Der Wind zischt um meine Ohren. Neben mir zieht sich der Rhein endlang. Der Rheinpark war offiziell schön. Bäume über Bäume, die auf Grund der Temperaturen kaum noch Blätter besitzen. Wir könnten eine Ewigkeit herum laufen, um dann zu dem Entschluss zu kommen, dass er nicht hier ist. Trauer und Aggression, Frust, macht sich in mir breiter und breiter. Mit jedem Schritt, den wir zurück zum Dom gehen. Zurück zum Bahnhof, zum Auto, zur Tiefgarage, und zurück in die kleine Stadt, von der wir gestartet sind. Auf halber Strecke machen meine Füße halt, ich sacke zu Boden und will in meinem Leben nicht mehr aufstehen. Ich will bloß sitzen bleiben und den ganzen Frust aus mir heraus weinen. Ich habe mir Hoffnung gemacht, bin mir immer mehr bewusst geworden, wer ich bin, und was ich will.
Und was ich immer wollte war ihn finden. Und was ich jetzt will ist ihn gefunden haben. Aber mein Wille geht nicht in Erfüllung. Er ist nicht hier, nicht an seinen Liebligsorten, und das in den Sand gezeichnete Katzensymbol, das wir neben dem bemalten Stein, auf einem anderen Weg zurück gefunden haben, macht alles nicht einfacher. Ich will nur weinen, fühle mich so, wie ich mich gefühlt habe, als er einfach geflohen ist. Ich sehe nichts anderes mehr als meine Tränen und mein Rücken lehnt sich gegen das gitterartige Geländer der Hohenzollernbrücke. Ich zerkaue meine Unterlippe, bloß die Umrisse von Ardy und Luna vor mir.
»Jane, komm schon, steh auf.«, bittet dieser mich und Luna hält sich an seiner Schulter fest.
»Er ist weg, für immer, stimmt's?«, schluchze ich ihm entgegen, beginne zu halluzinieren und anstatt Ardy schon Thaddeus zu sehen.
»Es-uhm-es ist alles nicht so einfach, weißt du...«, er bückt sich zu mir runter, »Er ist nicht hier und hat anscheinend schon alles nötige in dieser Stadt erledigt, sodass er in eine weitere gefahren ist. Wir können ihm nicht nach jagen, Dawson, das ist unmöglich. Das Beste ist jetzt, dass du lernst dich damit abzufinden, und dein Leben in Ordnung bringst, so wie ich meines in Ordnung bringen muss, und Luna ihres.«
»Was ist mit der Polizei?« seine Augen leuchten so grün und hell, dass ich glaube sie bestünden aus Smaragden.
»Es gibt immer eine Lösung.«, antwortet er; ich lasse einen lauten Schluchzer raus, werde von ihm umarmt und meine Tränen weggewischt. Mit einem Schub hebt er meinen Körper an, zieht mich auf meine Beine. »Ich bin mir sicher, dass sie nicht mehr nach dir suchen, sondern gezielter nach mir. Alles wird gut, okay? Und wenn es nicht gut ist, dann ist es auch noch nicht das Ende vom Ganzen.«
Ich nicke bloß noch, Luna legt einen Ihrer schlanken arme um meine Schultern, drückt ihren Kopf gegen meinen als eine Art freundliche Umarmung, die mir Beistand leisten soll. Es ist noch immer komisch mit Ardy herum zu laufen, obwohl er Handschellen trägt und sonst so unschuldig aussieht, weshalb wir auf dem Weg zum Dom einen Shop ansteuern, der Artikel wie Zangen oder sowas verkauft. Luna geht rein, kauft, und geht wieder hinaus, um Ardy von seinem Leid befreien zu können.
Er umarmt uns großzügig, lacht und schnappt frei nach Luft. Er schreit, dass er endlich frei ist, sich frei fühlt und macht Luftsprünge.
Und sie sagt schnappend: »Mach nicht so einen Aufstand, sonst bemerkt uns noch wer amtliches.«
-
Es fühlt sich fürchterlich an Abschied nehmen zu müssen. Ich will Luna nicht gehen lassen, doch ich muss, da ich weiß, dass ihr Herz in diese Stadt gehört. Sie sieht so glücklich aus, trotz unseres Unglücks, und passt sich einfach sorgenlos an. Ich wollte nie, dass sie in die Thaddeus-Such-Sache mit hinein gezogen wird, doch sie wollte irgendwie ein Teil von dem kleinen Ganzen sein. Und nun ist sie ein Teil meiner Vergangenheit, ein bildschönes Mädchen und eine Art Freundin, die ich zurück lasse. Mein Herz bricht an einer Stelle, was ihre feste Umarmung noch schlimmer macht. Ich komme nicht über unser Scheitern hinweg. Aber ich weiß, dass es trotz des Scheiterns weiter gehen muss. Und dass ich seinem Volvo nicht ewig nach fahren kann, da ihn einzuholen so ist, als würde man die Sonne berühren wollen. Ich würde verbrennen, würde ich den Versuch starten. Verbrennen, bevor ich es überhaupt geschafft haben sollte.

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Mystery | Taddl
Fiksi PenggemarMan sieht sich immer zwei Mal im Leben, oder vielleicht auch nicht... Das Leben ist nicht immer fair und einfach, nicht jeder mag jeden - das alles ist Jane Dawson längst bewusst geworden. In ihrem Labyrinth des Leidens versunken lebt sie ihr einsam...