>>Darf ich dich noch eine Sache fragen?<< bat sie, während ich viel zu schnell beschleunigte und die ruhige Straße entlang raste.
Ich seufzte. >>Eine<<, willigte ich ein und kniff meine Lippen zu einer strengen Linie zusammen.
>>Also ... du hast doch gesagt, dass du wusstest, dass ich den Buchladen nicht betreten habe und stattdessen weiter in südliche Richtung gegangen bin. Kannst du mir sagen, woher?<<
Ich schaute weg und überlegte wie ich es am besten sagen sollte bzw. ob ich es überhaupt sagen sollte.
>>Ich dachte, mit den Ausweichmanövern sei Schluss<<, maulte sie.
Ich verkneifte mir mein lächeln.
>>Na schön, wie du willst. Ich bin deinem Geruch gefolgt. Aber dann hab ich die Spur wieder verloren.<< erklärte ich und schaute auf die Straße, um ihr Zeit zu lassen die neuen Informationen zu verarbeiten.
>>Und dann hast du meine erste Frage noch nicht beantwortet.<<
Ich schaute sie missbilligend an. >>Welche?<< fragte ich.
>>Wie das geht, das Gedankenlesen. Kannst du die Gedanken von jedem lesen, egal wo? Wie machst du das? Und kannst nur du das oder auch die anderen aus deiner Familie?<<
>>Das ist mehr als eine<< stellte ich fest.
Sie verschränkte nur ihre Finger und blickte mich mit ihren wunderschönen braunen Augen erwartungsvoll an.
>>Nein, nur ich. Und ich kann auch nicht jeden hören und überall. Ich muss halbwegs in der Nähe sein. Je vertrauter die ... >Stimme< ist, desto weiter kann ich sie hören. Trotzdem nicht mehr als ein paar Meilen weit.<< sagte ich und dachte nach wie ich es am besten erklären könnte. >>Es ist ein bisschen so, als wäre man in einem riesigen Saal voller Menschen, die alle auf einmal reden. Alles ist ein einziges Summen - ein Hintergrund - rauschen aus Stimmen. Bis man sich auf eine konzentriert, dann tritt sie klar hervor und man hört die Gedanken der Person. Die meiste Zeit Blende ich das alles aus<<, fuhr ich fort. >>Es lenkt ziemlich ab. Und es ist einfacher, normal<< - bei dem Wort runzelte ich die Stirn - >>zu erscheinen, wenn man nicht versehentlich auf die Gedanken von jemanden antwortet anstatt auf seine Worte.<<
>>Was meinst du, warum du mich nicht hören kannst?<< fragte sie neugierig.
Ich schaute sie an und rätselte selbst.
>>Ich weiß es nicht<<, sagte ich leise. >>Ich kann mir nur vorstellen, dass dein Gehirn irgendwie anders arbeitet als die der anderen. Als würden deine Gedanken auf Kurzwelle gesendet, aber ich kann nur UKW empfangen.<< Der Gedanke amüsierte mich und ich grinste.
>>Mein Gehirn funktioniert also nicht richtig, ist es das? Ich bin ein Freak?<< fragte sie und stellte gleichzeitig fest.
Ich musste lachen. >>Ich höre Stimmen und du machst dir Sorgen, ein Freak zu sein! Keine Angst, es ist nur eine Theorie ...<< sagte ich mit verhärteter Miene.
>>Womit wir wieder beim eigentlichen Thema wären.<<
Sie seufzte.
>>Wie war das - Schluss mit den Ausweichmanövern?<< drängte ich sanft.
Sie löste ihren Blick von mir und fiel dabei auf den Tacho.
>>Meine Güte!<<, schrie sie. >>Nicht so schnell!<<
>>Was ist denn?<< fragte ich erschrocken und fuhr im gleichen Tempo weiter.
>>Du fährst hundert Meilen pro Stunde!<< schrie sie immer noch und warf einen panischen Blick aus dem Seitenfenster. Die Straße müsste nur in der langgezogenen Bahn des bläulichen Scheinwerferlicht für Sie sichtbar sein. Es war zu dunkel, um viel zu erkennen. Der Wald, der sie zu beiden Seiten säumten, sah aus wie eine schwarze Wand.
>>Entspann dich, Bella. << sagte ich, verdrehte die Augen und dachte nicht daran, dass Tempo zu drosseln.
