Der Wagen hält. Ich steige aus, und lehne mich an das warme Blech. Die Tankstelle sieht noch genau so aus wie früher. Als ich mit Katie von hier los gefahren bin. Ich tanke meinen Wagen voll, und kaufe mir noch ein paar Snacks für zwischendurch. Doch als ich wieder auf dem Fahrersitz sitze, und aus der Frontscheibe gucke, fühle ich ich nicht dazu in der Lage, den Motor wieder zu starten. Meine Hände schwitzen, obwohl mir eiskalt ist, und nach ein paar Minuten der Überwindung starte ich dann doch den Motor.
Ich finde zu dem alten Motel ohne Probleme, auch wenn es schon Jahre her ist, das ich das letzte mal hier war. Es hat sich kaum verändert, die Farbe des Hauses ist hier und da abgeblättert, doch die Neonanzeige sieht Brandneu aus, und auch die Türen sehen frisch gestrichen aus. Ich lasse mein Auto stehen, und begebe mich zur Rezeption, wo immer noch dieser eine Mann sitzt, mit dem Pferdeschwanz und den kleinen schwarzen Augen. ,,Ein Zimmer für drei Nächte, bitte." Er schaut auf, sieht mich einen Moment scheinbar gleichgültig an, doch dann sehe ich etwas in seinen Augen aufblitzen. ,,Aber gerne." Sagt er, und schiebt mir einen kleinen Schlüssel rüber. ,,Ist es möglich das wir uns schonmal begegnet sind ?" Fragt er. Ich senke meinen Blick. ,,Wohl kaum." Antworte ich, und will gehen, als er nochmal anfängt zu sprechen. ,,Merkwürdig. Sie erinnern mich an jemanden der vor längerer Zeit schonmal hier war. Mit einer Freundin." Ich bleibe im Türrahmen stehen. ,,Ich bin mir sicher das Sie sich täuschen." Ich gehe raus, doch ich höre noch was er murmelt:,, Wem machst du hier was vor Phoebe."
Auch wenn ich weiß das es eigentlich sinnlos ist, ist das erste was ich frage als ich vor dem Mann der in einem riesigen Holzhaus wohnt:,, Ist Casper da ?" Er mustert mich einmal von Kopf bis Fuss, und schüttelt dann den Kopf. ,,Kann ich Ihnen weiterhelfen ?" Fragt er.
,,Vielleicht. Sind sie sein Vater ?" Er reibt sich kurz über das glatt rasierte Kinn, und nickt dann unschlüssig. ,,Ich bin eine alte Freundin." Erkläre ich. ,,Wir... Wir haben uns vor einiger Zeit aus den Augen verloren, doch ich muss noch ein altes Versprechen einlösen." Er nickt schon wieder, was mich langsam ganz ruppig macht, und beugt sich dann zur Seite. ,,Einen Moment." Sagt er, und schreibt etwas auf einen Zettel. Schließlich überreicht er ihn mir. ,,Viel Glück." Wünscht er mir noch, auch wenn ich nicht weiß für was, aber ich nehme es trotzdem an. Zu viel Glück kann nie schaden.Es ist ein schlichtes, aber doch schönes Haus, welches weiß angestrichen ist, und einen einladenden Vorgarten hat. Ich bin nicht nervös. Ich Klingel einmal und warte. Irgendwo im Haus bellt ein Hund, und wenige Sekunden später, die sich wie eine Ewigkeit anfühlen, öffnet sich die Tür, und ein Mann mit schwarzen Haaren, einem leichten Bartschatten, und noch immer strahlenden Augen vor mir steht. Er öffnet den Mund, schließt ihn dann wieder, und tritt schließlich zur Seite, so das ich reinkommen kann.
Ich reibe mir über die Knie, wie als wäre ich nervös, doch ich bin es kein bisschen. Casper ist in der Küche verschwunden, und macht Tee, oder Kaffee, er hat nicht gefragt was ich wollte. Sein ganzes Haus ist im schwarz weiß style, was irgendwie zu ihm passt. Ich würde in so einem Haus verrückt werden. Alles ist aufgeräumt und ordentlich, und nirgendwo ist Staub. Casper kommt mit einem Tablett rein, stellt es auf den Tisch, und setzt sich mir gegenüber auf den Sessel. Er räusperte sich, sagte jedoch nichts, nahm nur seinen Tee. Ich tat es ihm gleich. Es brauchte in dem Moment keine Worte. Die Stille tat gut. Während draussen die ganze Welt schrie.
Nach einer Weile, und einer halben Tasse Tee, stand er auf, lächelte mir kurz zu, und verschwand in einem Nachbarraum. Der Hund hatte sich neben mir auf dem Sofa niedergelassen, und ich kraulte ihn hinter seinem schwarzen, flauschigen Ohr.
,,Es ist nur eine Idee." Sagte Casper, und kam mit ein paar Blättern zurück. ,,Ich hab sie vor einer Weile geschrieben, und aufgehoben. Für den fall das du noch mal kommst." Er legte die Papiere auf den Tisch, und ich beugte mich neugierig vor.Die Geschichte zweier Mädchen
Stand in Großbuchstaben vorne drauf. Verwirrt und leicht amüsiert, schaute ich ihn an. ,,Wie gesagt. Es... Es ist nur eine Idee." Ich schlug das Drehbuch auf. ,,Machst du das von Beruf ? Drehbücher schreiben ?" Er rieb sein Kinn verlegen an der Schulter. ,,Ja. Ich habe kurze Zeit nachdem ihr weg wart angefangen zu schreiben."
,,Das ist Großartig Casper."
,,Es gefällt dir ?"
,,Ja."
Er beugte sich ebenfalls vor. ,,Die ganzen Sachen die hier rot eingekringelt sind -" er zeigte mit seinem Finger aufs Papier. ,,- Da wollte ich... Da wollte ich eure Meinung hören." Ich lächelte.
Und dann fingen wir an zu reden. Über alles was passiert war, bevor wir abgehauen waren, und nachdem, und was danach alles gekommen war. Wir redeten über Stunden, lachten, tranken Wein, bestellten uns Pizza, und lachten noch mehr, ob unserer verkorksten Leben, wir lachten unsere Einsamkeit weg. Und als es dunkel wurde, und wir tatsächlich ein fast fertiges Drehbuch vor uns hatten, verabschiedete ich mich, erneut mit einem Versprechen.Die Wellen leckten an meinen Zehen, und hinterließen eine Gänsehaut auf meinem ganzen Körper. Es war Zeit zu gehen.
Und so landete ich hier Katie. An genau dieser Stelle. Vor meiner Haustür, im Auto, die Augen geschlossen. Und als ich dann die Augen wieder öffnete, und aus dem Kofferraum all meine Sachen holte, saßt du da. Auf der Treppe vor meinem Haus.
Und schautest mich an.
,,Katie ?"
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Leave - die Geschichte zweier Mädchen
AventuraKaties Leben geht den Bach runter. Ihr Vater versinkt im Alkohol, ihre Mutter lebt in ihrer eigenen kleinen Phantasie Welt, und ihr Bruder wartet nur darauf für immer zu verschwinden. Und ihre beste Freundin Mia ist ihr auch nicht hilfreich. Plötzli...