003
Anfang 2019
Nachdem Noah wieder saß, konnte ich mich noch weniger auf die Worte des Leiters konzentrieren, als ich auch ohne seine Anwesenheit gekonnt hätte. Ich wirkte immer aufmerksam durch meinen wachen Blick, aber gedanklich war ich in einer ganz anderen Welt.
Ich spürte seinen Blick auf mir. Allerdings versuchte ich ihn zu ignorieren, doch es war wie als würde er mich berühren und ich wurde nervös. Ich fing an unruhig meinem Stift auf dem Block umherzuschieben und ich überkreuzte meine Beine. Mir wurde immer mulmiger zumute und ich unterbrach einfach meinen Vorgesetzten und floh praktisch aus dem Raum. Ich hörte wie alle erschrocken den Atem anhielten und die Tür wieder ins Schloss fiel. Viel zu schnell hörte ich Schritte hinter mir und ich beeilte mich zu der Damentoilette zu kommen. Doch kaum hatte ich sie betreten, kam auch, wie hätte es anders sein können?, Noah hinter mir her.
"Das ist die Damentoilette. Das weißt du aber.", sagte ich und sah in den Spiegel der über dem Waschbecken hing. "Das ist mir egal.", er stellte sich hinter mich und mir fuhren Schauer über den Rücken. Warm und kalt abwechselnd. "Lass mich alleine.", verlangte ich, aber er grinste nur. Seine Miene erstarrte und er hob eine Hand um meine Haare aus meinem Nacken zu streichen. Kaum hatten seine Finger meine Haut berührt, wirbelte ich herum und sah ihn an. Das Waschbecken drückte mir unangenehm in den Rücken und mein Herz schlug mir bis zum Hals. Wie sollte ich hier raus kommen? Er war mit so nah, dass ich praktisch keine Chance hatte. Aber er machte auch keine Anstalten mal ein Stück zurück zu gehen.
Nach mehreren Minuten die wir nun so standen, holte er tief Luft und sein Blick senkte sich.
"Wir sollten zurück gehen.", sagte ich und legte eine Hand auf seine Brust um ihn zurück zu schieben. Zu meiner Verwunderung ließ es das geschehen und ging zwei Schritte rückwärts. Ich lächelte ihn an und ließ meine Hand sinken.
Zurück bei dem Meeting, saßen wir zwar wieder nebeneinander, doch er beachtete mich nicht. Er sah runter auf seinen Block und sein Stift fuhr mit schwingenden Bewegungen über das Papier. Ich riss mich von dem Anblick los und sah auf die Bilder, die auf das Whiteboard projiziert wurden.
Ich war gar nicht mehr bei der Sache und wollte einfach nur noch, dass es so schnell wie möglich vorbei war.
Nach einer weiteren knappen Stunde waren wir endlich erlöst und ich durfte wieder zurück an meinen Schreibtisch. Ich hatte noch einige Mails zu beantworten und brauchte dringend einen Kaffee.
Den holte ich mir auch direkt, als wir aus dem Raum durften. Als ich mein Büro betrat, saß Noah auf meinem Schreibtischstuhl und guckte aus dem Fenster. "Netter Ausblick, den du hier hast.", er drehte sich zu mir und stand auf.
"Ich weiß.", ich ging an ihm vorbei um mich in meinem Stuhl sinken zu lassen und stellte die Tasse neben meine Tastatur. "Kaffee? Wie nett von dir.", sagte er und ich hörte sein Grinsen. "Lass das.", mein Versuch ihn davon abzuhalten, aus meiner Tasse zu trinken, scheiterte und er grinste als er sie zurück auf den Tisch stellte. "Fehlt ein bisschen Zucker, aber sonst ganz lecker.", ich funkelte ihn an und seufzte."Ich geh dann mal wieder in die Uni. 6 Uhr bin ich wieder hier um dich abzuholen. Ich bestehe darauf mit dir Essen zu gehen.", dann ging er ohne auf meine Antwort zu warten und ich wollte ihm die Tasse an seinen Hinterkopf werfen.
