Kapitel 7

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Lukas Pov.

Ich saß total verkrampft auf meiner Matratze neben Willi und Markus, die sich mit großen Augen umsahen. Mir war eiskalt. Die Schreie der beiden Amokläufer wurden immer leiser. ,, Ich glaube, die sind heiser.," flüsterte Markus und ich musste grinsen. ,, Wäre schön. Dann könnten wir nämlich endlich schlafen.," murrte Timo. Ich hatte mich immer noch nicht an seine Nähe gewöhnt, obwohl wir letztes Jahr noch zusammen in einer Klasse waren. Ich legte mich leise hin und lauschte auf den Atemrythmus meiner Freunde. Dann schlief ich ein. Ich erwachte in der dunklen Pausenhalle. Scheiße! Wie bin ich hierhergekommen? Ich bekam Panik und suchte nach meinen Klassenkameraden. Ich war so durcheinander, dass ich die Namen rief, die mir gerade einfielen. ,, Jenny! Willi! Raffael! Wo seid ihr?" Keine Antwort. Ein Schuss ertönte und ich hörte einen markerschütternden Schrei. ,, Mila?," rief ich panisch und raste den dunklen Flur entlang. Ich rutschte auf einer Flüssigkeit aus und fiel auf die Schnauze. Blut! Ich zitterte, stand auf und lief weiter. Vor mir lag ein bewegungsloser Körper. ,, Raffael!," rief ich aus und kauerte mich neben ihn. Seine blauen Augen waren leer. Er atmete auch nicht mehr und er hatte keinen Puls. Er war tot. Dahinter lag die zitternde Gestalt von Jenny. Ihre Gliedmaßen zuckten mehrfach. Ich stürzte zu ihr und packte ihre Hand. Sie hob zitternd den Kopf und sah mich verschleiert an. Tränen nässten ihre Wange und sie glitzerten im schwachen Mondlicht. Blut lief aus ihrem Mund und eine Wunde in der Brust zeigte, wo die Kugel sie erwischt hatte. ,, Lukas...," hauchte sie, dann kippte ihr Kopf auf den Boden. Sie zuckte noch einmal, dann war sie still. Ich spürte, wie Tränen in mir aufstiegen und ich drängte sie mühsam zurück. Ein Schuss ertönte und ich ging schreiend vor Schmerz zu Boden. Meine Brust brannte. Im nächsten Moment schob sich eine schwarze Wand vor meine Augen. Keuchend schlug ich die Augen auf. Ich befand mich lebendig im Klassenraum. Willi saß mit zusammengekniffenen Augen neben mir. Jenny lag schlafend auf ihrer Matratze. Sie lebte! Auch Raffael atmete. Es war nur ein Traum. Ich legte mich wieder hin und schlief erneut ein.
Am nächsten Morgen tat mir alles weh. Auch meine Brust schmerzte, wo man mich im Traum getroffen hatte. Der Schmerz war zu realistisch. Ich hielt mir den Kopf. Alles drehte sich um mich. Willi saß bei Bastian und unterhielt sich mit ihm. Die anderen schliefen noch. Nur Jenny war wach und las in ihrem Buch weiter. Ich seufzte und wagte es, einen Blick nach draußen zu werfen. Sofort zog ich den Kopf wieder ein. Ich stolperte zu Willi und Bastian. ,, Da draußen sind mehr als zwanzig Amokläufer.," krächzte ich. Willi riss entsetzt die Augen auf und Bastian klappte der Unterkiefer nach unten. ,, Scheiße.," fluchte Willi schließlich, allerdings eine Spur zu laut. Ich drückte ihn und Bastian auf den Boden und wartete auf einen Schuss. Doch es kam nichts. ,, Bist du bescheuert, oder was?," zischte ich und Willi funkelte mich an. Bastian keuchte, was hieß, ich sollte ihn loslassen. Das tat ich auch und setzte mich auf meine Matratze. Panik stieg in mir auf wie Kotze. Jenny sah von ihrem Buch auf. Sie war kreidebleich. Mila, die neben ihr lag, stöhnte schmerzhaft. Jenny legte ihr Buch zur Seite und beugte sich über ihre Freundin. ,, Was ist mit ihr?," fragte ich leise. Jenny sah auf. ,, Ihr ist kotzübel.," antwortete sie. Mila krümmte sich vor Schmerz. ,, Hast du deine Tage?," fragte ich vorsichtig und Mila schüttelte den Kopf. Jenny tastete ihren ganzen Bauch ab, bis Mila das Gesicht verzog. ,, Sie hat Magenschmerzen. Ich glaube, sie bekommt die Grippe.," sagte Jenny. Ihr silberblauer Blick war verzweifelt. ,, Mir ist nur ein bisschen übel.," zickte Mila los, brach aber sofort ab, weil sie würgen musste. Jenny sprang auf und raste zur Tür. Der Polizist stürzte hinein und übergab Mila eine Schüssel, wo sie reinkotzte. Dann lag sie zitternd da. ,, Ich nehme sie mit ins Krankenzimmer.," sagte der Polizist und half Mila auf. Die beiden verließen ohne ein weiteres Wort den Raum und ich saß wie blöd da. Raffael blinzelte und gähnte. ,, Morgen.," murmelte er. ,, Wo ist Mila?" ,, Krankenzimmer.," sagte ich. Raffael nickte. Ich seufzte. ,, Auf dem Schulhof sind mehr als zwanzig Amokläufer.," sagte ich und Raffael verkrampfte sich. ,, Oh mein Gott.," flüsterte er und weckte leise die anderen. Nachdem die Nachricht verbreitet wurde, waren alle still. Louisa war Leichenblass. Elise weinte leise und Jan lief auf und ab. ,, Wir sind sowas von am Arsch.," brach Branko das Schweigen. Ich musste dem zustimmen. ,, Wir sind alle tot.," flüsterte Lea. ,, Jetzt kommt wieder runter. Solange wir im Klassenzimmer sind, kann uns nichts passieren.," fluchte Jenny. Nun war es still. Totenstill. Ich schluckte und hörte mein eigenes Herz klopfen. Mehrere meiner Klassenkameraden sahen sich panisch um oder wippten vor und zurück. Ich selbst hatte total Schiss, aber ich hatte meine Panik unter Kontrolle. Jan blieb stehen. ,, Mir reichts." Er öffnete die Tür und erstarrte. ,, Der Polizist ist weg.," sagte er. Alle erstarrten und die Mädchen unterdrückten das Schreien nur mühsam. Jenny war kreidebleich und presste sich an Raffael. Ich fing an zu zittern. ,, Bastian, sag Herr Raima Bescheid.," zischte ich. Bastian lief zum Funkgerät. ,, Es geht nicht. Die Batterien sind leer.," keuchte er verzweifelt. Jan zitterte nun auch. ,, Ich gehe ihn holen." Alle schnappten nach Luft. Bevor jemand ihn aufhalten konnte, war er auch schon losgerannt. Ich raste zur Tür und machte sie zu. Panische Stille herrschte im Klassenraum. Ein wütender Schrei von draußen zerriss die Stille. ,, Da ist ein Kind in der Schule! Wenn dort eines ist, sind die anderen dort auch! Jetzt geht es los!" Ich erstarrte und im nächsten Moment schrien alle auf. Auch in den Nebenklassen wurde es laut. ,, Wir sind dran!," schrie Liane. Ab da, lief alles schief...

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