Der Geruch von Blut

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Nach dem Gespräch mit Bella ging ich zur nächsten Unterrichtsstunde. Als ich den Raum betrat, hatte der Unterricht erst begonnen. Der Lehrer beachtete mich nicht und sagte auch nichts.
Ich setzte mich auf meinen Platz und konzentrierte mich auf die Gedanken von anderen, die sich mit Bella unterhielten oder sie anschauten. Sie hatte Englisch bei Mr Mason und sie kam auch zu spät zum Unterricht. Ich kann mich einfach nicht satt sehen.
Es war Mittag und ich hatte vor der Schule bereits meinen Geschwistern gesagt, dass ich heute nicht mit ihnen am Tisch sitzen werde.

Ich setzte mich an einen leeren Tisch und wartete auf Bella.
Sie betrat kurz darauf mit Jessica die Cafeteria und schaute zu dem Tisch wo ich normalerweise sitze mit meinen Geschwistern. Sie sah enttäuscht aus als sie dorthin schaute.
Sie kaufte sich nur eine Flasche Limonade und wirkte niedergeschlagen. Ich würde zu gerne wissen was in ihrem Kopf vor geht.
>>Edward Cullen guckt dich schon wieder an<< sagte Jessica zu Bella. >>Komisch, dass er heute alleine sitzt.<<
Ihr Kopf schoss hoch. Sie folgte ihrem Blick und sah mich an einem leeren Tisch sitzen. Ich konnte mir mein verschmitztes grinsen nicht verkneifen und als unsere Blicke sich trafen, hob ich eine Hand und winkte sie zu mir. Sie starrte mich Ungläubig an, da zwinkerte ich ihr zu.
>>Meint er dich?<< fragte Jessica so ungläubig.
>>Vielleicht hat er eine Frage zu den Biohausaufgaben<< murmelte sie. >>Äh, ich geh mal nachsehen, was er will.<<

Sie blieb unsicher vor dem leeren Stuhl stehen.
>>Hast du Lust, mir Gesellschaft zu leisten?<< fragte ich und lächelte.
Sie setzte sich und betrachtete mich misstrauisch.
Ich konnte nicht anders als lächeln, sie weiß ja gar nicht wie glücklich ich bin. Ich wartete bis sie etwas sagte.
>>Das ist - ich weiß nicht - ich bin überrascht<< bekam sie schließlich über ihre perfekten blass rosanen Lippen.
>>Na ja<< ich zögerte und sagte ihr dann wie ich wirklich denke >>Ich hab mir gedacht, wenn ich schon in die Hölle komme, dann wenigstens nicht ohne Grund.<<
>>Ich hab keine Ahnung, was du damit meinst<< sagte sie nach kurzer Zeit.
>>Ich weiß<< sagte ich grinsend.
>>Ich glaube, deine Freunde sind sauer, dass ich dich entführt hab.<<
>>Sie werden's überleben.<<
>>Was, wenn ich dich nicht mehr zurückbringe?<< fragte ich.
Sie schluckte.
Ich lachte auf. >>Du siehst besorgt aus.<<
>>Besorgt nun nicht gerade<< brachte sie hervor >>Eher überrascht ... << und ihr zartes Stimmchen versagte.
>>Ich sagte doch - ich bin es leid, mich von dir fernzuhalten. Also hab ich es aufgegeben.<<
>>Aufgegeben?<< wiederholte sie verwirrt.
>>Ja - aufgegeben, gut zu sein. Ab jetzt mache ich nur noch, was ich will und lass den Dingen ihren Lauf.<< erklärte ich.
>>Ich kann dir schon wieder nicht folgen<< gestand sie.
>>Ich verrate immer zu viel, wenn ich mit dir rede - das ist schon mal ein Problem.<<
>>Mach dir keine Sorgen, ich verstehe nicht das Geringste<< sagte sie ironisch.
>>Das hoffe ich.<<
>>Also noch mal, so, dass ich es kapiere - sind wir nun Freunde oder nicht?<<
>>Freunde ...<< sinnierte ich skeptisch.
Ich hatte schon viel zu viel zeit damit verschwendet mich von ihr fern zu halten.
>>Oder nicht<< murmelte sie.
