Dinner for two

444 22 2
                                    

Am nächsten Morgen schien wieder die Sonne.
Nachmittags fuhr ich los nach Port Angeles um nach Bella den Unfallmagneten zu schauen.
Jessica und Angela aufzuspüren war nicht schwer und mit einem schrecken stellte ich fest, dass Bella nicht bei ihnen ist.
Aus Jessicas Gedanken hörte ich wie verblüfft sie über Bella ist, dennoch waren keine Informationen über ihren Aufenthalt.
Interessant sind die Gedanken von Jessica allemal. Bella ist in Phoenix auf keinen einzigen Ball gegangen und hatte noch nie einen Freund. Dann konzentrierte ich mich weiter auf die Gedanken von Angela. Sie wunderte sich über Bellas Interesse an meiner Familie und wollte wissen ob wir öfter mal nicht zur Schule kommen bei gutem Wetter, denn dann machen wir "Campingausflüge", das weiß jeder in Forks. Kurz darauf dachte Angela an einen Buchladen zu dem Bella wollte. Schnell fuhr ich weiter zu diesem Buchladen an den Angela kurz gedacht hatte. Danach hatte ich keine weitere Spur, ich musste ihrem Duft folgen oder im Umkreis den Gedanken zuhören, ob sie mit Bella kontakt hatten und etwas wussten. Es wurde langsam dunkel und ich begangen mir große sorgen zu machen. Nervös fuhr ich im Kreis. Dann hörte ich widerliche Gedanken von einigen Männern. Es machte mich rasend zu erfahren, dass sie über Bella so dachten. Ich würde jeden einzelnen foltern und quälen, wenn auch nur einer von ihnen ihr ein Haar krümmt.
Vor Wut hatte ich schon mit den Gedanken gespielt, das Auto irgendwo stehen zu lassen und zu ihr zu rennen.
Ich hörte was die Männer mit ihr anstellen wollten, wie sie Bella in die enge trieben und plump anmachten.
Dann erfuhr ich wo sie Bella hinlockten und raste in die Richtung.
Ich sah die Männer, wie sie Bella umzingelten.
>>Bleib, wo du bist!<< warnte Bella einen von ihnen, da er auf sie zuging.
>>Ach, Süße - sei doch nicht so<< rief er und hinter Bella ertönten wieder raue Gelächter.
Ich sah Bellas Gesicht, in Gedanken der Männer. Sie sah so zierlich und schwach aus, aber in ihrem Gesichtsausdruck liegt keine Spur von Angst.
Ich bog um die Ecke und raste auf die Männer zu. Bella lief auf die Straße und beinahe hätte ich sie überfahren. Könnte ich bloß ihre Gedanken hören.
Der Typ, der vor Bella stand, machte einen Satz zurück in Richtung Gehweg um sich zu retten, sonst hätte ich ihn erwischt.
Ich machte einen schlenker und schlitterte auf Bella zu und blieb mit offener Beifahrertür stehen.
>>Steig ein<< kommandierte ich Bella Wutgeladen.
Sie stieg ein und schlug die Tür hinter sich zu.
Ich hatte vorher schon im Auto das Licht ausgeschaltet, damit es auch nicht angeht, sobald eine Tür aufgeht. Ich trat das Gaspedal durch und riss das Auto mit quitschenden Reifen in nördliche Richtung herum - es schlingerte und hätte fast die verdutzten Männer auf der Straße erfasst. Während ich den Wagen mit Leichtigkeit wieder in den Griff bekam und beschleunigte, sah ich aus den Augenwinkeln, wie die Männer sich auf den Gehweg in Sicherheit brachten.
>>Schnall dich an<< kommandierte ich, da sie anscheinend nicht merkte, dass sie sich mit beiden Händen am Sitz festkrallte. Sie gehorchte sofort, das Klicken beim Einrasten des Verschlusses hallte in der Dunkelheit. Wir rasten auf den Hafen zu, ich bog scharf nach links ab und überfuhr eine Reihe von Stoppschildern, ohne das Tempo zu drosseln. Ich fuhr langsamer und ließ das Auto rollen bis es zum Stillstand kam.