Als er um Punkt 6 Uhr wieder in meinem Büro stand, verschlug es mir den Atem. Er hatte das Hemd gegen einen braunen Pullover eingetauscht und seine schicken Schuhe gegen Chucks. Seine Hände hatte er in seinen Hosentaschen und lehnte ganz lässig gegen den Türrahmen. "Fertig?", fragte er und kam langsam zu mir. "Fast.", meinte ich und schaltete den Bildschirm des Computers aus und packte meine Handtasche.
Dann stand ich auf und trat ihm gegenüber.
Seine Grün-Braunen Augen bohrten sich in meine und ich senkte den Kopf um meine Verlegenheit nicht zu zeigen. "Mein Wagen steht ein bisschen entfernt von hier. Ich hoffe dass ist nicht weiter schlimm?", er sprach es aus wie eine Frage und ich sah ihn wieder an. "Nein. Nein. Warum sollte es eines sein?", fragte ich und legte den Kopf schief. Er zuckte mit den Schultern und sah an mir vorbei. "Bereit?", fragte er und sah mich grinsend an. Sein Grinsen wollte ich am liebsten aus dem Gesicht wischen, aber ich riss mich zusammen und nickte freundlich.
"Dann los.", meinte er und verließ vor mir den Raum. Die Tür aus dem Gebäude hielt er mir auf und ich lächelte ihn dankbar an.Nachdem wir ein bisschen gelaufen waren, öffnete er das Auto per Zentralverriegelung und öffnete mir, wieder, die Beifahrertür.
Warum ging ich eigentlich mit ihm? Diese Frage konnte ich mir selbst nicht beantworten. Vielleicht weil er mir eh keine Wahl ließ.
Nachdem er eingestiegen war, schnallten wir uns an und er schaltete das Radio ein. Er drehte die Musik so leise, dass man die Stimmen der Sänger nur noch ganz am Rande wahrnahm und sich ruhig und ohne sich beinahe anzuschreien unterhalten konnte.
Ohne mir ein Wort zu verraten wo wir hinfahren würden, fuhr er los und ich fühlte mich etwas verarscht, zu gleich aber auch belustigt, als er vor dem Wohnblock in dem wir wohnten, parkte und wir ausstiegen.
"Ich dachte du wolltest mit mir essen gehen?", fragte ich spöttisch und sah ihn über das Autodach hinweg an. "Ja. Aber ich hab dir nicht gesagt dass Ich auch fantastisch kochen kann.", er kam um das Auto herum und wir gingen zusammen herauf in seine Wohnung. Der Tisch war schon gedeckt und sogar Kerzen standen auf dem Tisch. "Leg deine Sachen einfach hier hin und komm dann in die Küche.", sagte er und er selbst ging geradewegs in den Wohnraum. Ich zog meine Jacke aus und hängt sie neben seine. Ich konnte es mir nicht nehmen lassen, an einer seiner Jacken zu riechen und vergrub die Nase in den Stoff der Jacke. "Kommst du?", rief er fragend und ich beeilte mich zu ihm ins Wohnzimmer zu kommen. "Tschuldige.", sagte ich und sah mich um. Es war gemütlich-ordentlich. Die Wände waren in einem satten Beige gehalten und das Sofa war schwarz. Einige Decken und Kissen lagen quer über dem Sofa und ich fragte mich ob er nicht alleine hier wohnte.
Sein Fernseher hing an der Wand und auch ein paar Bilder zierten die Wände. Er hatte sogar einen Balkon und ich musste einfach rausgucken. "Darf ich?", fragte ich und zeigte auf den Balkon. Er nickte und öffnete mir die Tür nach draußen. Ich ging heraus und lehnte mich gegen das Balkongeländer um nach unten zu schauen. Dann schaute ich nach oben und der Himmel färbte sich leicht Rosa. Vereinzelt waren Wolken zu sehen. Ich riss mich von dem Anblick los und drehte mich herum. Noah hatte zwei Weingläser in der Hand und reichte mir eins. "Aber du machst das nicht um mich nachher hier zu behalten oder?", fragte ich lachend und stieß mit ihm an. Er nahm einen Schluck von seinem Wein und grinste dann auch."Hätte ich denn eine Absicht dazu?", fragte er mich und legte den Kopf schräg.
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Skandinavia
RomanceDenn die Liebe macht aus normalen Menschen urplötzlich Verrückte, die nach den Sternen greifen können.