Ich grinste. >>Naja, ich würde sagen, wir können es probieren. Aber ich sag dir gleich - ich bin kein guter Freund für dich.<< warnte ich lächelnd.
>>Das sagst du ständig<< warf sie ein.
>>Genau - weil du mir nicht zuhörst. Ich warte immer noch darauf, dass du mir endlich glaubst. Wenn du klug bist, gehst du mir aus dem Weg.<<
>>Damit hätten wir dann auch die Frage meiner Intelligenz geklärt<< sagte sie mit zusammengekniffenen Augen.
Ich lächelte entschuldigend.
>>Das heißt also, falls ich ... nicht klug bin, können wir versuchen, Freunde zu sein?<< fragte sie und versuchte unseren verwirrenden Wortwechsel auf den Punkt zu bringen.
>>So ungefähr.<<
Sie schaute auf ihre Flasche und legte ihren Kopf leicht schief.
>>Was denkst du gerade?<< fragte ich neugierig.
Sie schaute mir in die Augen und würde mein Herz noch schlagen, dann würde es jetzt hämmern.
>>Ich versuche herauszufinden, wer du wirklich bist.<<
>>Und - warst du schon erfolgreich?<<
>>Nicht sehr<< gab sie zu.
Ich unterdrückte ein lachen. >>Aber du hast so deine Theorien?<<
Sie bekam rote Wangen und schaute verlegen wieder auf ihre Flasche.
>>Du willst es mir nicht sagen?<< fragte ich lächelnd und legte meinen Kopf schief.
Sie schüttelte ihren Kopf >>Zu peinlich.<<
>>Das ist wirklich frustrierend, ehrlich<< beklagte ich mich.
>>Ach was<< widersprach sie und schaute mich mit zusammengekniffenen Augen an. >>Was soll daran denn frustrierend sein - nur weil sich jemand weigert, dir zu verraten, was er denkt, obwohl er selbst die ganze Zeit kryptische Andeutungen macht, die offensichtlich zu nichts anderem da sind, als dich die ganze Nacht vom Schlafen abzuhalten, weil du nicht draus schlau wirst? Ehrlich, was soll daran denn frustrierend sein?<<
Ich verzog das Gesicht.
>>Oder<< fuhr sie fort und ließ ihre aufgestaute Wut freien Lauf - >>sagen wir mal, jemand macht ständig die eigenartigsten Sachen, rettet dir zum Beispiel an einem Tag unter unmöglichen Umständen das Leben und behandelt dich am nächsten Tag wie eine Aussätzige, ohne irgendeine Erklärung abzugeben, obwohl er es versprochen hat - das ist auch überhaupt nicht frustrierend.<<
>>Kann es sein, dass du ganz schön sauer bist?<<
>>Ich hab was gegen Doppelmoral.<<
Wir starrten uns an und kurz darauf hörte ich Mikes Gedanken schreien.
Ich schaute an Bella vorbei und konnte mir mein kichern nicht mehr verkneifen.
>>Was?<< fragte sie.
>>Dein Freund denkt anscheinend, ich bin nicht nett zu dir und jetzt überlegt er sich gerade, ob er rüber kommen und unsere Auseinandersetzung beenden soll.<<
>>Ich hab keine Ahnung, wovon du sprichst<< sagte sie frostig. >>Aber ich bin mir sicher, dass es nicht stimmt.<<
>>Es stimmt, verlass dich drauf. Ich hab dir doch gesagt, dass die meisten Leute leicht zu durchschauen sind<<
>>Außer mir natürlich<< warf sie ein und lächelte mich frech an.
>>Genau, außer dir. Ich frag mich, woran das liegt.<<
Ich fixierte sie und sie schaute weg.
>>Hast du keinen Hunger?<< fragte ich.
>>Nein und du?<<
>>Ich? Nein, ich hab keinen Hunger.<< antwortete ich amüsiert.
>>Kannst du mir einen Gefallen tun?<< fragte sie.
>>Das kommt ganz drauf an.<<
>>Es ist nur ein kleiner<< versicherte sie mir.
>>Ich dachte nur ... Vielleicht könntest du mich beim nächsten Mal vorher warnen, wenn du beschließt, mich zu meiner eigenen Sicherheit zu ignorieren? Dann kann ich mich drauf einstellen.<< Sie betrachtete beim sprechen die Limoflasche und ließ ihren kleinen Finger auf dem Rand der Öffnung kreisen.