Bella schaute mich erleichtert an. Aus dem Blickwinkel sah ich wie sie mein Gesicht musterte.
Ihr Puls beruhigte sich langsam und sie entspannte sich im Sitz.
>>Ist alles okay mit dir?<< fragte sie mit heiserer Stimme.
>>Nein<< sagte ich schroff und immer noch Wutgeladen.
>>Bella?<< fragte ich angespannt und mühsamer kontrollierter Stimme.
>>Ja?<< sagte sie mit immer noch kratziger Stimme.
>>Ist alles okay mit dir?<<
>>Ja<< krächzte sie.
>>Lenk mich bitte ab<< forderte ich.
>>Wie bitte - was?<<
Ich atmete gereizt aus. >>Du sollst irgendwas Unwichtiges plappern, bis ich mich wieder beruhigt hab<< erklärte ich, schloss meine Augen und drückte mit Daumen und Zeigefinger gegen meinen Nasenrücken.
>>Äh - Ich werd wohl morgen früh vor der Schule Tyler Crowley überfahren müssen?<<
Ich ließ die Augen geschlossen, doch das was sie sagte heiterte mich auf und lenkte wirklich ab.
>>Warum?<< fragte ich.
>>Er rennt rum und erzählt allen, dass er mit mir zum Jahresabschlussball geht - entweder er ist wahnsinnig, oder er versucht immer noch , Wiedergutmachung zu leisten, weil er mich fast totgefahren hätte letzten ... naja, du weißt ja, wann, jedenfalls scheint er zu denken, dass der Abschlussball irgendwie die korrekte Art ist, das zu tun. Deshalb dachte ich mir, wenn ich ihn auch fast totfahre, sind wir quitt und er kann damit aufhören, Buße zu tun. Ich habe wirklich keine Lust auf irgendwelche Rivalitäten und wenn er mich in Ruhe lässt, hört Lauren vielleicht auch auf, Gift zu sprühen. Kann allerdings sein, dass ich Schrott aus seinem Sentra machen muss. Ohne Auto kann er schießlich auch niemanden zum Ball ausführen, richtig?<<
>>Stimmt, ich hab auch schon davon gehört.<<
>>Du?<< fragte sie ungläubig und ich hörte wie sie vor wut brodelte. >>Wenn er vom Hals abwärts gelähmt ist, kann er auch nicht zum Ball gehen<< präzisierte sie ihren Plan.
Ich seufzte und dann öffnete ich meine Augen. Ich war wieder etwas entspannter.
>>Geht's dir besser?<<
>>Nicht so richtig.<<
Ich lehnte meinen Kopf gegen den Sitz und blickte zur Decke des Autos hoch.
>>Was ist los?<< flüsterte sie.
>>Gelegentlich fällt es mir sehr schwer, mich zu beherrschen, Bella.<< flüsterte ich zurück.
>>Aber es wäre ganz sicher keine gute Idee, jetzt umzudrehen und diese Typen zur Strecke zu bringen. Diese widerlichen ...<< Ich wollte vor Bella den Satz gar nicht beenden und schaute aus dem Fenster raus. Ich rang mit mir selbst und versuchte wieder die Wut zu unterdrücken. >>Zumindest ist es das, wovon ich mich zu überzeugen versuche.<<
>>Oh<< ein unzulängliches Wort gab sie von sich.
Wir saßen schweigend da.
>>Jessica und Angela werden sich Sorgen machen<< sagte sie leise. >>Ich war mit ihnen verabredet.<<
Ohne ein weiteres Wort ließ ich den Motor an, wendete geschickt und sauste zurück in Richtung Stadt. Wenig später fuhren wir schon im Licht der Straßenlaternen und umkurvten die Spazierfahrer an der Bucht wie Slalomstangen. Ich parkte am Straßenrand. Bella schaute aus dem Fenster auf die Lichter von La Bella Italia und sah Jessica und Angela, die gerade herauskamen und in großer Eile davonliefen.
