Kapitel 11

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Jenny Pov.

Ich sah mich panisch nach Anton um. Doch ich konnte ihn nicht finden. Mein Herz pochte so laut, dass ich glaubte, es würde von den Schulwänden wiederhallen. Ich keuchte schwer. Es herrschte eine eisige Stille. Ich schlich durch den Flur und hoffte, niemand würde mich finden. Dann ertönte ein Schuss und ich rannte los. Auf der Treppe stolperte ich und rannte in einen Amokläufer hinein. Ich fiel zu Boden, schlug mit dem Kopf auf der Treppe auf und blieb schreiend liegen. Der Mann richtete seine Pistole auf mich. Ich schrie noch lauter und presste meine Hand auf meine blutende Schläfe. ,, Lass sie in Ruhe, du Arsch!," brüllte jemand. Dann sah ich, wie der Amokläufer umgestoßen wurde. Ich hob zitternd den Kopf und erkannte Lukas. ,, Danke.," krächzte ich und stand taumelnd auf. Lukas sah mich lange an. Dann riss er sich Stoff von seinem T-shirt und band es um meinen Kopf. Sein Sixpack drückte gegen meinen Bauch und ich seufzte kurz. ,, Komm mit.," sagte er schließlich. Ich nickte, hob die Pistole auf, steckte die Munition ein und rannte ihm, so gut es mit meinem verletzten Bein ging, hinterher. Er blieb die ganze Zeit dicht neben mir. Inzwischen wurde es schon dunkel und der Mond schien durch die Fenster. Ich entdeckte Tinas und Michis Leichen, die immer noch da lagen, wo wir sie zurückgelassen hatten. ,, Amokläufer!," flüsterte Lukas und hockte sich hin. Ich tat es ihm gleich. Schritte kamen auf uns zu und Lukas drückte mich in seinen Schoß. Mein Herz klopfte wild und ich hatte heftige Angst. Von Angst konnte man eigentlich gar nicht mehr sprechen, es war nahezu schon tödlich! Ich blieb ganz ruhig, bis die Schritte verklungen waren. Dann ließ Lukas mich los und ich atmete aus. ,, Das war knapp.," flüsterte ich und Lukas nickte. Dann stand er auf und lief zu einem bewegungslosen Körper. Ich rannte ihm nach kurzem Zögern hinterher. Als ich bei ihm war, erkannte ich den Körper zuerst nicht. Dann schnappte ich entsetzt nach Luft. Es war Maxi! Sein Kopf war fast überall mit Blut bedeckt. Ich presste meine Hände auf seine Brust. Er atmete! ,, Maxi?," flüsterte Lukas. Maxi schlug leise stöhnend seine Augen auf und sah zuerst mich und dann Lukas an. ,, Bin ich tot?," fragte er und ich konnte mir ein Schmunzeln nicht verkneifen. ,, Nein.," sagte Lukas und half ihm auf. ,, Warum sehe ich dann hinter euch ein weißes Licht?," fragte Maxi. Ich sah ihn verdutzt an und drehte mich um. Sofort wurde ich geblendet und schrie auf. ,, Die wollen uns blind machen, damit sie uns umbringen können! Lauft!" Lukas und ich stützten Maxi und rannten los. Hinter uns fielen mehrere Schüsse, aber keiner traf uns. Wir steuerten auf das Krankenzimmer zu und rissen die Tür auf. Ein Polizist lag tot am Boden. Nach einiger Zeit sah ich auch Mila und Toni auf dem Boden liegen. Beide bluteten stark, schienen aber noch zu atmen. Ich und Lukas legten Maxi auf einer der Liegen ab und halfen ihm. Danach half ich Mila auf. Sie sah mich verschleiert an. Ihr Gesicht war mit mehreren Wunden geziert und mir wurde schlecht. ,, Was ist passiert?," fragte ich. Mila blinzelte sich Blut aus den Augen. ,, Drei Amokläufer haben die Tür aufgebrochen und unseren Wachmann getötet. Dann haben sie uns mit Messern bearbeitet. Maxi hat versucht, uns zu beschützen, wurde aber nach draußen gerissen und ebenfalls verletzt." Ihre Stimme klang leiser als sonst. ,, Wir bringen euch ins Lehrerzimmer.," sagte Lukas und schob Toni auf die Beine, der sich den Arm festhielt. Maxi und Mila stützten sich gegenseitig. Ich und Lukas brachten sie schnell ins Lehrerzimmer. Mindestens acht Lehrer lagen tot am Boden, darunter auch unsere Klassenlehrer. Frau Nikse rannte auf uns zu. ,, Sucht eure Klasse. Die verletzten bleiben hier.," sagte sie und schickte mich und Lukas auf den Flur. Ungläubig starrte ich auf die zufallende Tür. ,, Geht's noch?," zischte ich. Lukas seufzte. ,, Komm." Ich folgte ihm in den ersten Turm und hielt die Pistole fest in der Hand. Bei jedem Schritt fürchtete ich, es würde mein letzter sein. Lukas schien das gleiche zu denken. Wir bewegten uns durch die dunklen Gänge und zuckten bei jedem Geräusch zusammen. Schließlich fanden wir Raffael und Tilo. ,, Jungs! Seid ihr okay?," rief ich und fiel zuerst Tilo um den Hals. Raffael drückte mich fest an sich. Ich nahm seinen Duft in mir auf und löste mich von ihm. ,, Seid ihr verletzt?," fragte ich. Ich entdeckte eine riesige Wunde auf Tilos Schulter und sah ihn besorgt an. ,, Das ist nichts.," sagte dieser schnell. ,, Was hast du denn gemacht?," fragte Raffael mich entsetzt. Ich schielte nach oben. ,, Ach das. Ich bin auf der Treppe aufgeschlagen." Raffael nickte. Ein schmerzerfülltes Stöhnen ertönte hinter mir und ich wirbelte herum. Dabei stieß ich einen Schrei aus. Eine schwer verletzte Lea stand hinter mir. Eine dünne Blutspur zog sich hinter ihr her. Dann brach sie zusammen. Ihre blutverschmierten Haare klebten zusammen, wie Kleber und Papier. Ihr Atem wurde immer langsamer und schließlich stoppte er ganz. ,, Nicht auch noch du.," flüsterte ich und brach in Tränen aus. Im nächsten Moment sah ich die Jungs entschlossen an. ,, Wir haben jetzt schon vier Tage durchgehalten. Ich werde nicht zulassen, dass das unser letzter sein wird."

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