>>Das kann ich wohl kaum abschlagen.<< sagte ich und kniff meine Lippen zusammen, um nicht lachen zu müssen.
>>Danke.<<
>>Krieg ich im Gegenzug eine Antwort?<< wollte ich wissen.
>>Eine.<<
>>Eine deiner Theorien?<<
>>Nicht das.<<
>>Du hast mir eine Antwort versprochen, von Einschränkungen war keine Rede<< erinnerte ich sie.
>>Und du hast selber Versprechen gebrochen<< erinnerte sie mich.
>>Nur eine Theorie - ich lache auch nicht.<<
>>Klar lachst du.<<
Ich senkte meinen Blick, dann schaute ich zu ihr hoch und lehnte mich zu ihr rüber. >>Bitte<< flüsterte ich.
>>Äh, also, hat dich vielleicht eine radioaktive Spinne gebissen?<<
>>Das ist nicht gerade originell<< spottete ich.
>>Tut mir leid, mehr fällt mir nicht ein<< sagte sie beleidigt mit einem Schmollmund.
>>Das war noch nicht einmal nah dran<< zog ich sie auf.
>>Keine Spinnen?<<
>>Keine Spinnen.<<
>>Und keine Radioaktivität?<<
>>Nein.<<
>>Mist<< sagte sie und seufzte.
>>Kryptonit macht mir auch nichts aus<< sagte ich schmunzelnd.
>>Du wolltest nicht lachen.<<
Ich versuchte mich zu beherrschen.
>>Irgendwann krieg ich es raus<< warnte sie mich.
>>Ich wünschte, du würdest es nicht probieren.<<
>>Weil ...?<< hakte sie nach und zog ungläubig ihre Augenbrauen hoch.
>>Was, wenn ich kein Superheld bin? Was, wenn ich der Böse bin?<< fragte ich und zwang mich zum lächeln.
>>Oh, verstehe<< sagte sie.
>>Ach ja?<< fragte ich und wusste ich habe zu viel gesagt.
>>Du bist gefährlich?<< fragte sie und ich hörte wie ihr Puls raste. >>Aber nicht böse<< flüsterte sie mit ihrer verführerischen zarten Stimme und schüttelte dabei den Kopf. >>Nein, ich glaube nicht, dass du böse bist.<<
>>Du irrst dich<< sagte ich kaum hörbar, senkte meinen Blick, nahm ihr die Verschlusskappe weg und ließ sie seitlich zwischen den Fingern kreiseln.
Unser schweigen hielt an, bis sie aufspringen. >>Wir kommen zu spät.<<
>>Ich gehe heute nicht zu Bio<< sagte ich und ließ die Kappe schneller kreiseln.
>>Warum nicht?<<
>>Es ist gut für die Gesundheit, gelegentlich zu schwänze<< sagte ich lächelnd.
>>Ich gehe jedenfalls hin<< sagte sie.
>>Dann bis später<< gab ich zurück und wendete den Blick wieder zur Kappe.
Es klingelte und sie lief zur Tür.
Nach kurzer Zeit machte ich mich auf den weg zum Auto, setzte mich rein und hörte Musik.
Plötzlich hörte ich Mikes Gedanken.
>>Lässt du mich mal hinsetzen, kurz?<< bat sie ihn.
Er half ihr dabei, sich auf den Boden zu setzen.
>>Und nimm auf keinen Fall deine Hand aus der Tasche<< warnte sie ihn.
Sie sackte zur Seite und legte ihre Wange auf den kalten, feuchten Beton und schloss ihre Augen.
>>Gott, Bella, du bist ganz grün<< sagte Mike nervös.
>>Bella?<< rief ich aus der Entfernung.
>>Was ist passiert - ist sie verletzt?<< fragte ich besorgt.
Mike klang überfordert. >>Ich glaube, sie ist einfach zusammengeklappt. Ich weiß auch nicht, was passiert ist, sie hatte sich noch nicht mal in den Finger gestochen.<<
>>Bella. Hörst du mich?<<
>>Nein, geh weg<< stöhnte sie.
Ich lachte leise.
>>Ich war gerade dabei, sie zur Schwester zu bringen. Aber dann konnte sie nicht mehr weiter laufen<< erklärte Mike.