>>Woher wusstest du denn, wo ...?<< setzte Bella an, doch dann schüttelte sie ihren kopf.
Ich öffnte die Tür und stieg aus.
>>Was hast du vor?<< fragte sie.
>>Ich lade dich zum Essen ein<< erwiderte ich mit einem Lächeln.
Ich schlug die Autotür zu und ging auf die Beifahrerseite um Bella die Tür aufzumachen.
>>Würdest du bitte Jessica und Angela aufhalten, bevor ich sie auch noch suchen muss? Ich glaub nicht, dass ich mich ein zweites Mal beherrschen könnte, wenn ich deine Freunde von vorhin wiedersehen würde.<<
>>Jess! Angela!<< schrie sie und winkte, als sie sich umdrehten.
Sie hasteten auf Bella zu und Erleichterung macht er sich auf ihren Gesichtern breit. Beide nahmen mich neben Bella wahr und die Erleichterung verwandelte sich in blankes Erstaunen. Als sie noch ein paar Schritte entfernt waren, blieben sie stehen.
>>Wo warst du?<< fragte Jessica mit argwöhnischer Stimme.
>>Ich hab mich verlaufen<< gestand Bella kleinlaut. >>Und dann hab ich Edward getroffen.<< sagte sie und machte eine Handbewegung in meine Richtung.
>>Wäre es in Ordnung, wenn ich euch Gesellschaft leiste?<< fragte ich höflich.
Ich sah ihre verdatterten Mienen und hörte ihre Gedanken wie unwiderstehlich ich auf sie wirkte.
>>Äh ... Na klar<< hauchte Jessica.
>>Ehrlich gesagt, Bella, wir haben schon was gegessen, während wir gewartet haben<< gestand Angela. >>Sorry.<<
Bella zuckte mit den Schultern. >>Macht nichts, ich habe sowieso keinen Hunger.<<
>>Ich finde, du solltest etwas essen.<< sagte ich leise, aber bestimmt. Dann schaute ich Jessica an und sprach etwas lauter. >>Hättet ihr etwas dagegen, wenn ich Bella später nach Hause fahre? Dann müsst ihr nicht warten, bis sie gegessen hat.<<
>>Äh, nö, eigentlich nicht ...<< Sie biss sich auf die Lippe und versuchte aus Bellas Miene zu entnehmen, ob das in ihrem Sinne war. Bella zwinkerte ihr zu.
>>Okay.<< Angela schaltete schneller als Jessica. >>Biss morgen dann, Bella ... Edward.<< Sie griff sich Jessicas Hand und zog sie zum Auto, das ein Stückchen weiter weg auf der anderen Straßenseite stand. Beim Einsteigen blickte Jessica sich noch einmal um und winkte. Sie brannte vor Neugier. Bella winkte zurück und wartete bis sie weg fuhren. Dann wandte sie sich zu mir.
>>Ehrlich, ich hab wirklich keinen Hunger<< beharrte sie und musterte mein Gesicht.
>>Tu mir den Gefallen.<< sagte ich ohne eine Miene zu verziehen.
Ich ging zum Eingang, hielt ihr die Tür auf und beendete damit die Diskussion.
Mit einem resignierten Seufzen ging sie an mir vorbei und betrat das Restaurant. Es war nicht sonderlich voll - um diese Jahreszeit war in Port Angels Nebensaison. Die Wirtin begrüßte uns und musterte mich. Sie war viel zuvorkommender, als es das Protokoll verlangte.
>>Ein Tisch für zwei Personen?<< fragte ich und sah wie ihr Blick Bella streifte.
Sie brachte uns zu einem Tisch für vier Personen im belebtesten Teil des Lokals.
Bella hatte ihre zarte Hand schon an der Stuhllehne, doch ich schüttelte den Kopf. >>Vielleicht etwas, wo man ein wenig ungestörter sitzt?<< beharrte ich mit verhaltener Stimme.
