Mein Kopf dröhnt von dem Pfeifen des Windes, der um meine Ohren zieht. Ich fühle mich, als seie ich auf See oder am Meer, und würde beinahe wegfliegen, da der Wind so pustet. Unter meinem Arm klemmt mein Jutebeutel, ich umklammere die Henkel aus Stoff. Ein Unwetter ist in den letzten fünf Minuten aufgezogen, wie aus dem nichts, die Welt verschwört sich soeben gegen Jane Dawson. Mit Anstrengung, meine Haare aus dem Gesicht zu fischen, laufe ich den Bürgersteig der St.Arnold-Straße hinauf. Neben mir erstrecken sich Meilen von Häusern, die für mich alle gleich aussehen. Mein Haus liegt hinter diesen unzähligen Monotonheiten an Häusern, und die Straße kommt mir anstatt immer kürzer nur immer länger und länger vor.
Ein frustrierter Schrei erweicht meinem Mund, als es dann auch noch anfängt aus heiterem Himmel zu regnen. Platzregen. Meine Haare kleben bloß noch mehr. Der Unbekannte aus der Schule in meinem Kopf, der fast platzt. Ich denke immer und immer wieder an seine Worte. Er zählt zu meiner Frustration dazu. Idiot.
Schrilles Hupen eines Autos kreist durch meinen aufgeschreckten Körper. Ich schreie vor Schreck auf, atme hastig und schaue mich nach dem Schuldigen für meinen Beinahe-Herzinfarkt um. Ein grauer Volvo fährt im Schritttempo ganz rechts der Straße neben mir her. Ich laufe auf der linken Bürgersteigseite, da ich es angenehmer finde, als auf der Rechten zu laufen, und sich mein Haus zur Linken befindet. Im Auto sitzt eine Gestalt mit schwarzer Kapuze auf. Ich sehe bloß sein Seitenprofil, er macht mir Angst, es ist ein Mann. Ein Junge.
Ich denke, dass er mich gleich verschleppen wird, doch dem ist nicht so. Er fährt bloß neben mir her, langsam, ich beobachte ihn eine Weile. Der Volvo rollt über die regnerischen Straßen, fährt durch Pfützen, und ich bin nass und ich friere wie im Winter.
Ich weiß nicht, wie lange ich dieses Auto ansehe und wie lange nichts weiter passiert, aber dann, als ich die unendlich lange Straße immer weiter hinauf laufe, bleibt der Volvo stehen und ein Fenster kurbelt herunter.Ich sehe das Gesicht des Fahrers. Die kalten blauen Augen, in denen ein Meer rauscht. Das blonde Haar schaut unter dem Schwarz der Kapuze raus. Ein stummer Blick im Gesicht, die dunklen Wimpern umrahmen seine Augen. Er hat seinen Kopf geneigt, sieht mich an. Ich bleibe stehen, sehe zurück und erstarre.
Was will er schon wieder?
»Jane«, beginnt er, »Steig ein« aber ich rühre mich nicht von der Stelle. Ich stehe wie festgefroren am Boden, als würde dieser mich davon abhalten einen Fehler zu begehen.
»Ich fahr dich nach Hause!«, ruft er durch den Regen. Das Wasser ist so laut, dass ich ihn kaum verstehe. Es plätschert, gibt seinen ganz eigenen Klang von sich, und die Luft riecht zum verfallen gut.
»Du bist mir nach gefahren?!«, rufe ich genervt zurück. Seine Geste ist zwar nett gemeint, aber ich möchte mich nicht fahren lassen. Ich kann alleine laufen. Ich kann das alleine.
»Ich bin dir nach gefahren, ja, da Unwetter beschissen ist!« Seine Finger tippen immer wieder auf dem Lenkrad herum. Meine Augen kneife ich fest zusammen. Meine Schminke ist dem Regen längst abhängig geworden.
»Ich kann das restliche Stück laufen, danke.«, sage ich ihm und gehe weiter.