>>Ich bringe sie hin<< sagte ich schmunzelnd >>Du kannst wieder zurück gehen.<<
>>Nein, ich soll das machen<< protestierte Mike.
Ich hob Bella hoch und trug sie im Arm.
>>Lass mich runter!<<
>>Hey!<< rief Mike, der bereits zehn Schritte hinter uns war.
>>Du siehst furchtbar aus<< sagte ich ihr grinsend und ignorierte Mike.
>>Lass mich runter<< jammerte sie.
Behutsam hielt ich sie von meinem Körper weg, damit sie nicht wieder meine kalte Haut berührt.
>>Du fällst also in Ohnmacht, wenn du Blut siehst?<< fragte ich amüsiert.
Sie antwortete nicht, schloss ihre Augen und presste ihre Lippen zusammen.
Kaum trat ich in das Sekretariat ein, stieß Ms Cope nur >>Ach herrje<< hervor.
>>Sie ist in Bio zusammengeklappt<< erklärte ich kurz.
Bella öffnete wieder ihre Augen.
Mit langen Schritten lief ich am Tresen vorbei zum Krankenzimmer. Ms Cope, die rothaarige Sekretärin, rannte uns voraus um die Tür aufzuhalten. Die großmütterliche Krankenschwester blickte erstaunt von einem Roman auf, als ich Bella ins Zimmer hineintrug und sanft auf dem raschelnden Papier der Krankenliege ablegte. Dann lehnte ich mich an die Wand, so weit weg entfernt von ihr, wie es der Schmale Raum zuließ. Bella lag kreidebleich da und schaute mich an.
>>Ihr ist nur ein bisschen schwarz vor Augen geworden<< sagte ich um die erschrockene Krankenschwester zu beruhigen. >>Sie ermitteln Blutgruppen in Bio.<<
Die Schwester nickte wissend. >>Einen gibt es jedesmal.<<
Ich unterdrückte ein Kichern.
>>Du Ärmste, bleib einfach eine Weile liegen; es wird gleich besser werden.<<
>>Ich weiß<< sagte sie seufzend.
>>Passiert dir das öfter?<< fragte die Schwester.
>>Manchmal<< gab sie zu.
Ich hüstelte, um nicht lachen zu müssen.
>>Du kannst wieder zum Unterricht gehen<< sagte die Schwester zu mir.
>>Ich soll bei ihr bleiben<< sagte ich Autoritär, dass die Schwester nicht weiter nachfragte.
>>Ich geh etwas Eis für deine Stirn holen, Kindchen<< sagte sie zu Bella und eilte geschäftig aus dem Raum.
>>Du hattest Recht<< stöhnte Bella und machte wieder ihre Augen zu.
>>Normalerweise schon - aber womit denn speziell?<<
>>Schwänzen ist tatsächlich gut für die Gesundheit.<<
>>Einen Moment lang hatte ich wirklich Angst<< gestand ich nach ein paar Sekunden Stille. >>Ich dachte, Newton zerrt deine Leiche in den Wald, um sie zu vergraben.<<
>>Haha<< stieß sie hervor mit geschlossen Augen.
>>Ehrlich - ich hab schon Leichen gesehen, die eine gesündere Gesichtsfarbe hatten als du. Ich dachte schon, ich müsste deine Ermordung rächen.<<
>>Armer Mike. Er ist bestimmt sauer.<<
>>Er verabscheut mich zutiefst<< sagte ich fröhlich.
>>Das weißt du doch gar nicht<< widersprach sie.
>>Ich hab sein Gesicht gesehen - das war eindeutig.<<
>>Wie hast du mich überhaupt gesehen? Ich dachte, du schwänzt?<<
>>Ich saß im Auto und habe Musik gehört<< antwortete ich.
Sie schaute mich etwas überrascht an und ich hörte die Krankenschwester. Die Tür ging auf und sie kam mit einer kalten Kompresse in der Hand zu ihr.
>>So, meine Liebe.<< Sie platzierte sie auf ihrer Stirn. >>Du siehst schon besser aus<< fügte sie hinzu.
>>Ich glaube, mir geht's wieder gut<< sagte sie und setzte sich auf.
