Schweigend machen wir uns ans Essen. Es schmeckt wirklich köstlich und ich bin dankbar für Jannis Gabe. "Darf ich fragen, wo du die letzten Jahre warst? Oder sollte ich das besser nicht wissen? Wieso benutzt ihr alle diese merkwürdigen Ausdrücke? Und was um alles in der Welt ist ein Vorkoster?" Bei der letzten Frage von Jannis müssen wir alle wieder los lachen und die seltsame Stimmung ist vorbei. Zurück bleiben ums Lagerfeuer vier Freunde, die zusammen einen Ausflug machen.
Morgens erwachen wir mit erstaunlich guter Laune. Ich quäle mir direkt ein paar Maulbeeren rein, damit ich klar bleibe. Ich habe festgestellt, dass die Federn hell und fast durchsichtig sind, wenn ich genug Maulbeeren gegessen habe und sehr dunkel, wenn ich dringend welche essen muss. Deshalb schaue ich sicherheitshalber immer wieder mal zu den Federn hin. Ausserdem weiß ich auf diese Art auch, in welcher Richtung der Fiesling ist, der mir das angetan hat. Je weiter wir uns vom Palast entfernen, um so öfter muss ich von den Maulbeeren essen, ich vermute also mal, dass wir schon eine gute Strecke zwischen uns und diesen ... (nein, ich bin zu gut erzogen, um die Ausdrücke zu benutzen, die mir gerade im Kopf umher gehen) gebracht haben. Genau genommen könnte man mich zur Zeit als Kompass benutzen. "Jannis?", frage ich, "der Palast, liegt der in dieser Richtung?" Dabei zeige ich mit dem Finger in die Richtung, in der ich den Palast vermute. Jannis überlegt kurz, dann bestätigt er meine Vermutung. Jule holt eine unserer Karten heraus und fragt Jannis: "Wo genau befinden wir uns jetzt?" Staunend betrachtet er die Karte. "Ihr seid voller Überraschungen, die einzige Karte, die ich je gesehen habe, war die im Palast. Habt ihr sie dort ent... nein," unterbricht er sich selber "die sah anders aus, farbiger und auch viel größer." Fast andächtig nimmt er das Blatt Papier in die Hand. Er dreht es vorsichtig um und entdeckt die Karte vom Palast. "Der schnellste Weg in die Küche" grinst Sean. "Ich frage besser gar nicht erst, wie ihr da heran gekommen seid!" " Gute Idee!"
Wir haben noch acht Tage bis zum Vollmond. Jannis Gabe erweist sich auf unserer Reise als wahrer Segen. Nach zwei weiteren Tagen befinden wir uns in der gesuchten Region. Auf einem kleinen Markt besorgen wir uns neue Maulbeeren und anderes getrocknetes Obst, um nicht aufzufallen. Wir betreten ein Gasthaus, um dort Mittagessen zu bekommen und den neusten Klatsch zu hören. Und wirklich, wir haben Glück. "Hast du schon gesehen, in der alten Einsiedlerklause ist wieder jemand drinnen." "Eine alte Frau, hab ich gehört" "Die hat ein Schweigegelübte abgelegt. Meine Elli war dort und hat ihr was zu essen gebracht. Die Alte hat ihr schweigend einen kleinen Beutel mit Kräutern gegeben. Elli hat sie gefragt, was sie damit machen soll. Doch die Alte hat nicht geantwortet, sondern nur gezeigt, dass Elli trinken soll." "Das hat deine Frau doch nicht getan, oder?" "Doch, und der schlimme Husten, der Elli nachts immer wach hielt, ist weg!" "Aber dann ist das nicht nur irgendeine alte Frau, sondern eine vom alten Orden!" "Möge das Glück uns noch lange hold sein!" Die beiden Männer zahlen ihre Zeche und verlassen das Gasthaus. Wir bleiben zurück und ich sehe, dass wir alle das gleiche denken. "Jetzt müssen wir nur noch herausfinden, wo die Einsiedlerklause ist." "Sie muss in der Nähe des Dorfes liegen, da diese Elli vermutlich genauso alt, wie ihr Mann ist und sie offenbar krank ist." "Nach dem Essen gehen wir noch mal auf den Markt. Jetzt wissen wir ja, worauf wir achten müssen." Plötzlich habe ich eine Idee. "Jannis, was weißt du über den alten Orden?" Er hat keine Ahnung, worauf ich hinaus will, aber in Jules und Seans Augen sehe ich Verstehen. Trotzdem beginnt er zu erzählen: Der alte Orden bestand aus Frauen, die abseits in den Einsiedlerklausen wohnten. Sie halfen den Dörflern, die zu ihnen kamen mit Rat und Tat. Sie waren oft auf Wanderschaft, so dass die Klausen oft tagelang leer standen. Dann blieben die Klausen immer länger leer und eines Tages kam keine der alten Frauen mehr. Woher sie kamen und wohin sie gingen ist unbekannt."