>>Willst du uns umbringen?<< fragte sie eindringlich.
>>Es wird uns nichts passieren.<<
>>Warum hast du's denn so eilig?<< fragte sie mit gedämpfter Stimme.
>>Das ist meine normale Geschwindigkeit<<, sagte ich und schaute sie lächelnd an.
>>Guck nach vorn!<< schrie sie.
>>Bella, ich hatte noch nie einen Unfall - ich hab noch nicht einmal einen Strafzettel bekommen.<< sagte ich grinsend und tippte mir an die Stirn. >>Eingebauter Radardetektor.<<
>>Sehr witzig<<, giftete sie. >>Charlie ist Polizist, falls du das vergessen hast. Man hat mir beigebracht, die Verkehrsregeln zu beachten. Und außerdem, wenn du den Volvo um einen Baum wickelst, kannst du wahrscheinlich einfach aussteigen und fortgehen.<<
>>Wahrscheinlich<<, stimmte ich mit einem kurzen, harten Lachen zu. >>Aber du nicht.<< Ich seufzte und ging etwas vom Gas. >>Zufrieden?<<
>>Fast.<<
>>Ich hasse es, langsam zu fahren.<<
>>Das soll langsam sein?<<
>>Das waren jetzt genug Bemerkungen zu meinem Fahrstil. Ich warte immer noch auf deine neueste Theorie.<<
Sie biss sich auf ihre volle Lippe. Eine Sekunde ließ ich meinen Blick auf ihr ruhen.
>>Ich lache nicht<<, versprach ich.
>>Ich hab eher Angst, dass du sauer bist.<<
>>So schlimm?<<
>>Ziemlich.<<
Ich wartete. Sie senkte ihren Blick auf ihre Hände.
>>Na los.<< forderte ich ruhig.
>>Ich weiß nicht, wo ich anfangen soll<< gab sie zu.
>>Am besten am Anfang ... Du hast gesagt, dass du nicht von allein darauf gekommen bist?<<
>>Nein.<<
>>Wie dann? Durch ein Buch? Einen Film?<<
>>Weder noch. Ich war doch Samstag am Strand ...<< fing sie an zu erzählen und schaute mich an.
>>Da hab ich einen alten Freund getroffen - Jacob Black<<, fuhr sie fort. >>Sein Dad und Charlie waren schon befreundet, da war ich noch ein Baby.<<
Immer noch neugierig und etwas ratlos hörte ich zu.
>>Sein Dad ist ein Stammesältester der Quileute.<< erzählte sie und betrachtete mich aufmerksam.
>>Wir sind ein bisschen spazieren gegangen und er hat mir ein paar alte Legenden erzählt. Ich glaube, er wollte mir Angst einjagen. Jedenfalls, eine davon ...<< Sie zögerte.
>>Ja?<<
>>Eine handelte von Vampiren.<< flüsterte sie.
Meine Vermutungen waren richtig. Ich verkrampfte und hielt mich am Lenkrad fest.
>>Und du hast sofort an mich gedacht?<< fragte ich ruhig.
>>Nein. Er ... hat deine Familie erwähnt.<<
Schweigend und starr blickte ich auf die Straße vor uns.
>>Für ihn war das alles nur dummer Aberglaube<< sagte sie schnell. >>Er wäre nie auf die Idee gekommen, dass ich mir irgendwas dabei denken können und ehrlich gesagt war es meine Schuld. Ich hab ihn dazu gebracht, mir die Geschichte zu erzählen.<<
>>Warum?<<
>>Zuerst fragte Lauren, warum du nicht dabei bist, um mich zu provozieren. Daraufhin sagte ein älterer Junge vom Stamm, dass deine Familie nicht ins Reservat kommt, nur dass es klang, als meinte er noch was anderes. Und dann hab ich mir Jacob zur Seite genommen und ihn bearbeitet, bis er es mir verriet.<< Beschämt senkte sie ihren Kopf.
Eigenartigerweise fand ich es lustig und Bella blickte wütend zu mir auf. Ich versuchte mir nichts von alldem anmerken zu lassen.
>>Wie hast du das denn angestellt?<< hakte ich nach.
>>Ich hab versucht zu flirten. Es hat besser funktioniert, als ich dachte.<<
Irgendwie empfand ich Eifersucht als sie davon erzählte.
>>Das hätte ich gern gesehen.<< sagte ich und schmunzelte finster in mich hinein.