Die Krankenschwester wollte das Bella sich wieder hinlegt, doch da öffnete sich die Tür und Ms Cope steckte ihren Kopf herein.
>>Da kommt noch einer<< sagte sie.
Bella sprang von der Liege, um Platz für den nächsten Invaliden zu machen und reichte der Schwester die Kompresse. >>Hier, ich brauch sie nicht mehr.<<
Und dann wankte Mike mit dem kreidebleichen Lee Stephens, der auch mit uns Bio hatte, zur Tür herein. Bella und ich drückten uns gegen die Wand, um ihnen Platz zu machen.
>>Oh nein<< murmelte ich. >>Geh raus, Bella.<<
Verwirrt blickte sie zu mir auf.
>>Vertrau mir - los.<<
Bella drehte sich um, fing die Tür ab, bevor sie ins Schloss fallen konnte und stürzte aus dem Krankenzimmer.
>>Du hast tatsächlich auf mich gehört<< sagte ich verblüfft.
>>Ich hab das Blut gerochen<< sagte sie mit gerümpfter Nase.
Lee hatte, anders als Bella, nicht schlappgemacht, weil er fremdes Blut gesehen hatte, sondern sein eigenes.
>>Menschen können kein Blut riechen<< widersprach ich.
>>Ich schon - das ist es ja gerade, was ich nicht vertrage. Es riecht nach rostigem Metall... und Salz.<<
Ich starrte Bella an und dachte über ihre Worte nach.
>>Was ist denn?<< fragte sie.
>>Nichts.<<
Mike kam aus dem Krankenzimmer und schaute von Bella zu mir. Die Art, wie er mich anschaute, bestätigten seine Gedanken. Er verabscheute mich zutiefst. Dann richtete er seine Augen wieder auf Bella.
>>Du siehst besser aus<< sagte er anklagend.
>>Solange du deine Hand nicht aus der Tasche nimmst<< warnte sie ihn.
>>Es blutet nicht mehr<< brummelte er. >>Kommst du wieder mit zurück?<<
>>Soll das ein Witz sein? Da kann ich auch gleich hierbleiben.<<
>>Ja, wahrscheinlich... Also, wie sieht's aus bei dir dieses Wochenende - kommst du mit? Zum Strand?<< Während er sprach, warf er abermals einen wütenden Blick auf mich.
>>Na klar, hab ich doch gesagt<< antwortete Bella viel zu freundlich.
>>Wir treffen uns um zehn am Laden meines Vaters.<<
Sein Blick wanderte noch einmal kurz zu mir, er fragte sich, ob er zu viele Informationen preisgab. Seine Körperhaltung signalisierte nur zu deutlich, dass die Einladung ausschließlich Bella galt.
>>Ich werde da sein<< versprach sie.
>>Dann bis gleich, bei Sport<< sagte er und ging unsicher zur Tür.
>>Bis gleich<< erwiderte Bella und Mike warf Bella einen letzten, leicht schmollenden Blick zu und ging langsam, mit hängenden Schultern nach draußen.
>>Sport<< stöhnte Bella und schaute etwas bedrückt.
>>Ich kann das für dich regeln<< bot ich ihr an und ging auf sie zu. >>Setz dich dorthin und sei blass<< flüsterte ich ihr ins Ohr.
Bella setzte sich auf einen der knarrenden Klappstühle, lehnte ihren Kopf gegen die Wand und schloss ihre Augen.
>>Ms Cope?<<
>>Ja?<<
>>Bella hat in der nächsten Stunde Sport, aber ich glaube nicht, dass es ihr schon wieder so gut geht. Ich denke, es ist das Beste, wenn ich sie nach Hause bringe. Meinen Sie, es wäre möglich, sie vom Unterricht zu entschuldigen?<<
>>Brauchst du auch eine Entschuldigung, Edward?<< säuselte Ms Cope.
>>Nicht nötig, meine nächste Stunde ist bei Mrs Goff, sie hat bestimmt nichts dagegen.<<
>>Okay, ich erledige das und du, Bella erholst dich, ja?<< rief sie Bella zu.
Bella nickte schwach - und mit ein bisschen Theatralik.
Ich nahm die Entschuldigung entgegen und ging zu Bella. >>Kannst du laufen oder soll ich dich wieder tragen?<< fragte ich sarkastisch und konnte mir mein Schmunzeln kaum verkneifen.