Unauffällig drückte ich der Wirtin ein Trinkgeld in die Hand. >>Ja, sicher.<< sagte sie etwas überrascht und führte uns hinter eine Trennwand, wo in einem kleinen Kreis ein paar Separees angeordnet waren - allesamt leer. >>Wie ist es hier?<<
>>Perfekt.<< sagte ich lächelnd.
>>Ähm<< - sie schüttelte ihren Kopf und bemühte sich um Fassung - >>die Kellnerin wird gleich da sein.<< Dann ging sie auf wackligen Beinen davon.
>>Das solltest du wirklich nicht tun<<, kritisierte Bella mich. >>Das gehört sich nicht.<<
>>Was gehört sich nicht?<< fragte ich.
>> Leute so aus der Fassung bringen - wahrscheinlich muss sie sich jetzt in der Küche erst einmal beruhigen.<<
>>Ich bitte dich<< sagte sie ungläubig. >>du willst mir doch nicht erzählen, dass du nicht weißt, wie du auf Leute wirkst.<<
Ich legte meinen Kopf schief und schaute sie neugierig an. >>Ich bringe Leute aus der Fassung?<<
>>Ist dir das noch nicht aufgefallen? Dachtest du, alle kriegen so schnell, was sie wollen?<<
>>Bringe ich dich auch aus der Fassung?<< fragte ich und ignorierte ihre Frage.
>>Des Öfteren<< antwortete sie.
Dann erschien die Kellnerin mit erwartungsvoller Miene an unserem Tisch - sie wurde von der Wirtin vorbereitet und sah alles andere als enttäuscht aus.
>>Hallo, ich heiße Amber - was kann ich euch zu trinken bringen?<<
Bella sah im Kerzenlicht wunderschön aus und konnte die Augen nicht von ihr lassen.
>>Ich nehme eine Cola.<<
>>Zwei Cola<< sagte ich.
>>Kommt sofort<< versicherte sie, während ich Bella musterte.
>>Was?<< fragte sie, als die Kellnerin gegangen war.
Mein Blick blieb an ihrem Gesicht geheftet. >>Wie fühlst du dich?<<
>>Okay<< erwiderte sie etwas erstaunt.
>>Dir ist also nicht schwindlig, schlecht, kalt ...?<<
>>Wieso?<< fragte sie verdutzt.
>>Na ja, ehrlich gesagt, warte ich darauf, dass du einen Schock bekommst.<< antwortete ich lächelnd.
>>Ich glaube, das wird nicht passieren. Ich war schon immer gut darin, Unerfreuliches zu verdrängen.<<
>>Trotzdem, ich habe ein besseres Gefühl, wenn du was im Magen hast.<<
Wie aufs Stichwort hörte ich, wie die Kellnerin mit den Getränken und einem Korb mit Grissini zu uns eilte. Beim servieren drehte sie Bella unhöflich den Rücken zu.
>>Habt ihr schon gewählt?<< fragte die Kellnerin mich.
>>Bella?<< fragte ich.
Widerwillig wandte sie sich Bella zu.
>>Ähm ... Ich nehme die Pilzravioli.<<
>>Und du?<<
>>Für mich bitte nichts.<<
>>Sag Bescheid, wenn du's dir anders überlegst.<< Sie gab sich viel Mühe mit ihrem koketten kleinen Lächeln, doch ich beachtete sie nicht und sie zog enttäuscht von dannen.
>>Trink was<<, forderte ich sie auf.
Als sie gehorsam an ihrer Cola nippte, merkte sie wie durstig sie war und trank das Glas in langen Zügen leer. Ich schob mein volles Glas zu ihr rüber.
>>Danke<<, sagte sie leise und immer noch durstig. Die Kälte der Flüssigkeit breitete sich in ihrer Brust aus und ein Frösteln huschte über ihren Körper.
>>Ist dir kalt?<< fragte ich.
