Ein lächelndes Nilpferd

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Hat dich schon mal ein Nilpferd angelächelt? Nein?

Na ja, bis vor fünf Minuten hätte ich die Frage genau so beantwortet. Also mal ehrlich, ich wusste gar nicht, dass Nilpferde lächeln können. Und um dem ganzen die Krone aufzusetzen hat es mir dann auch noch zugezwinkert. Vor lauter Schrecken ist mir natürlich der Eimer mit den Äpfeln umgekippt, mit dem die Nilpferde eigentlich besucherfreundlich gefüttert werden sollten. Die Nilpferde hat's gefreut, die Tierpflegerin aber überhaupt nicht. Zum Glück ist das hier erst mein erster Tag und ich kann mich mit Aufregung herausreißen. Aber was hätte ich denn auch sonst bitte sagen können? "Entschuldige bitte, aber ich habe nicht damit gerechnet, dass Nella mich anlächelt und mir zuzwinkert." Klar doch. Ich mag ja in mancher Hinsicht weltfremd sein, aber selbst mir ist klar, dass ich dann in die Klapse eingewiesen werde.

Aber vielleicht sollte ich mich euch erst einmal vorstellen. Mein voller Name lautet Angela Shanaia Princess Dariana Decker. Jedes Mal, wenn ich meinen ganzen Namen sagen muss, frage ich mich aufs Neue, ob meine Eltern mich vielleicht nicht leiden können. Wer nennt denn bitte sein Kind so? Wenn mich also jemand fragt, dann heiße ich Angi Decker. Kurz und knapp! Ich bin ein Einzelkind und wohne mit meinen Eltern in so einer Art Hippie-Kommune. Eine öffentliche Schule habe ich bisher noch nicht von innen gesehen, da unsere Eltern uns unterrichten. In der Kommune leben außer mir noch zwölf andere Kinder im Alter von drei bis siebzehn Jahren. Mit meinen sechzehn Jahren gehöre ich also zu den Großen. Und genau das ist der Grund, warum ich jetzt ein Praktikum in diesem Zoo machen darf.

Zu den Grundsätzen unserer "Ältesten" gehört nämlich, dass niemand in der Kommune leben darf, der das normale Leben nicht kennengelernt hat. Viele von den Jugendlichen aus unserer Kommune gingen und kamen nicht wieder. Andere kamen wieder und erzählten schaurige Geschichten. Vermutlich durfte ich deshalb noch weniger, als die Anderen. Aber gegen das Praktikum konnten sie nichts sagen, da es schließlich zu meiner Ausbildung gehört. Jule, Sean und ich haben das zusammen ausgeheckt. Da wir die Ältesten von den Kindern sind, hängen wir ständig zusammen. Sean ist schon siebzehn und muss sich bald entscheiden, ob er bleibt oder uns verlässt. Jule und ich haben noch fast zwei Jahre, da wir beide erst vor kurzem sechzehn geworden sind. Im Geheimen planen wir aber, in eine eigene Bude zu ziehen. Wir drei in einer WG. Das wäre der Hit!

So, nachdem Pam, die Tierpflegerin, mit ihrer Standpauke fertig ist, können wir jetzt weiter gehen. Nach den Nilpferden sind die Wölfe mit der Fütterung dran. Wir stellen also den leeren Eimer zurück auf die Ladefläche des Elektroautos und fahren langsam durch den Zoo. Das fühlt sich toll an, in der Zoouniform in dem Auto durch den Zoo zu fahren. Da komme ich mir doch gleich viel wichtiger vor, als sonst. Bei den Wölfen angekommen sagt Pam: "Du kannst mir den Eimer mit dem Fleisch geben. Zu den Wölfen kannst du aber nicht mit reinkommen. Die sind noch ganz wild und auch scheu und kennen nicht viele Menschen. Du kannst hier an der Türe auf mich warten." Sie nimmt den Eimer entgegen und geht zu den Wölfen hinein. Die Wölfe sehen toll aus, wie sie einer nach dem anderen langsam auf Pam zugehen. Ich fand Wölfe schon immer schön, viel schöner als ihre zahmen Verwandten. Und auch edler. Denn mal im Ernst, kannst du dir vorstellen, dass ein Wolf sich dazu herab lässt, mit dem Schwanz zu wedeln und Männchen zu machen ... Äh, Moment mal. Was ist jetzt hier los? Der Wolf sieht mich an und läuft an Pam vorbei, ... die anderen auch. Sie kommen zu mir und - das glaube ich jetzt echt nicht - wedeln mit den Schwänzen. Wenn ich im Moment genau so wie Pam aussehe, dann sehe ich echt krass aus. Pams Kinnlade hängt so weit runter, wie sich meine anfühlt. Die Wölfe benehmen sich wie Welpen. Jetzt legen sich sogar zwei auf den Rücken, damit ich ihre Bäuche kraulen kann. Okay, das hier muss so eine Art "Verstehen Sie Spaß?" sein. Anton, einer von den zurück gekehrten Jugendlichen, hat uns davon erzählt. Aber wenn ich mir Pams Gesicht ansehe, dann wohl doch eher nicht.

"Was hast du gemacht?" fragt sie mich. "Nichts" beteure ich, "vielleicht liegt es an meinem Shampoo, das hat meine Mutter selbst gemacht?" "Was auch immer es ist, morgen hast du nichts davon darauf!" Sie überlegt einen Moment und schickt mich dann nach Hause. Schade eigentlich, es würde mich ja fast mal interessieren, wie weit sich die Wölfe noch an ihre Verwandten annähern. Ich drehe mich noch einmal zu den Wölfen um und sehe ernsthaft einen, der Männchen macht. Okay, das ist jetzt auch für mich zu viel. Ich kichere noch, bis ich den Ausgang des Zoos erreicht habe. Was mache ich jetzt? Zu Hause werde ich erst in zwei Stunden erwartet. Ob ich die unerwartete Freiheit ausnutzen soll?

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So, dies ist zwar nicht die erste Geschichte, die ich schreibe, aber die erste hier. Hoffentlich habt ihr beim Lesen so viel Spaß, wie ich beim Schreiben. Und natürlich freue ich mich über Kommentare, wer nicht?

Die Geschichte habe ich mir ausgedacht, daher liegen natürlich alle Rechte bei mir. Sollte es jemanden geben, der sich etwas ähnliches ausgedacht hat, dann sagt mir gerne Bescheid - die Geschichte würde ich auch gerne einmal lesen.

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