Kapitel 20 - Sorry!

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Das warme Wasser entspannte meine harten Muskeln. Meine Schultern, Arme, Beine und sogar der Rücken waren übersät von blauen Flecken. Wenn ich mich setzte tat mir ernsthaft mein Steißbein weh, da Voyeur mich bei einem der Stürze auf einer Holzstange abgesetzt hatte. Ich schloss meine Augen und ließ den Wasserstrahl über meinen Kopf prasseln. Noch drei Tage, dann war es so weit. Die Nervosität, die sich bereits jetzt in mir breit machte, war ich nicht gewohnt. Mit Embassy war es immer eine andere Nervosität gewesen, eine verheißungsvolle, freudige Nervosität. Jetzt, da ich wusste, dass ich mit Voyeur in dieses Springen musste, hatte ich ehrlich gesagt einfach Angst. Angst, dass er mich hängen lassen würde. Angst, dass er mich herunter buckeln würde. Angst, es nicht zu schaffen. Und ich hatte wahnsinnige Angst davor Sam zu treffen. Er würde ebenfalls da sein, so viel war sicher.

„Roxy?", ich erkannte Joshs Stimme an der Badezimmertür.

„Wehe, du kommst wieder rein, Josh. Dieses Mal fliegt der Fön, das verspreche ich!", schrie ich und grapschte sicherheitshalber nach einem Handtuch.

„Du hast Besuch!", sagte er nur, die Tür blieb verschlossen.

„Wer ist es denn?", fragte ich während ich aus der Dusche stieg und das Handtuch um mich wickelte. Sicher war es Dainelle, sie hing grad beinahe jeden Abend bei uns in der Hütte herum.

„Leo.", entgegnete Josh und ich schlug die Tür, die ich schon halb geöffnet hatte, sofort wieder zu.

„Ich komm gleich!"

Schnell sammelte ich meine Jogginghose und einen Pullover aus meinem Schrank und verknotete meine Haare, die noch immer nass waren. Urplötzlich war ich aufgeregt. Mein Herz schlug wahnsinnig schnell und mir war übel, richtig übel. Unsicher tapste ich ins Wohnzimmer. Luke und Josh saßen auf dem Sofa, Leo stand im Türrahmen zur Küche. Er wirkte völlig deplatziert.

„Hi Leo, ist was passiert?", fragte ich als ich das kleine Wohnzimmer betrat. Josh und Luke betrachteten Leo misstrauisch. Irgendwie tat es mir leid, die drei waren schließlich gute Freunde geworden. Der Umstand, dass Josh und Luke jetzt wieder ein Problem mit ihm hatten, lag an mir und weil ich mich bei ihnen über Leo ausgeheult hatte.

„Nein, kein Problem. Können wir mal reden?", fragte er, dann räusperte er sich. „Allein."

„Oh... klar... gehen wir nach draußen.", schlug ich vor und öffnete die Haustür. Leo ging an mir vorbei und ich drehte mich nochmal zu den beiden Pferdepflegern um.

„Wenn ihr uns belauscht, gibt's Ärger, kapiert?", zischte ich und schloss die Tür hinter mir.

„Hör zu Roxy, ich wollte mich bei dir entschuldigen...!", begann Leo. Seine Stimme klang rau, so wie immer. Mit seiner Hand fasste er sich unsicher an den Hinterkopf.

„Wieso denn? Du hilfst mir doch mit Embassy...!", sagte ich. Ich wollte nicht, dass er sich für sein unfaires Benehmen entschuldigte, es würde meine Fassade zum Bröckeln bringen. Ich konnte nicht mehr mit ihm zusammen sein, das Spiel von vorne spielen. Glücklich verliebt, dann bricht der Kontakt und Leo vergisst mich und schreibt mich ab. Nein, das wollte ich nicht nochmal durchmachen. Ich hatte gerade genug andere Sorgen.

„Das meine ich nicht. Ich war echt ein Arsch dir gegenüber."

Oh nein, er tat es wirklich.

„Schon gut!", sagte ich schnell und hoffte ihn so davon abhalten zu können weiter zu reden.

„Ich wollte dich niemals verletzen... ich weiß nicht...!", begann er doch ich unterbrach ihn schnell.