>>Liegt nur an der Cola<<, erklärte sie und zitterte wieder.
>>Hast du keine Jacke dabei?<<
>>Doch.<< Antwortete sie und schaute auf den leeren Sitz neben ihr. >>Mist - die liegt in Jessicas Auto.<<
Ich zog meine hellbraune Lederjacke aus und stellte fest wie stumm Bella plötzlich da sitzt. Was sie wohl gerade denkt? Sollte ich sie das fragen? Während ich mir eine Frage nach der andern stellte, reichte ich ihr meine Jacke rüber.
>>Danke<< sagte sie und zog sich meine Jacke über.
Mir fiel plötzlich auf, dass sie eine blaue Bluse mit V-Ausschnitt trug, die an ihr unwiderstehlich aussieht.
>>Dieses Blau sieht hübsch an dir aus - es passt so gut zu deinem Teint<< sagte ich und beobachtete sie weiter.
Überrascht schaute sie mich an, senkte kurz darauf den Blick und bekam ein wunderschöne rosa Wangen.
Ich schob den Brotkorb zu ihr rüber.
>>Ehrlich, ich kriege keinen Schock<<, protestierte sie.
>>Das solltest du aber - jeder normale Mensch würde einen kriegen. Du siehst völlig unbeeindruckt aus.<< Beunruhigt schaute ich ihr in die Augen.
>>Ich fühle mich eben sehr sicher mit dir<<, verriet sie mir und schaute mich weiter mit ihren großen braunen Augen an.
Kaum hat sie es ausgesprochen, wurde ich sauer und schob die Augenbrauen düster zusammen.
>>Das wird immer komplizierter<<, murmelte ich kopfschüttelnd.
Gedankenverloren schaute sie mich an, nahm eine Brotstange und begann daran herumzuknabbern.
>>Normalerweise hast du bessere Laune, wenn deine Augen so hell sind<<, sagte sie mit ihrer melodischen Stimme.
Verblüfft sah ich sie an. >>Wie bitte?<<
Sie beugte sich etwas über den Tisch und sah mir tief in die Augen. >>Wenn deine Augen schwarz sind, bist du unausstehlich - daran habe ich mich schon gewöhnt. Ich hab eine Theorie dazu.<<
>>Noch eine Theorie?<< fragte ich mit verengten Augen.
>>Hm-mhh<<, bejahte sie kauend.
>>Ich hoffe, du warst ein bisschen einfallsreicher als beim letzten Mal ... oder klaust du deine Ideen immer noch aus Comics?<< fragte ich und verkniff mir mein Lachen.
>>Na ja, nein, aus einem Comic ist sie nicht, aber alleine bin ich auch nicht draufgekommen<<, gab sie zu.
>>Und?<< fragte ich auffordernd und lehnte mich ebenfalls über den Tisch.
Doch im selben Moment trat die Kellnerin mit Bellas Essen hinter der Trennwand hervor. Ich merkte noch nicht einmal, dass sie auf dem Weg zu uns war. Sie stellte den Teller vor ihr ab - das Essen sah ziemlich gut aus - und wandte sich sofort wieder mir zu.
>>Hast du's dir überlegt?<< fragte sie. >>Möchtest du wirklich nichts?<<
>>Vielen Dank, aber wir hätten gern noch etwas Cola.<< sagte ich und deutete auf die leeren Gläser.
>>Okay.<< Sie räumte die Gläser ab und ging.
>>Du wolltest mir gerade etwas erzählen<<, erinnerte ich sie.
>>Später, im Auto. Aber nur, wenn ... << Sie hielt inne.
>>Ach, du hast Bedingungen?<< fragte ich mit bedrohlicher Stimme und zog eine Augenbrauen hoch.
>>Sagen wir mal so - ich hab natürlich ein paar Fragen.<<
>>Natürlich.<<
Die Kellnerin kam mit den Cola. Dieses Mal stellte sie die Gläser ohne weiteren Kommentar ab und ging. Bella nahm einen Schluck.
