Nick saß auf dem Schulklo. Nicht zu dem Zweck, zu dem es Schulklos eigentlich gab. Er war ja Nichtraucher.
Er zog sich hierhin zurück, weil der Klassenraum nicht mehr sicher war. Seit Sven ihm dort so übel mitgespielt hatte, brauchte Nick dringend einen anderen Rückzugsraum. Und das Klo im zweiten Stock des Anbaus war ideal. Die Lehrer kontrollierten es kaum. Und alles was Nick wollte, war ein ruhiger Ort, um Captain America zu lesen.
Natürlich hatte das Schulklo auch seine Nachteile. Die Nachbarkabine hatte er zuerst betreten - und war gleich rückwärts wieder rausgegangen. Das Klo sah aus, als wäre dem letzten Nutzer die Kimme explodiert.
Die Kabine, in der Nick jetzt saß, war sauber. Aber der Gestank von nebenan umwölkte den Captain, während er Red Skull verdrosch. Heute las Nick wie elektrisiert. Und anders als sonst. Bei dem, was Cap tat, fragte sich Nick, was er an Stelle des Helden tun würde. Könnte ich es ebenfalls mit Red Skull aufnehmen? Oder mit verrückten Nazi-Wissenschaftlern? Hätte ich den Schild so werfen können, dass Peggy gerettet wird? Was ihm bisher immer eine angenehme Möglichkeit gewesen war, für eine Weile aus der Wirklichkeit abzutauchen, erschien ihm plötzlich wie die Skizze seiner eigenen Zukunft. Cool, der Captain rollt sich ab und fängt gleichzeitig die Kugeln mit dem Schild ab. Ob ich das kann? Und wäre ich fähig, Hydra die Köpfe abzuschlagen? Der Captain hatte natürlich den Vorteil, dass er das alles nicht alleine schaffen musste. Er hatte Peggy Carter, die sexy Top-Agentin. Nick hatte leider niemanden.
Den ganzen Vormittag dachte er schon darüber nach, ob er Be einweihen sollte. Er könnte ihm helfen. Zusammen wären sie wie Batman und Robin. Be käme als Einziger dafür in Frage. Zugleich war er aber auch der Mitschüler, den Nick am wenigsten kannte. Der Neue war erst gestern aufgetaucht. Und sein Verhalten in der Zwischenzeit ließ gewisse Zweifel aufkommen, ob man ihm vertrauen konnte.
Nick hatte reichlich Zeit zum Grübeln. Zum einen segelte der Unterricht heute völlig unbemerkt an ihm vorüber. Niemand kann sich auf Zeitformen des Englischen konzentrieren, während er planen muss, wie er die Welt rettet!
Zum anderen tauchte Be einfach nicht auf. Der Platz neben Nick blieb leer. Anfangs dachte Nick nur, Be hätte verschlafen. Er nahm an, dass Be dafür der Typ war. Aber Stunde um Stunde verstrich ohne eine Spur von ihm. Und Nick begann, sich Sorgen zu machen. Was, wenn Be Frostfeuer in die Hände gefallen war?
Nick wurde schmerzhaft bewusst, dass er versäumt hatte, mit Be Handynummern auszutauschen. Verflucht, ich will ihn doch bloß anrufen und fragen, ob es ihm gutgeht. Und Nicks Fantasie malte ihm deutlich aus, wie Be zur Eisskulptur erstarrt dastand. Noch in der panischen Pose, in der er versucht hatte, vor dem Superschurken zu flüchten.
Es war jetzt Nicks Aufgabe, Unschuldige vor Leuten wie Frostfeuer zu schützen.
Das war ein eigentümliches Gefühl. Bisher konnte Nick sich ja nicht mal selbst schützen. Er hatte vor der Pause ernsthaft darüber nachgedacht, sich diesmal nicht zu verstecken. Er war bestimmt kampfkräftiger als vor der Verwandlung. Und er brannte darauf, die neuen Kräfte auszuprobieren. Wenn Sven und die anderen wieder anfingen, ihn herumzuschubsen, würde er ... Vielleicht haute er die Drei einfach k.o. Und dann ließ er sie spüren, was sie ihm all die Jahre angetan hatten. He,Sven, du dachtest, du bist der Stärkere, was? Wer ist jetzt der Stärkere, sag schon, Sven, wer ist es jetzt?
Der Gedanke zauberte jedes Mal ein Lächeln in Nicks Gesicht. Dennoch hatte er Svens Clique gemieden und sich stattdessen auf dem Klo versteckt. Er wollte die Superhelden-Identität geheim halten. Und drei Idioten im Kostüm durch die Schule zu prügeln, war da vermutlich nicht besonders hilfreich.
Wäre Be doch nur endlich hier.
Was, wenn er in diesem Moment irgendwo gefesselt in den Klauen von Frostfeuer hing? Der Schurke erklärte ihm seine Pläne und brachte ihn danach um. Und er, Nick, war nicht dort, um ihn zu retten. Warum? Weil er bekloppte englische Grammatik lernte.
DU LIEST GERADE
Basaltblitz - Geburt eines Helden
FantasyWas würdest du tun, wenn du über Nacht zum Superhelden wirst? Der schüchterne Nick verwandelt sich, nachdem er versehentlich einen Kometen gegessen hat, in einen Superhelden. Nick ist begeistert! Doch schon bald muss er feststellen: Wo ein Superh...