>>Aber mir vorwerfen, Leute aus der Fassung zu bringen! Armer Jacob Black.<<
Sie bekam wieder wunderschöne rosa Wangen und schaute in die Nacht hinaus.
>>Und was hast du dann gemacht?<< fragte ich nach einer Weile.
>>Ich hab ein bisschen im Internet recherchiert.<<
>>Und - hat dich das überzeugt?<< fragte ich und merkte diesmal nicht wie ich meinen ganzen Körper anspannte.
>>Nein. Nichts passte. Und das meiste war ziemlich albern. Und dann ...<< sie hielt inne.
>>Und dann was?<<
>>Dann hab ich mir gesagt, dass es egal ist<<, flüsterte sie.
>>Egal?<< fragte ich und mein Tonfall ließ sie aufblicken. Es war der Moment, in dem die sorgsam gepflegte Maske der Gelassenheit von mir abfiel. Ungläubig schaute ich ihr ins Gesicht.
>>Ja<< sagte sie leise mit ihrer weichen Stimme. >>Es ist mir egal, was du bist.<<
>>Es ist dir egal, ob ich ein Monster bin? Ob ich ein Mensch bin oder nicht?<< fragte ich mit einem harten, spöttischen Unterton.
>>Ja.<<
Ich verstummte und blickte wieder starr nach vorne.
>>Jetzt bist du wütend<<, sagte sie seufzend. >>Hätte ich lieber nichts gesagt.<<
>>Nein<<, widersprach ich, doch ich blieb so hart wie meine Miene. >>Mir ist es lieber, wenn ich weiß, was du denkst - selbst wenn es völlig verrückt ist.<<
>>Soll das heißen, ich lieg wieder falsch?<< fragte sie schnippisch.
>>Das meine ich nicht. >Es ist mir egal<!<< zitierte ich sie und biss die Zähne zusammen.
>>Ich hab also Recht?<< Sie hielt den Atem an.
>>Ich denke, es ist egal?<<
Sie holte tief Luft.
>>Ist es auch.<< Sie hielt inne. >>Aber neugierig bin ich trotzdem <<
>>Worauf bist du denn neugierig?<< fragte ich resigniert.
>>Zum Beispiel darauf, wie alt du bist.<<
>>Siebzehn<<, antwortete ich, ohne zu zögern.
>>Und wie lange bist du schon siebzehn?<<
Ich starrte weiter auf die Straße. Meine Lippen zuckten. >>Eine Weile<<, gab ich schließlich zu.
>>Okay.<< Sie lächelte glücklich und ich musterte sie mit einem wachsamen Blick. Sie strahlte mich an und ich weiß nicht einmal warum. Ich runzelte die Stirn.
>>Bitte nicht lachen - aber wie kommt es, dass du tagsüber rausgehen kannst?<< fragte sie.
Ich musste trotzdem lachen. >>Alles Mythos.<<
>>Ihr werdet nicht von der Sonne verbrannt?<<
>>Mythos.<<
>>Ihr schlaft auch nicht in Särgen?<<
>>Mythos.<< Ich zögerte einen Moment. >>Ich kann nicht schlafen.<<
>>Gar nicht?<< fragte sie nach einer Weile.
>>Nie<<, sagte ich mit fast tonloser Stimme. Ihre warmen Schokoladen braunen Augen fixierten meine, ihr Herz fing an zu Rasen und ich löste meinen Blick nur sehr schwer von ihrem.
Sie blinzelte. >>Das wäre?<<
>>Machst du dir keine Gedanken über meine Ernährung?<< fragte ich sarkastisch.
>>Ach so<< murmelte sie. >>Das meinst du.<<
>>Ja, das.<< sagte ich mutlos. >>Willst du nicht wissen, ob ich Blut trinke?<<
Sie schrak etwas zurück. >>Na ja, Jacob hat was dazu gesagt.<<
>>Und was hat Jacob gesagt?<< fragte ich trocken.
>>Er hat gesagt, dass ihr keine ... Menschen jagt. Und dass deine Familie als ungefährlich galt, weil ihr nur Tiere gejagt habt.<<
>>Er hat gesagt, wir sind ungefährlich?<< fragte ich skeptisch.
>>Nicht ganz. Er hat gesagt, dass ihr als ungefährlich galtet, aber dass die Quileute euch trotzdem nicht auf ihrem Land haben wollten, um sicherzugehen.<<
>>Und hat er Recht? Dass ihr keine Menschen jagt?<< fragte sie ruhig.