>>Na dann los<< drängelte ich mit harter Stimme.
>>Wie kommt es, dass du in Port Angeles bist?<<
Ich senkte meinen Blick, schob langsam meine Hände ineinander, kurz darauf blinzelte ich zu ihr hoch und verkniff mir mein Grinsen. >>Nächste Frage.<<
>>Aber das ist noch die einfachste.<<
>>Die nächste, bitte.<<
Frustriert blickte sie hinunter auf ihren Teller. Sie rollte ihr Besteck aus der Serviette, nahm die Gabel in ihre zarte Hand und spießte sorgfältig eine der kleinen Teigtaschen auf. Dann schob sie sich es langsam in den Mund, kaute und ließ ihren Blick beim nachdenken schweifen. Sie schluckte, trank noch ein bisschen von ihrer Cola, dann fiel ihr Blick wieder auf mich.
>>Na gut, prima.<< Verärgert funkelte sie mich an und sprach langsam weiter.
>>Sagen wir mal, rein hypothetisch, versteht sich, jemand ... ist in der Lage ... Gedanken zu lesen - er weiß also, was die anderen Leute denken, mit ein paar Ausnahmen.<<
>>Mit einer Ausnahme<<, korrigierte ich >>hypothetisch.<<
>>Okay, also mit einer Ausnahme.<< sagte sie und lächelt.
>>Wie funktioniert das? Wo sind die Grenzen? Wie würde dieser Jemand ... jemand anderen ... genau im richtigen Augenblick finden? Woher wüsste er, dass sie in Gefahr ist?<<
>>Rein hypothetisch?<<
>>Genau.<<
>>Also, wenn ... Dieser Jemand ...<<
>>Sagen wir mal, er heißt Joe<<, schlug sie vor.
>>Also gut, Joe. Wenn Joe gut aufpasst, muss das Timing gar nicht so genau stimmen.<< sagte ich kopfschüttelnd und verdrehte die Augen.
>>Nur du könntest in einer so kleinen Stadt in Gefahr geraten. Wahrscheinlich hättest du ihre Verbrechensstatistik für die nächsten zehn Jahre verdorben.<<
>>Moment mal, haben wir nicht von einem hypothetischen Fall gesprochen?<< fragte sie trocken.
Ich lachte.
>>Ja, du hast Recht<<, stimmte ich zu. >>Sollen wir dich Jan nennen?<<
>>So wollte ich schon immer mal heißen - woher wusstest du das? << sagte sie und beugte sich zu mir rüber.
Unsere Blicke begegneten sich und entschied mich ihr einfach die Wahrheit zu sagen.
>>Du kannst mir vertrauen, Edward<<, sagte sie leise.
Sie hob ihre kleine Hand, streckte sie zu mir aus - um meine gefalteten Hände zu berühren - doch ich ließ sie zur Seite gleiten und sie zog ihre Hand zurück.
>>Ich weiß gar nicht, ob ich noch eine Wahl hab.<< flüsterte ich. >>Ich habe mich geirrt - du bist sehr viel aufmerksamer, als ich es wahrhaben wollte.<<
>>Ich dachte, du hättest immer Recht.<<
>>Das dachte ich auch.<< sagte ich kopfschüttelnd. >>Aber was dich betrifft, hab ich mich in noch einer anderen Sache geirrt. Du ziehst nicht nur Unfälle an - das trifft es nicht ganz. Du ziehst jede Art von Ärger an. Wenn es irgendeine Gefahr im Umkreis von zehn Meilen gibt, begegnest du ihr mit hundertprozentiger Sicherheit.<<
>>Und du rechnest dich selbst zu den Gefahren?<< fragte sie und legte ihren Kopf etwas schief.
>>Ohne jeden Zweifel.<< stimmte ich ihr zu.
Noch einmal streckte sie ihre zierliche Hand über den Tisch, dieses Mal ließ ich es zu und zuckte nur leicht zurück, was sie jedoch ignorierte. Vorsichtig berührte sie meinen Handrücken mit ihren Fingerspitzen. Ich spürte ihre warmen Fingerkuppen auf meiner steinharten Haut.
