Gut gekotzt, schlecht gezielt

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Als Nick auf dem Nachhauseweg war, fühlte er sich elend. Sein Magen schmerzte vom vielen Trinken, bei jedem Schritt konnte er das Wassergluckern hören. Hinzu kam eine Übelkeit, die stets wieder neu aufstieg.

Unbegreiflicherweise war der Durst kein bisschen geringer geworden.

Da ging etwas mit ihm vor, das er nicht verstand. Etwas, das ihm Sorgen machte. Aber so, wie er jetzt litt, sollte er sich am besten zu Hause einfach hinlegen. Auf jeden Fall musste er verhindern, dass Mama ihn zum Arzt schickte. Nach den Veränderungen, die letzte Nacht mit ihm vorgegangen waren, würde er womöglich für immer in einer Klinik verschwinden.

Nick lehnte sich an die Garage der Sunderlands. Gott,ist mir schlecht. Er hätte wirklich nicht solche Mengen trinken sollen. Er fühlte sich wie nach einem Tag Salzstangen kauen in der Sauna. Das ergibt doch keinen Sinn. Entweder ich bin ausgetrocknet oder ich habe zu viel getrunken. Beides zugleich geht nicht. Aber sosehr der Verstand auch darauf beharrte, seinen Körper konnte er davon nicht überzeugen.

Gegenüber parkte eine schwarze Limousine.

Ein sehr großes und schickes Auto. Die Leute hier in der Siedlung fuhren Kombis, damit ihre Kinder hineinpassten. Oder sie schafften sich kleine Stadtflitzer als Zweitwagen an. Die Limousine sah eher so aus, als hätte der Chef von Daimler beim Frühstück gesagt: James, fahren Sie mich heute mal in ein Mittelstandsviertel. Ich möchte mir den Plebs ansehen.

Der Wagen hatte ein Berliner Kennzeichen und verspiegelte Scheiben.

Der dicke Wasserbauch, der einmal Nick gewesen war, löste sich von der Garagenwand. Noch ein paar Minuten, bis er zu Hause war. Und dort konnte er den ganzen Abend über abwechselnd schlafen und pinkeln.

Plötzlich schwappte die Übelkeit hoch.

Nick krümmte sich und spie Erbrochenes gegen Sunderlands Gartenzaun. Eine Welle brachial stinkender Kotze. Ein kurzer Augenblick, um Atem zuholen und sich zu ekeln. Daraufhin eine zweite Welle. Und eine dritte.

Endlich ebbte das Würgen ab.

Nick spuckte noch einige Male, um die widerlichen Reste aus dem Mund zu bekommen.

Dann betrachtete er sein Werk.

Ein mächtiger, kräftig nach unten austropfender Kotzfleck. Sunderlands Zaun war aus grün lackiertem Stahl. Das passte farblich halbwegs. Überhaupt hatte Nick hauptsächlich Flüssigkeit ausgespien. Unmengen an Wasser, mit Bröckchen vom Pausenbrot und Magensäure durchsetzt.

Von den Sunderlands war nichts zu sehen.

Nick ging unauffällig weiter.

Abgesehen von einem wirklichen üblen Nachgeschmack fühlte er sich jetzt ein wenig besser. Wahrscheinlich hatte er einfach nur zu viel getrunken. Wenn er so darüber nachdachte, hatte er im Tagesverlauf auch ein mittleres Wasserwerk leer gesoffen. Nur der Durst war nicht verschwunden.

Nick bog in den Langackerweg ein und sah in der Einfahrt bereits den Wagen seiner Eltern. Die Übelkeit klang mehr und mehr ab und er beschloss, sich doch nicht hinzulegen. Er könnte mit Schnüffkes eine Runde drehen und endlich versuchen, den Kometen zu finden. Am besten fragte er die Nachbarn. Irgendwer musste den Einschlag ja gesehen haben.

Als er die Haustür aufschloss, rief ihm Mama entgegen, er solle die Getränkekästen aus dem Kofferraum mitbringen. Nick kehrte zurück, ohne den Rucksack abzunehmen. Die Kästen waren randvoll. Und er hatte von früheren Gelegenheiten noch gut in Erinnerung, wie viel sie eigentlich wogen. Aber jetzt hob er sie hoch, als wäre nur Schaumgummi darin. Gewicht! Ich muss das Gewicht spielen! Nick sackte ein wenig in die Knie und setzte einen verbissenen Ausdruck auf. So vorbereitet schlurfte er nach drinnen und stellte die Sachen in der Küche auf die Ablage.

Basaltblitz - Geburt eines HeldenWo Geschichten leben. Entdecke jetzt