Nachdem Bella tief und fest schlief, flitzte ich nach Hause, um mich frisch zu machen und mir etwas anderes anzuziehen. Erleichtert stellte ich fest, dass keiner zuhause war, da ich mich eh nicht lange zuhause aufhalten wollte.
Bei Bella zuhause machte ich es mir in ihrem Zimmer auf dem Schaukelstuhl bequem und lauschte ihrem Herzschlag.
Das trübe Licht weckte sie auf. Benommen lag sie da und beschirmte mit ihrem Arm ihre Augen. Sie stöhnte, drehte sich zur Wand, plötzlich sprang sie erschrocken auf.
>>Oh!<< sagte sie benommen.
Ihre Haare waren total verwuschelt und ihr Schlafanzug war verrutscht.
>>Deine Haare sehen aus wie ein Heuhaufen ... aber mir gefällt's.<< sagte ich munter.
>>Edward! Du bist noch da!<< jubelte sie und eilte durch das Zimmer direkt auf mein Schoß. Einen Augenblick später erstarrte sie über den unkontrollierten Ausbruch. Vorsichtig blickte sie mit ihren Kulleraugen zu mir auf.
Ich lachte. >>Was hast du denn gedacht?<< antwortete ich perplex und freute mich über ihre Begeisterung. Mit meinen Händen strich ich über ihren Rücken, sie legte ihren Kopf an meine Schulter und atmete tief ein. >>Ich war mir sicher, ich hätte alles nur geträumt.<<
>>Das ist nicht gerade originell<< spottete ich.
>>O Gott, Charlie!<< Kopflos sprang sie auf und lief zur Tür.
>>Er ist vor einer Stunde gefahren. Nachdem er deine Batteriekabel wieder angeschlossen hat, sollte ich womöglich noch hinzufügen. Ich muss zugeben, ich war ein wenig enttäuscht. Sollte das etwa schon ausreichen, um dich davon abzuhalten, Reißaus zu nehmen?<<
Bella verharrte in der Mitte des Zimmers.
>>Normalerweise bist du morgens nicht so verwirrt<< merkte ich an und breitete meine Arme aus.
>>Ich muss noch mal kurz für Menschen<< sagte sie.
>>Ich warte.<< versprach ich und verharrte in meiner Position.
Sie tippelte schnell ins Bad.Kurze Zeit später lief sie wieder ins Zimmer, wo ich immer noch mit ausgebreiteten Armen auf sie wartete.
>>Da bist du ja wieder<< sagte ich leise zur Begrüßung und schloss sie in meine Arme.
Stumm wiegte ich sie eine Weile.
>>Du warst weg?<< fragte sie vorwurfsvoll und strich über den Kragen meines frischen Hemdes.
>>Ich hätte unmöglich in denselben Sachen gehen können, in denen ich gekommen war - was sollen denn die Nachbarn denken?<< erklärte ich.
Sie zog eine Schnute.
>>Du hast tief und fest geschlafen; ich hab nichts verpasst. Dein Monolog war schon vorbei.<<
Sie stöhnte. >>Und - was hast du diesmal gehört?<<
>>Du hast gesagt, du liebst mich.<<
>>Das wusstest du schon<< sagte sie und senkte den Kopf.
>>Trotzdem - es war schön, es zu hören.<<
Sie verbarg ihr Gesicht an meiner Schulter. >>Ich liebe dich<< flüsterte sie mit zarter Stimme.
>>Du bist mein Leben<< antwortete ich.
Es gab nichts weiter zu sagen in diesem Moment. Ich schaukelte uns sanft vor und zurück, während es im Zimmer langsam heller wurde.
>>Zeit fürs Frühstück<< sagte ich und unterbrach den schönen Moment, damit Bella ihren menschlichen Bedürfnissen nach kam.
Sie griff sich mit beiden Händen an die Kehle und starrte mich mit angstvoll geweiteten Augen an.
Erschrocken schaute ich Bella an und mir wurde klar, dass sie meine Aussage falsch verstanden hatte.
>>Kleiner Scherz<< kicherte sie. >>Von wegen, ich kann nicht schauspielern.<<
Ich runzelte die Stirn. >>Das war nicht witzig.<<
>>Es war sehr witzig, und das weißt du auch.<< sagte sie und schaute mir tief in die Augen.
Ihr Blick reizte mich. >>Okay, ich präzisiere: Frühstück für Menschen.<< verbesserte ich.
>>Ach so.<<
Sanft und behutsam umklammerte ich sie um die Hüften und warf sie vorsichtig über meine Schulter. Während ich sie mit Leichtigkeit in die Küche trug, protestierte sie. Ich positionierte meinen Unterarm an ihrem Oberschenkel, lehnte mich nach vorne und setzte sie langsam auf einen Stuhl.
Die Küche war hell und heiter.
>>Was gibt's denn zu essen?<< fragte sie gut gelaunt.
Sprachlos stand ich da und stellte wieder mal fest, wie frustrierend es war ihre Gedanken nicht zu hören.
>>Äh, weiß nicht genau. Was hättest du denn gern?<< fragte ich nach meinem kurzen schweigen.
Mit einem wunderschönen Lächeln stand sie auf.
>>Lass mal, ich kann ganz gut für mich sorgen. Pass auf: jetzt jage ich.<<
Während sie eine Schüssel mit Cornflakes füllte, Milch dazu goss und sich einen Löffel nahm, ließ ich meinen Blick auf ihr ruhen.