Je länger Jannis erzählt, um so aufgeregter werde ich. Meine Fantasie, oder besser gesagt meine Gabe hat mir genug verraten. "Nicht hier" hauche ich leise. Und wo ich schon gerade mal gute Ideen habe, habe ich gleich noch eine weitere. Ich stehe auf und gehe zur Theke. "Meine Geschwister und ich pilgern durchs ganze Land. Wir besuchen alle Einsiedlerklausen. Unser Vater ist krank und wir hoffen auf Heilung. Gibt es hier eine, die wir besuchen können?" Der Wirt schaut zu den anderen herüber, was ich auch mache. Zum Glück ähneln wir uns alle, besonders aber auch in der Kleidung. Der Reisekleidung sieht man an, das wir schon länger unterwegs sind. Wir könnten tatsächlich Geschwister sein. Das sieht der Wirt wohl auch so und das Misstrauen aus seinen Augen verschwindet. "Das tut mir leid für euch und euren Vater. Und ihr habt Glück, wir haben hier eine Klause und ich hörte, das sie zur Zeit bewohnt ist." Er erklärt mir den Weg und froh gehe ich zu den anderen zurück. Und da ich meine Lektion mit lauschenden Mitmenschen gelernt habe, sage ich zu den anderen: "Wir haben Glück. Hier gibt es eine Klause, die sogar bewohnt ist. Unsere Wallfahrt steht unter einem guten Stern. Vielleicht geht es unserem Vater bald wieder gut!" Jannis sieht etwas verwirrt aus, aber Sean und Jule schalten schneller. "Das ist gut, Schwesterchen!" sagt Sean. Und Jule ergänzt: "Dann können wir bald zu Mutter nach Hause." Inzwischen hat Jannis sein Gesicht wieder unter Kontrolle. Da ihm aber offenbar nichts vernünftiges einfällt, drückt er einfach meinen Arm.Wir zahlen und verlassen das Gasthaus.
Wir führen unsere Pferde aus dem Dorf hinaus. Als ich sicher bin, dass niemand mehr in unserer Nähe ist, beginne ich zu erzählen. "Sie waren Hexen. Sie hatten alle die gleichen Haare, wie die Hexe, die wir suchen. Zum Vollmond hin wechselten sie die Welten, deshalb kam es den Leuten so vor, als würden sie von einer Klause zur nächsten ziehen. Manche kamen wieder, andere nicht. Immer trugen sie einen Schein, der sie aussehen ließ, wie alte Frauen von hier. Doch es waren meist junge Frauen - zumindest sahen sie so aus."
Wir waren wieder auf unsere Pferde gestiegen und ritten den kurzen Weg zur Hütte in aller Ruhe. Ich zögere kurz, als wir ankommen. Mir ist bewusst, dass wir keine Pläne gemacht haben, wie wir sie um Hilfe bitten wollen. Unsere Planungen gingen stets nur um das Finden der Hexe. Egal, für solcherlei Gedanken ist es jetzt zu spät. Ich steige von meinem Pferd und gebe Sean meine Zügel in die Hand. "Wartet hier!" bitte ich leise. Wir können vor der Hütte eine alte Frau sehen, doch je näher ich komme, desto besser kann ich ihr wahres Gesicht sehen. Sie ist es! Noch immer überlege ich, was ich ihr sagen kann. Ich bin noch ohne Ideen, als ich genau vor ihr stehenbleibe. Egal, dann muss ich eben quasi mit der Tür ins Haus fallen. Da ich keine Ahnung von ihren Fähigkeiten habe, scheint mit die Wahrheit die beste Methode zu sein. "Ich bin Prinzessin Dariana von Aruvel und ich brauche deine Hilfe" Kurz und knapp. Jetzt warte ich auf ihre Reaktion, doch mit der, die dann kommt, habe ich nicht gerechnet. Mit einer rauhen Stimme, der man anhört, das sie lange nicht genutzt wurde, sagt sie: "Eigentlich bist du Königin Dariana, genannt Angi. Ich habe auf dich gewartet!"
DU LIEST GERADE
Zweistein
Ngẫu nhiênAngi glaubt zu träumen - wo auch immer sie hin kommt, benehmen sich Tiere plötzlich außerhalb der Norm. Dummerweise hat sie ausgerechnet jetzt mit dem Ferienjob im Zoo begonnen. Und als ihr dann noch ein kleiner Hund einen seltsamen Stein überreicht...