>>Die Quileute haben ein langes Gedächtnis<<, flüsterte ich.
>>Kein Grund zur Sorglosigkeit<<, warnte ich sie. >>Sie tun recht daran, uns fernzubleiben. Wir sind immer noch gefährlich.<<
>>Das verstehe ich jetzt nicht.<<
>>Wir tun unser Bestes<<, erklärte ich ruhig. >>Und normalerweise sind wir sehr gut in dem, was wir tun. Aber manchmal unterlaufen uns Fehler. Mir zum Beispiel, wenn ich mir gestatte, mit dir allein zu sein.<<
>>Das ist ein Fehler?<< fragte sie traurig.
>>Ein extrem gefährlicher<<, sagte ich leiser.
Dann schwiegen wir beide.
Ich beobachtete Bella, wie sie auf die Straße schaute und sich Traurigkeit in ihrem atemberaubenden Gesicht breit machte.
Ich konnte sie nicht mehr länger so traurig sehen und schaute wieder auf die Straße.
>>Erzähl mir mehr<<, bat sie plötzlich verzweifelt.
Aufgeschreckt vom veränderten Klang ihrer melodischen Stimme, schaute ich sofort zu ihr rüber.
>>Was willst du denn noch wissen?<<
>>Verrat mir, warum du Tiere jagt und keine Menschen<< sagte sie. In ihrer Stimme schwang noch immer die Niedergeschlagenheit mit. Ihre großen wunderschönen braunen Rehaugen waren glasig und es sah aus als würde sie gegen Tränen ankämpfen.
>>Ich möchte kein Monster sein.<< sagte ich leise.
>>Aber Tiere genügen nicht?<<
Ich dachte nach wie ich es am besten erklären könnte. >>Ich bin mir natürlich nicht sicher, aber vielleicht kann man es mit einer Ernährung auf Tofu- und Sojamilchbasis vergleichen. Wir nennen uns Vegetarier - unser kleiner Insiderwitz. Es stillt nicht vollständig den Hunger, oder vielmehr den Durst. Aber es gibt uns genügend Kraft, um widerstehen zu können. Meistens zumindest. Zu manchen Zeiten ist es schwerer als zu anderen. <<
>>Ist es jetzt gerade sehr schwer?<< fragte sie.
Ich seufzte. >>Ja.<<
>>Aber du bist im Augenblick nicht hungrig<< sagte sie voller Überzeugung.
>>Wie kommst du drauf?<<
>>Deine Augen. Ich hab dir doch gesagt, ich hab eine Theorie dazu. Mir ist aufgefallen, dass Leute - speziell Männer - schlechter gelaunt sind, wenn sie Hunger haben.<<
Ich lachte in mich hinein. >>Dir entgeht aber auch gar nichts, oder?<<
Sie erwiderte nichts.
>>Warst du am Wochenende mit Emmett jagen?<< fragte sie, als es wieder still wurde.
>>Ja<< antwortete ich und hielt kurz inne. Gab ich gerade zu viele Informationen Preis? Die Antwort auf diese Frage kannte ich, es war mir egal.
>>Ich wollte nicht weg, aber es war notwendig. Es fällt mir etwas leichter, in deiner Nähe zu sein, wenn ich nicht durstig bin.<<
>>Warum wolltest du nicht weg?<<
>>Es macht mich ... nervös ... nicht in deiner Nähe zu sein.<< sagte ich und schaute sie dabei an.
>>Es war kein Witz, als ich dir am vergangenen Donnerstag sagte, du sollst aufpassen, dass du nicht in den Ozean fällst oder überfahren wirst. Das ganze Wochenende über konnte ich mich auf nichts konzentrieren, so besorgt war ich um dich. Und nach dem, was heute passiert ist, bin ich tatsächlich überrascht, dass du mehrere Tage am Stück unversehrt überstanden hast.<< sagte und schüttelte den Kopf. >>Na ja, nicht ganz unversehrt.<<
>>Wie bitte?<<
>>Deine Hände<< half ich ihr auf die Sprünge.
Sie betrachtete die fast verheilten Abschürfungen auf ihren Handballen.
>>Ich bin hingefallen<< sagte sie seufzend.