Sie trug ihr Frühstück zum Tisch, blieb jedoch stehen.
>>Kann ich dir auch irgendwas anbieten?<< fragte sie wohl aus Höflichkeit.
Ich verdrehte die Augen. >>Iss einfach, Bella.<<
Sie setzte sich hin, begann zu löffeln und betrachtete mich. Ich folgte jeder ihrer Bewegungen, sie schluckte runter und fragte >>Und, was machen wir heute?<<
>>Hmmm...<< ich dachte kurz nach. >>Was hälst du von der Idee, meine Familie kennenzulernen?<<
Sie schluckte schwer.
>>Hast du jetzt Angst?<< fragte ich hoffnungsvoll.
>>Ja<< gab sie zu.
>>Keine Sorge<< sagte ich grinsend. >>Ich beschütze dich.<<
>>Ich habe keine Angst vor dem, was sie mir antun könnten<< erklärte sie. >>Ich hab Angst, dass sie mich nicht mögen. Ich meine, werden sie nicht... überrascht sein, wenn du jemanden... wie mich... mit nach Hause bringst? Wissen Sie, dass ich über sie Bescheid weiß?<<
>>Klar, sie wissen alles. Gestern haben sie noch Wetten abgeschlossen, ob, du weißt schon – ob ich dich heil wieder zurückbringe oder nicht.<< sagte ich mit einem scharfen Klang. >>Allerdings begreife ich nicht, wie man gegen Alice wetten kann. Auf jeden Fall haben wir keine Geheimnisse voreinander. Wie auch, wenn ich Gedanken lesen und Alice die Zukunft voraussehen kann.<<
>>Und Jasper allen ein wohliges Gefühl gibt, wenn sie ihr Herz ausschütten - nicht zu vergessen.<< fügte sie hinzu.
>>Du hast aufgepasst<< lobte ich lächelnd.
>>Das soll hin und wieder vorkommen.<< sagte sie und verzog das Gesicht. >>Das heißt Alice hat mich kommen sehen?<<
>>So was in der Art<< sagte ich etwas unbehaglich und schaute zur Seite, so dass sie meine Augen nicht sehen konnte.
Ich musste mich von dem Gedanken ablenken und wandte mich abrupt wieder zu ihr.
>>Schmeckt das?<< fragte ich und schaute mit gespielter Abscheu auf ihr Frühstück. >>Ganz ehrlich, besonders appetitlich sieht das nicht aus.<<
>>Es kann ja nicht immer Grizzly geben<< murmelte sie und rührte nachdenklich in ihren Cornflakes.
Lächelnd und gedankenverloren starrte ich aus dem Fenster, auf den Wald hinter dem Haus. Ich dachte nach wie ich es am besten sagen sollte. Bella sollte mich nämlich ihrem Vater vorstellen, nachdem ich sie meiner Familie vorgestellt hatte. Ich sollte es einfach direkt sagen. Dann schaute ich sie mit einem Lächeln wieder an. >>Und du solltest mich auch deinem Vater vorstellen.<<
>>Er kennt dich doch schon<< wandte sie ein.
>>Als deinen Freund, meine ich.<<
Sie musterte mich misstrauisch. >>Wozu?<<
>>Macht man das nicht so?<< fragte ich unschuldig.
>>Keine Ahnung<< sagte sie. >>Ich meine nur, das ist nicht notwendig, ehrlich. Ich erwarte nicht, dass du ... also, du musst wegen mir nicht so tun, als ob.<<
Ich lächelte. >>Das mache ich auch nicht.<<
Sie schob die pampigen Reste der Cornflakes in der Schüssel umher und biss sich auf die Lippe.
>>Sagst du nun Charlie, dass ich dein Freund bin, oder nicht?<< wollte ich wissen.
>>Bist du das denn?<<
>> Okay, ich erfülle nicht ganz das klassische Anforderungsprofil, aber sonst?<<
>>Ehrlich gesagt, ich hatte das Gefühl, du bist mehr als das<< gab sie zu und schaute auf die Tischplatte.
>>Naja, ich dachte, die blutigen Details verschweigen wir ihm lieber.<< sagte ich und ging zu ihr an den Tisch, streckte meine Hand nach ihr aus und hob mit meinen kalten Fingern sanft ihr Kinn an. Ich konnte einfach nicht die Finger von ihr lassen. >>Aber Wir müssen ihm eine Erklärung dafür geben, warum ich so oft hier bin. Ich hab nämlich keine Lust, dass Chief Swan eine einstweilige Verfügung gegen mich erwirkt.<<
>>Meinst du das ernst?<< fragte sie mit einem sehnsüchtigen Unterton. >>Du wirst wirklich hier sein?<<
>>Solange du willst<< versicherte ich ihr.
>>Das heißt dann wohl für immer.<<
Ich ging langsam zu ihr und blieb neben ihr stehen. Mit den Fingerspitzen strich ich über ihre Wange. >>Macht dich das traurig?<< fragte ich.
Ich sagte nichts mehr und schaute ihr lange in die Augen.
Schließlich fragte ich sie, ob sie fertig sei.
>>Ja<< sagte sie und sprang auf.
>>Ich warte hier, du ziehst dich an.<<
Sie ging wortlos hinauf.