>>Danke. Das war schon das zweite Mal.<< sagte sie mit leicht zittriger Stimme.
Meine Gesichtszüge enntspannten sich, denn es gefiel mir zu sehr um meine Hand noch einmal weg zu ziehen, doch es war falsch.
>>Wir lassen es besser nicht auf ein drittes Mal ankommen, okay?<<
Sie warf mir einen finsteren Blick zu, nickte aber. Ich zwang mich meine Hände unter ihren fort zu ziehen und schob sie unter die Tischfläche. Doch zugleich lehnte ich mich in ihre Richtung.
>>Ich bin dir nach Port Angeles gefolgt<<, gab ich zu und dann redete ich sehr heftig. >>Ich hab vorher noch nie probiert, jemand zu beschützen und es ist mühsamer, als ich gedacht hätte. Aber das liegt vermutlich daran, dass du es bist. Die meisten Menschen scheinen ohne größere Katastrophen durchs Leben zu kommen.<< Ich hielt inne. Sie schob ihre Augenbrauen zusammen, kurz darauf entspannten sich ihre Gesichtszüge und ihre Lippen formten sich zu einem Lächeln. Ich prüfte ihre Miene und versuchte schlau draus zu werden.
>>Hast du dich eigentlich mal gefragt, ob vielleicht beim ersten Mal, bei der Sache mit dem Van, meine Tage schon gezählt waren und du ins Schicksal eingegriffen hast?<<
>>Das war nicht das erste Mal<<, sagte ich mit fast tonloser Stimme.
Mein Blick war an die Tischplatte geheftet und ich traute mich nicht sie anzuschauen.
>>Deine Tage waren gezählt, als ich dich das erste Mal gesehen hab.<<
Sie zuckte zusammen und ich schaute auf.
>>Erinnerst du dich?<< fragte ich toternst.
>>Ja<<, sagte sie ruhig.
>>Und trotzdem sitzt du jetzt hier.<< sagte ich etwas ungläubig und zog eine Augenbraue hoch.
>>Ja, jetzt sitz ich hier ... wegen dir.<< sagte sie stockend. >>Weil du heute irgendwie wusstest, wo du mich finden würdest.<<
Ich presste meine Lippen aufeinander und schaute sie aus zusammengekniffenen Augen an - noch einmal rang ich um eine Entscheidung. Dann warf ich einen Blick auf ihren vollen Teller. >>Du isst, ich rede<<, schlug ich vor.
An Stelle einer Antwort schob sie sich Ravioli in den Mund.
>>Es ist schwieriger, als es sein sollte - dir auf der Spur zu bleiben. Normalerweise kann ich jemanden sehr leicht finden, vorausgesetzt, ich habe schon mal seine Gedanken gehört.<< besorgt schaute ich sie an beim reden und merkte wie sie in der Bewegung erstarrte. Sie schluckte runter und spießte die nächsten zwei Ravioli auf, um sie sich in den Mund zu schieben.
>>Ich hatte Jessica und Angela sozusagen auf dem Schirm, ohne allzu genau aufzupassen - wie gesagt, nur du könntest in Port Angeles in Gefahr geraten. Zuerst fiel mir gar nicht auf, dass ihr euch getrennt hattet. Als ich dann mitbekam, dass du nicht mehr bei ihr warst, bin ich zu dem Buchladen gefahren, den ich in ihren Gedanken sah. Mir war klar, dass du ihn nicht betreten hattest und weiter in südlicher Richtung unterwegs warst. Und ich wusste, dass du bald umkehren musstest. Also habe ich einfach auf dich gewartet und wahllos die Gedanken der Leute, die unterwegs waren, durchsucht - um zu sehen, ob du jemandem aufgefallen bist, der mich dann zu dir hätte führen können. Es gab eigentlich keinen Grund zur Besorgnis ... aber irgendwas machte mich nervös ...<< in Gedanken versunken und blickte starr an ihr vorbei, auf Dinge, die jenseits ihrer Vorstellung lagen.