>>Das dachte ich mir.<< sagte ich und verkneife mir mein lächeln. >>In deinem Fall würde ich das als glücklichen Umstand bezeichnen - es hätte weit schlimmer kommen können und genau dieser Gedanke hat mir die ganze Zeit keine Ruhe gelassen. Es waren sehr lange drei Tage. Ich bin Emmett fürchterlich auf die nerven gegangen.<< sagte ich mit einem zerknirschten lächeln.
>>Drei Tage? Seid ihr nicht erst heute zurück gekommen?<< fragte sie irritiert.
>>Wir sind am Sonntag zurückgekommen.<<
>>Warum war dann keiner von euch in der Schule?<< fragte sie fast schon wütend.
>>Na ja, du wolltest doch wissen, ob die Sonne mich verletzt - das tut sie nicht, aber ich kann trotzdem nicht, wenn mich jemand sehen kann.<<
>>Warum nicht?<<
>>Ich zeig's dir bei Gelegenheit<< versprach ich ihr.
Sie schaute nachdenklich aus dem Fenster. >>Du hättest mich anrufen können<< sagte sie bestimmt.
Verwundert schaute ich sie an. >>Wieso - ich wusste doch, dass du in Sicherheit bist.<<
>>Aber ich wusste nicht, wo du bist. Ich ...<< zögerte sie und senkte ihren Blick.
>>Was?<< fragte ich sanft.
>>Es war nicht gut. Dich nicht zu sehen. Mich macht das auch nervös.<< gestand sie und bekam süße rosa Wangen.
Ich war sprachlos. Das machte jetzt alles noch schlimmer. Vorsichtig blickte sie zu mir auf.
>>Ah<< stöhnte ich leise. >>Das darf nicht sein.<<
>>Was hab ich denn gesagt?<< sagte sie und schaute mich fragend an.
>>Begreifst du nicht, Bella? Es ist eine Sache, wenn ich mich ins Unglück stürze, aber etwas völlig anderes, wenn du so tief drinsteckst.<< Gequält blickte ich auf die Kegel der Scheinwerfer, meine Worte kamen zu schnell, dass sie mich kaum verstehen könnte. >>Ich will nicht hören, dass du dich so fühlst.<< sagte ich leise, aber eindringlich.
>>Es ist falsch. Es ist nicht sicher. Ich bin gefährlich, Bella - kapier das bitte.<<
>>Nein.<< sagte sie wie ein schmollendes Kind.
>>Ich meine es ernst.<< knurrte ich.
>>Ich meine es auch ernst. Ich hab dir gesagt, es ist mir egal, was du bist. Es ist zu spät.<<
>>Sag das niemals.<< sagte ich leise und schroff.
Sie biss sich auf die Lippen und blickte hinaus auf die Straße.
Es war nicht mehr weit, bis wir bei ihr ankommen. Ich bereute meine Worte und wollte wieder ihre Stimme hören.
>>Was denkst du?<< fragte ich etwas zu grob.
Sie schüttelte nur den Kopf.
Ich ließ meinen Blick auf ihr ruhen und sah wie ihr Tränen über ihre Wangen liefen.
>>Weinst du?<< fragte ich entsetzt.
Schnell wischte sie sich die Tränen fort.
>>Nein<< sagte sie und ihre Stimme brach weg.
Ich streckte meine rechte Hand nach ihr aus, hielt kurz inne und ließ sie wieder auf das Lenkrad sinken.
>>Es tut mir leid.<< sagte ich und merkte wie meine stimme bebte vor Bedauern.
Stumm flog die Dunkelheit an uns vorüber.
>>Ich wollte dich was fragen<<, sagte ich nach einer Weile.
>>Ja?<<
>>Was hast du gedacht vorhin, unmittelbar bevor ich um die Ecke kam? Ich konnte mir keinen Reim auf deinen Gesichtsausdruck machen - du hast nicht ängstlich ausgesehen, eher hochkonzentriert.<<
>>Ich habe versucht mich daran zu erinnern, wie man einen Angreifer unschädlich macht - du weißt schon, Selbstverteidigung. Ich hatte vor, ihm die Nase ins Gehirn zu quetschen. <<
>>Du hattest vor, mit ihnen zu kämpfen?<< fragte ich ungläubig.
>>Und du bist nicht auf die Idee gekommen wegzulaufen?<<
>>Ich Fall ziemlich schnell hin, wenn ich renne<< erwiderte sie.