Jeden Schritt, den ich mache, scheint sein Auto als Radumdrehung zu vollziehen. Er fährt weiter neben mir her. Meine Stimmung wird nicht besser, sie sinkt nur noch mehr. Ich will allein sein, mich zuhause Tumblr und meiner Musik unterziehen und niemandem um mich haben, dem ich irgendwo nicht passe. Er soll mich einfach endlich in Ruhe lassen.
Wieso fährt er nicht weiter?
Wieso lässt er mich nicht?»Jane«, seine tiefe Stimme dringt erneut in mein Ohr, »Jane, hör auf so stur zu sein und akzeptier mal die Hilfe von anderen! Du bist viel zu sehr darauf besessen für dich zu sein und zu glauben, dass du alles alleine kannst!«
Ich drehe mich zu ihm, er sieht zu mir. Seine Augen starren mich an, er sieht nicht auf die leere Straße oder die nasse Wiese neben ihm. Nicht auf die im Wind wehenden Bäume oder die Meilen an Häusern. Nicht auf sein Lenkrad oder seinen Schaltknüppel. Nicht auf den Beifahrersitz oder etwa die kleine Hawaii-Mädchen-Puppe, die sich vor dem Steuerrad befindet. Nein, er sieht zu mir. Ich befinde mich unter seiner Musterung und seinem Scanning, was mich unwohl fühlen lässt.
»Du kennst mich nicht! Wieso also kannst du mich nicht einfach in Ruhe lassen? Ich will nichts mit dir zutun haben! Du bist ein Fremder für mich, hörst du? Ich bin eine Einzelgängerin und ich werde es auch immer bleiben, also lass mich einfach mein Ding machen, und mach du deines!«
»Du begreifst nicht«, er hört sich noch tiefer an als sonst, so ernst, »das Eigentliche Problem von dir, Jane, ist, dass du glaubst, du kannst jemand sein, der du nicht bist, da du nicht bewusst verletzt werden willst. Da dein Herz nicht von einer dir wichtigen Person zerschmettert werden soll. Denk' drüber nach. Es war nur ein Angebot, Depri-Punk-Bitch.«, sagt er abwertend und fährt dann weg. In seinem Volvo. Durch den Regen. Über den Horizont hinaus.
Und ich will es nicht wahr haben, was er gesagt hat. Ich will nicht, dass er recht hat. Ich zweifle an der Wahrheit und an meinem Charakter und an dem, was ich bin, nur wegen ein paar Sätzen. Doch meine Gedanken laufen immer wieder auf einen Punkt zusammen.
Ich haue die Haustür mit einem Schwung zu, bin sauer über alles in meinem Kopf und ich bin sauer auf ihn. Ich bin sauer, da ich in die Zitrone beißen muss, und nicht er. Ich bin sauer, als ich meinen Beutel in eine Ecke des Wohnzimmers werfe und hin und her laufe, um meiner Wut Entlastung zu geben, was nicht klappt. Und ich bin sauer und will schreien und mir meine Haare ausrupfen und ihn umbringen und mich gleich mit und nicht mehr denken und reden und alles, als ich mit voller Wucht gegen den Kühlschrank der offenen Küche trete und mich danach vor Schmerzen krümme und meinen Fuß zu achtzig prozentiger Wahrscheinlichkeit verstaucht habe und ich nicht mehr auftreten kann, ohne dass es weh tut. Und ich hasse ihn dafür umso mehr, denn es scheint so, als löse er was in mir aus, was ich verhindern möchte.
•••
Tut mir leid, dass lang kein Kapitel mehr kam, aber ich wahr sehr im "Reallife" aktiv und hatte viel mit Schule zutun. Das Kapitel ist nicht lang, das tut mir ebenfalls leid, aber ich hoffe es gefällt trotzdem.
Bin immernoch auf der Suche nach einem @/Namen, mit dem ich zufrieden sein kann. Einen englischen. Falls ihr Ideen habt: bitte her damit!
Freue mich über Votes und Kommentare!
Lots of Love

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Mystery | Taddl
FanfictionMan sieht sich immer zwei Mal im Leben, oder vielleicht auch nicht... Das Leben ist nicht immer fair und einfach, nicht jeder mag jeden - das alles ist Jane Dawson längst bewusst geworden. In ihrem Labyrinth des Leidens versunken lebt sie ihr einsam...