„Du hast mich nicht verletzt, alles in Ordnung!", ich setzte ein falsches Lächeln auf, das höchstwahrscheinlich wieder wie eine Grimasse aussah. Leo sah mich verwirrt an.

„Jedenfalls... als ich sagte, ich hätte gelogen, das war gelogen... nicht das, was ich eigentlich gesagt hatte...!", er klang jetzt sehr verunsichert.

„Ja, das ist doch egal jetzt... wer wann gelogen hat... vergiss es einfach!", ich machte eine wegwerfende Handbewegung. Ich war echt eine jämmerliche Schauspielerin. Leo schien das zwar zu bemerken, sagte jedoch nichts dazu. Er nickte langsam.

„Dann geh ich mal...!"

„Ist gut, bis dann.", sagte ich hektisch als er die Stufen der Veranda herunter ging. Er sah wirklich traurig aus, doch er hatte mich verletzt, ich durfte jetzt kein Mitleid haben, sonst würde ich schwach werden. Wenn ich ihm nachgeben würde, wäre ich ihm innerhalb von drei Sekunden wieder völlig verfallen. Er hatte einfach diese Wirkung auf mich. Ich konnte es nicht ändern.

***

Dass gekränkte Männer schlimmer sind als ungezogene Hengste, bemerkte ich sofort am nächsten Tag. Zu allererst war ich mehr als verwundert, dass Leos Wagen noch auf dem Hof stand, als ich in den Stall ging. Hatte er gerade Urlaub? Doch bevor ich mir um Leo Gedanken machen konnte, musste ich zuerst das Training mit Voyeur hinter mich bringen. Der Hengst wütete schon wieder in seiner Box herum, als ich den Stall betrat. Als er mich sah brummelte er leise. Ich wusste aber, dass es keine nette Begrüßung war, er sah mich wohl als die kleine verliebte Stute an, die ihm überall hin folgen wollte.

„Vergiss es, mein Lieber!", sagte ich grinsend während ich ihm das Halfter über den edlen schwarzen Kopf zog. Heute war der Hengst wieder etwas schneller geputzt und gesattelt. Allmählich akzeptierte er mich in seiner Nähe, und auch, dass ich Schnappen nicht tolerierte. Über den Hof tänzelte er trotzdem noch brummelnd, jedoch ohne mich hinter sich her zu ziehen, so wie es die letzten beiden Tage gewesen war. Ich führte ihn, er tänzelte – nicht optimal, aber wir kamen klar. Beim Aufsteigen stand er zum ersten Mal von Anfang an still, auch das Abreiten konnten wir mit einer kleinen Diskussion normal durchziehen. Auf dem Springplatz, stand ein Parcours. Er war nicht hoch, L-Niveau. Heute musste ich Voyeur testen, ich hatte nicht mehr viel Zeit. Als er korrekt an den Hilfen stand und sogar abwartete, was ich als nächstes von ihm wollte, steuerte ich auf einen kleinen Steilsprung zu. Er spitzte die Ohren, drückte sich kraftvoll mit der Vorhand ab, machte den Sprung wieder doppelt so hoch, als er eigentlich war, und kam geschmeidig auf der anderen Seite wieder an. Sofort setzte er zum Buckeln an doch ich erwischte ihn rechtzeitig und so schnaubte er nur unwillig. Schließlich konzentrierte ich mich auf den Parcours. Er war nicht schwer zu reiten, doch für das erste Mal mit diesem Rappen in Ordnung. Ich galoppierte ihn an, steuerte auf das erste Hindernis zu. Voyeur legte etwas an Tempo zu, spitzte die Ohren und schwebte über das Hindernis. Es war auf jeden Fall Luft nach oben, Potenzial hatte der Hengst! In der Kombination wurde er etwas hektisch was aber daran lag, dass er meine Hilfen ignorierte und wir so zu groß in die Kombination herein kamen. Trotzdem drückte der Rappe sich ab und schwebte über die bunten Stangen. Ich lächelte zufrieden, Voyeur war nicht einfach und wollte seinen Dickkopf durchsetzen, dennoch wollte er die Hindernisse überwinden und keine Fehler machen. Das waren sehr gute Voraussetzungen. Ich wünschte nur, wir hätten mehr Zeit bis zum Qualifikationsspringen.


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