>>Und was ist mit Schreien?<<
>>Dazu wollte ich gerade kommen.<<
Ich schüttelte den Kopf. >>Du hattest Recht - wenn ich versuche dich zu beschützen, greife ich definitiv ins Schicksal ein.<<
Sie seufzte.
Wir rollten mit etwas gemächlicherem Tempo nach Forks hinein. Die Fahrt hatte nicht einmal zwanzig Minuten gedauert.
>>Sehen wir uns morgen?<< wollte sie wissen.
>>Ja - ich muss auch einen Aufsatz abgeben. Ich halte dir beim Mittagessen einen Platz frei. <<
Wir waren bei ihr am Haus angelangt. Die Lichter brannten, alles hatte seine gewohnte Ordnung. Ich hielt an und wir rührten uns nicht.
>>Versprichst du, morgen zu kommen?<<
>>Ich verspreche es.<<
Sie hielt inne, dann nickte sie und zog meine Jacke aus. Kurz bevor sie meine Jacke auszog, atmete sie tief ein.
>>Behalt sie - du hast doch keine für morgen<< erinnerte ich sie.
Sie reichte sie mir. >>Aber ich hab auch keine Lust, das Charlie zu erklären.<<
>>Oh, verstehe.<< sagte ich und grinste.
Ihre Hand lag schon am Türgriff, doch ich wollte den Augenblick noch verlängern. >>Bella?<< fragte ich zögerlich.
>>Ja?<< drehte sie sich zu mir um und schaute mich erwartungsvoll an.
>>Versprichst du mir auch etwas?<<
>>Ja<< sagte sie bedingungslos zu.
>>Geh nicht alleine in den Wald.<<
Völlig verdutzt schaute sie mich an. >>Warum denn nicht?<<
Ich runzelte die Stirn und starte an Bella vorbei aus dem Fenster.
>>Sagen wir einfach, ich bin nicht immer die größte Gefahr da draußen, okay?<<
>>Wie du willst.<< sagte sie erleichtert.
>>Bis morgen dann<<, sagte ich seufzend.
>>Bis morgen.<< sagte sie und öffnete die Tür.
>>Bella?<<
Sie drehte sich um und ich beugte mich zu ihr herüber. Ihr blasses, wunderschönes Gesicht war nur Zentimeter von meinem entfernt.
Ihr Herzschlag setzte aus.
>>Schlaf gut<<, sagte ich.
Bella erstarrte zu einer Statue und fing an benommen zu blinzeln.
Ich atmete ihren süßen Duft ein und lehnte mich wieder zurück.
Sie stieg wie eine Dame auf etwas wackligen Beinen aus und verkneifte mir mein kichern.
Ich wartete, bis sie zur Haustür gestolpert war, dann ließ ich den leise surrenden Motor an. Sie drehte sich um und sah mir beim wegfahren zu.
Ich hielt zwei Straßen weiter an und hörte über Charlies Gedanken zu.
>>Bella?<< rief er aus dem Wohnzimmer.
Im Fernsehen lief ein Baseballspiel.
>>Ja, Dad, ich bin's.<< sagte sie und ging hinein, um ihn zu begrüßen.
>>Du bist zeitig dran.<<
>>Wirklich?<< sagte sie überrascht.
>>Es ist noch nicht mal acht<<, sagte er. >>Hattet ihr drei einen guten Ausflug?<<
>>Ja, hat Spaß gemacht. Sie haben beide Kleider gefunden.<<
>>Geht's dir gut?<<
>>Ich bin nur Müde. Wir sind viel rumgelaufen.<<
>>Vielleicht solltest du dich hinlegen.<< sagte er besorgt.
>>Ich ruf nur noch schnell Jessica an.<<
>>Seid ihr nicht zusammen gekommen?<< fragte er überrascht.
>>Ja, aber ich hab meine Jacke im Auto liegenlassen. Die soll sie morgen auf jeden Fall mitbringen.<<
>>Na ja, lass sie erst mal nach Hause kommen.<<
>>Stimmt<< sagte sie und ging in die Küche.
Ich fuhr los und wurde immer noch nicht das schlechte Gefühl von vorhin los.
Ich parkte Zuhause und rannte durch die Wälder zu Bella.
In ihrem Zimmer angekommen, setzte ich mich leise auf den Schaukelstuhl und summte ihr Lied.
Es gibt nichts schöneres für mich, als ihrem Herzschlag zuzuhören.