katie. Sie überlegte nicht lange. ,,Das wär cool." Antwortete sie. ,,Dann komm." Ich nahm ihr Handgelenk und zog sie hinter mir her. ,,Der Bus kommt." Wir drängelten uns vor, und ergatterten den letzten Freien Sitzplatz im Bus. Ich stellte den Schulranzen auf meinen Beinen ab, und holte mein Handy raus.

Hey, kann noch eine Freundin mit Nachhause kommen ?

Ich schickte die Nachricht an meinen Vater, und kurze Zeit später vibrierte mein Handy.

Bin heute nicht da. Ihr könnt euch eine Pizza bestellen oderso.

Ich machte mein Handy aus, und beugte mich zu Katie. ,,Magst du Pizza ?"
,,Klar !"
Nachhause dauerte es nicht lange, und ruckzuck standen wir vor meiner Haustür, und ich schloss die Tür auf. ,,Stell deinen Rucksack einfach in die Ecke." Sagte ich, und warf meinen in diese Richtung. Katie folgte mir nervös (so nervös wie man halt war wenn man das erste mal bei jemandem war) in mein Zimmer. Sie setzte sich aufs Bett, und ich schmiss mich in meinen geliebten Ohrensessel. ,,Also. Was geht bei dir Zuhause so ab ?" Ich erinnerte mich dunkel an die 6 Klasse, in der Katie oft von Lehrern gefragt wurde, ob sie Zuhause Probleme hätte. ,,Oh..."
,,Du musst es mir nicht sagen." Sagte ich schnell. ,,War dumm von mir, vergiss die Frage einfach." Sie lächelte mich dankbar an. ,,Aaalso, möchtest du es nochmal mit einem Papier Bötchen probieren ?" Sie schmunzelte. ,,Gern doch."

Ich prustete los. ,,Du hast sie wirklich blasierte Kuh genannt ?" Sie lachte auch. ,,Ja, ist das zu glauben ?" Wir saßen im Wohnzimmer auf dem Boden, aßen Pizza, und schauten mit Papierbötchen auf dem Kopf Reality Shows. ,,Blasierte Kuh." Wiederholte ich fassungslos, und biss noch mal von meiner Pizza ab. ,,Ist das überhaupt ein Schimpfwort ?"
,,Ich war sauer, und gedemütigt. Und so hat mich mein Bruder früher immer genannt. Naja, und dann hab ich sie halt so genannt." Erklärte Katie. Zufällig schaute ich an ihrer Schulter vorbei auf die Uhr. ,,Fuck, schon 8:00." Sie blickte hinter sich. ,,Nicht das ich dich rausschmeissen will, aber ich muss morgen früh raus, und mein Dad kommt gleich..."
,,Schon verstanden." Sagte sie. Sie lächelte tapfer, aber ich sah, das sie nicht gehen wollte. ,,Du kannst ja die Tage nochmal zu mir." Ihr Gesicht hellte sich ein bisschen auf. ,,Klar." Sagte sie. Sie stand auf, und war dabei ihren Hut auszuziehen. ,,Behalt ihn." Sagte ich, und legte mir eine Hand aufs Herz. ,,Als Zeichen unserer Freundschaft." Sie lachte, und verbeugte sich spielerisch. Ich brachte sie zur Tür, und sah ihr solange nach, bis ihre Schemenhafte Gestalt mit der Dunkelheit verschmolz.