>>Ich schaff das schon<< sagte sie beim aufstehen.
Ich hielt für sie die Tür auf und lächelte sie freundlich an.
Bella ging hinaus in den kalten, feinen Regen, der gerade einsetzte. Sie schaute hoch in den grauen Himmel und es schien als würde ihr gefallen was sie sieht.
>>Danke<< sagte sie. >>Wenn man dann keinen Sport treiben muss, lohnt es sich fast, krank zu sein.<<
>>Gern geschehen<< antwortete ich und folgte mit zusammengekniffenen Augen, ihrem Blick ins graue nichts.
>>Kommst du auch mit? Am Samstag, meine ich?<<
>>Wo genau fahrt ihr eigentlich hin?<< fragte ich, obwohl ich es bereits wusste. Mike dachte an nichts anderes.
>>Rüber nach La Push, an den Strand.<<
Ich spürte Bellas Blick auf mir.
Aus den Augenwinkel schaute ich zu ihr herab und lächelte ironisch. >>Ich kann mich gar nicht erinnern, eingeladen worden zu sein.<<
Sie seufzte. >>Doch. Gerade eben. Von mir.<<
>>Ich finde, wir beide haben den armen Mike in dieser Woche schon genug provoziert. Nicht, dass er uns noch durchdreht.<< Kaum hatte ich es ausgesprochen, spielte ich mit dem Gedanken ihn doch weiterhin zu provozieren.
>>Ach was - Mike<< maulte Bella und schmunzelte etwas.
Wie gern ich ihre Gedanken hören würde. Ich kann ihre Gesichtsausdrücke oft nicht einschätzen.
Wir kamen zum Parkplatz. Bella ging nach links, auf ihren Transporter zu, doch ich zog sie an ihrer Jacke zurück. Ich wollte sie auch nicht gehen lassen.
>>Wo willst du denn hin?<< fragte ich entrüstet und hielt mit einer Hand ihre Jacke fest.
Sie schaute mich verwirrt an. >>Nach Hause?<<
>>Hast du nicht gehört? Ich hab versprochen, dich sicher heimzubringen. Meinst du, ich lass dich in diesem Zustand fahren?<<
>>Was denn für ein Zustand? Und was soll mit meinem Transporter passieren?<< fragte sie immer noch verwirrt.
>>Ich sag Alice, dass sie ihn nach der Schule zu dir fahren soll<< sagte ich und zog sie an ihrer Jacke zu meinem Auto.
>>Lass mich los<< verlangte sie, worauf ich jedoch nicht reagierte.
>>Du bist so was von bestimmend!<< grummelte sie.
>>Es ist offen<< sagte ich, ging auf die andere Seite und stieg ein.
>>Ich bin sehr wohl in der Lage, selber nach Hause zu fahren!<< sagte sie wutschnaubend und stand immer noch neben dem Auto.
Es regnete jetzt stärker und sie hatte keine Kapuze aufgesetzt. Ihre Haare waren klitschnass.
Ich ließ das Fenster heruntersurren und lehnte mich zu ihr herüber. >>Steig ein, Bella.<<
Sie gab mir keine Antwort und schaute zu ihrem Transporter.
Auch wenn ich ihre Gedanken nicht hören kann, in diesem Moment wusste ich an was sie dachte. >>Ich hol dich sowieso wieder zurück<< drohte ich.
Sie stieg ein. >>Das ist vollkommen unnötig<< sagte sie steif.
Anstatt zu antworten, machte ich mich an den Armaturen zu schaffen, drehte die Heizung hoch und die Musik leiser.
Die warme Luft verteilte sich im ganzen Auto und mit der Luft nahm ich ihren verlockenden Duft war.
Als ich vom Parkplatz auf die Straße bog, schaute ich zu Bella. Sie schmollte und ich wusste nicht was ich sagen sollte.
Nach kurzer Zeit entspannten sich ihre Gesichtszüge.
>>Claire de lune?<< fragte sie überrascht.
>>Du kennst Debussy?<< fragte ich ebenfalls überrascht.
>>Nicht gut<< gab sie zu. >>Meine Mutter hört viel Klassik zu Hause - ich kenne nur meine Lieblingsstücke.<<
>>Das ist auch eines meiner Lieblingsstücke<< sagte ich und schaute Gedankenverloren in den Regen.