>>Ich begann im Kreis zu fahren ... und weiter nach Stimmen zu hören. Dann ging endlich die Sonne unter und ich wollte gerade aussteigen, um dir zu Fuß zu folgen. Und dann ...<< abrupt beendete ich den Satz und biss in rasender Wut die Zähne aufeinander. Ich versuchte mich zu beruhigen.
>>Dann was?<< flüsterte sie und ich starrte immer noch über ihren Kopf hinweg und hörte sämtliche Gedanken.
>>Dann hörte ich, was ihnen durch den Kopf ging<< knurrte ich. Meine Oberlippe schob sich ein Stück nach oben und entblößte meine Zähne. Ich hatte keine Kontrolle mehr über meine Gesichtszüge.
>>Ich sah dein Gesicht in seinen Gedanken. <<
Ohne nachzudenken beugte ich mich nach vorn, mein Ellbogen stütze ich auf dem Tisch ab und bedeckte meine Augen mit der Hand.
>>Es war so ... schwer, du kannst dir nicht vorstellen, wie schwer, dich nur ins Auto zu laden und sie ... am Leben zu lassen.<< Meine Hand vor dem Gesicht dämpfte meine Stimme.
>>Ich hätte dich mit Jessica und Angeles fahren lassen können, aber ich hatte Angst, dass ich nach ihnen suchen würde, wenn du nicht mehr bei mir wärst.<< verriet ich flüsternd.
Benommen saß sie da und sagte kein Wort. Ihre Hände waren im Schoß gefaltet und ihr Körper lehnte kraftlos im Stuhl. Mein Gesicht war immer noch in den Handflächen vergraben - eine Position, in der ich so bewegungslos verharrte als wäre ich eine Statue. Irgendwann hob ich meinen Blick und suchte ihren.
>>Bist du so weit? Wollen wir nach Hause fahren?<< fragte ich.
>>Ich bin so weit<<, antwortete sie.
Die Kellnerin tauchte auf, in ihren Gedanken sah ich das sie uns oft beobachtete.
>>Alles in Ordnung? Habt ihr noch einen Wunsch?<< fragte sie wieder zu mir gewandt.
>>Danke, wir würden gern zahlen.<< sagte ich angestrengt von unserem Gespräch mit gedämpfter und diesmal weniger freundlichen Stimme. Das warf sie etwas aus der Bahn.
Ich blickte auf und sah sie an.
>>Äh ... j-ja klar<< stotterte sie, zog eine kleine schwarze Ledermappe aus der Vordertasche ihre schwarzen Schürze und reichte sie mir. >>Bitte schön.<<
Den Schein hielt ich bereits in der Hand, schob ihn in die Mappe und gab sie ihr sofort zurück.
>>Stimmt so.<< sagte ich lächelnd und erhob mich.
Bella stand auf und erwiderte meinen Blick.
>>Einen schönen Abend noch.<< sagte die Kellnerin lächelnd.
Ohne meinen Blick von Bella abzuwenden, bedankte ich mich und bemerkte wie sie sich ein Lächeln verkniff.
Ich ging dicht neben ihr zur Tür, immer noch darauf bedacht, sie nicht zu berühren.
Bella seufzte und blickte neugierig zu ihr herunter. Ich öffnete die Beifahrertür, hielt sie ihr auf und schloss sie sanft, nachdem sie eingestiegen war. Sie sah mir zu, wie ich vor dem Auto zur Fahrerseite herum ging. Als ich saß, ließ ich den Motor an und drehte die Heizung hoch. Es war sehr kalt geworden - mit dem schönen Wetter war es wohl vorbei.
Ich parkte den Volvo aus und brauste in Richtung Freeway.
>>Und jetzt, bist du dran.<< sagte ich bedeutungsvoll.

Edward und BellaWo Geschichten leben. Entdecke jetzt