Bella entspannte sich und ließ sich in den Ledersitz sinken.
>>Was ist deine Mutter für ein Mensch?<< fragte ich nach einer kurzen weile und betrachtete sie neugierig.
Sie schaute zu mir rüber und wir schauten uns einen kurzen Augenblick still in die Augen.
>>Sie sieht aus wie ich, nur hübscher<< sagte sie etwas abwesend.
Ich zog unglaubwürdig meine Augenbrauen hoch und ließ sie weiter reden.
>>In mir steckt zu viel von Charlie. Sie ist extrovertierter als ich und mutiger. Sie ist unverantwortlich und ein klein wenig exzentrisch und eine ziemlich unberechenbare Köchin. Sie ist meine beste Freundin.<< Sie hielt inne und schaute traurig.
>>Wie alt bist du, Bella?<< fragte ich um das Thema zu wechseln. Ich konnte es nicht ertragen, sie so traurig zu sehen.
Ich fuhr rechts ran und musterte Bellas Gesicht.
Sie schaute um sich und merkte anscheinend erst jetzt das wir vor ihrem Haus standen.
>>Siebzehn<< sagte sie etwas verwirrt.
>>Du wirkst nicht wie siebzehn.<<
Bella lachte und strich sich die nassen strähnen aus dem Gesicht.
>>Was denn?<< fragte ich neugierig.
>>Meine Mom sagt immer, dass ich mit 35 geboren wurde und seitdem auch nicht jünger geworden bin.<< Sie lachte erneut, dann seufzte sie. >> Naja, einer von uns muss ja erwachsen sein.<< Sie hielt einen Moment lang inne. >> Du wirkst aber auch nicht gerade wie ein typischer Schüler.<<
Ich verzog mein Gesicht und wechselte das Thema.
>>Also - warum hat deine Mutter Phil geheiratet?<<
Sie schaute überrascht >>Meine Mutter ... sie ist sehr jung für ihr Alter. Ich glaube, dass sie sich mit Phil sogar noch jünger fühlt. Auf jeden Fall ist sie verrückt nach ihm.<< Sie schüttelte den Kopf.
>>Und - hat sie deinen Segen?<<
>>Spielt das eine Rolle?<< konterte sie. >>Ich will, dass sie glücklich ist ... und er ist das, was sie will.<<
>>Das ist sehr großzügig ... Ich frag mich ...<< sinnierte ich.
>>Was?<<
>>Ob sie wohl genauso großzügig wäre, wenn es um dich geht? Was meinst du - wäre es ihr egal, wen du dir aussuchst?<< fragte ich eindringlich und suchte ihren Blick.
>>Äh, glaub schon<< stammelte sie. >>Allerdings ist sie meine Mutter - das ist ein bisschen was anderes.<<
>>Aber niemand allzu Beängstigendes, nehme ich an.<<
Sie grinste. >>Was meinst du mit beängstigend? Zwei Dutzend Piercings im Gesicht und Tätowierungen bis zum Kinn?<<
>>Zum Beispiel. Aber nicht nur.<<
>>Was noch?<< fragte sie neugierig.
Doch statt ihre Frage zu beantworten, stellte ich ihr eine Gegenfrage. >>Glaubst du, ich könnte beängstigend sein?<< Ich zog eine Augenbraue hoch und musste über meine eigene Frage lächeln.
Sie überlegte einen Moment >>Hmmm ... ich würde sagen, du könntest beängstigend sein, wenn du es drauf anlegst.<<
>>Und hast du jetzt vor mir Angst?<< fragte ich ernst.
>>Nein<< sagte sie sehr schnell und ich musste wieder lächeln.
>>Erzählst du mir jetzt was über deine Familie?<< fragte sie. >>Das ist sicher sehr viel interessanter als meine Geschichte.<<
>>Was willst du denn wissen?<< fragte ich vorsichtig, nicht das ich wieder zu viel verrate.
>>Die Cullens haben dich adoptiert?<<
>>Ja.<<
Sie zögerte kurz. >>Was ist mit deinen Eltern passiert?<<
>>Sie sind vor vielen Jahren gestorben.<<
>>Das tut mir leid<< murmelte sie.
>>Ich erinnere mich kaum an sie. Carlisle und Esme sind seit langem meine Eltern.<<
>>Und du liebst sie.<<
>>Ja, ich kann mir keine besseren Menschen vorstellen als die zwei.<< sagte ich lächelnd.
>>Du hast großes Glück.<<
>>Ja, ich weiß.<<
>>Und dein Bruder und deine Schwester?<<
Ich warf einen Blick auf die Uhr im Armaturenbrett. >>Mein Bruder und meine Schwester, genauso wie Jasper und Rosalie, werden ziemlich sauer sein, wenn sie im Regen auf mich warten müssen.<<
>>Oh, tut mir leid, du musst los.<<
>>Und du willst wahrscheinlich deinen Transporter hier stehen haben, bevor Chief Swan heimkommt, um nicht in die Verlegenheit zu kommen, ihm von der heutigen Biostunde erzählen zu müssen.<< sagte ich grinsend.
>>Ich bin mir sicher, er weiß längst Bescheid - es gibt keine Geheimnisse in Forks<< sagte sie seufzend.
Ich lachte, doch ich merkte selber wie nervös es klang. >>Viel Spaß am Strand ... prima Wetter zum Sonnen.<< sagte ich und schaute hinaus in den strömenden Regen.
>>Sehen wir uns nicht morgen?<< fragte sie enttäuscht.
>>Nein. Emmett und ich beginnen das Wochenende etwas früher.<<
>>Was habt ihr vor?<<
>>Wir gehen wandern, in den Goat Rocks Wilderness, südlich von Mount Rainier.<<
>>Oh, naja, viel Spaß.<< versuchte sie Begeisterung vorzutäuschen.
Über ihren begeisterten Gesichtsausdruck musste ich schmunzeln.
>>Tust du mir einen Gefallen am Wochenende?<< fragte ich und schaute ihr direkt in ihre braunen und wunderschönen Kulleraugen.
Sie nickte.
>>Sei bitte nicht beleidigt, aber du bist offensichtlich einer dieser Menschen, die Unfälle magisch anziehen. Also ... versuch bitte, nicht in den Ozean zu fallen oder dich von irgendwas überfahren zu lassen, ja?<< Über meine eigenen Worte musste ich lachen.
>>Mal sehen, was sich machen lässt<< fauchte sie, sprang hinaus in den Regen und schlug die Tür hinter sich zu.
Ich fuhr los wieder zurück zur Schule und musste immer noch grinsen. Kaum zu glauben was für eine Wirkung sie als Mensch auf mich hat.

Als ich auf den Schülerparkplatz fuhr, sah ich Rosalies wütende Visage von weiten. Rosalie und Emmett stiegen ein, ich setzte zurück und fuhr vom Parkplatz.
>>Wonach riecht es hier im Auto?<< fragte Rosalie und schob ihre Augenbrauen zusammen.
>>Ich war's nicht<< rief Emmett durchs Auto und lachte.
>>Es riecht nicht nach einem Furz, sondern nach einem Menschen, du Idiot.<< fauchte Rosalie.
Emmett und ich lachten und amüsierten uns weiter auf ihre kosten.
>>Edward, war etwa das blasse Ding im Auto?<< fragte sie weiter neugierig.
>>Das blasse Ding?<< fragte ich und zog die Augenbrauen hoch.
>>Mit der du heute in der Mittagspause zusammen gesessen hast<< sagte sie genervt. >>Du weißt ganz genau wen und was ich meine.<<
>>Wenn du Bella meinst, ja, ich habe sie nach hause gefahren.<<
>>Seit wann gestatten wir Menschen bei uns im Auto zu sitzen oder mitzufahren?<< fragte Rosalie herablässig.
>>Rose, lass das Thema jetzt.<< wandte Emmett schnell ein, bevor ich etwas sagen konnte.
Ich parkte in der Garage. >>Emmett, wann machen wir uns auf den weg?<< fragte ich und ignorierte Rosalies Gedanken.
>>Wie wäre es mit jetzt? Ich hab schon Bärenhunger.<< sagte Emmett grinsend.
>>Viel Spaß<< sagte Rosalie gelangweilt und ging ins Haus.

Edward und BellaWo Geschichten leben. Entdecke jetzt