Tagebuch einer Abenteurerin

Prolog

Der Tisch war gedeckt, Musik sorgte für feierliche Stimmung und wir hatten bereits die Sektgläser in der Hand, als Mum die Treppen runterpolterte. Ihr Gesicht war aschfahl und ihr Ausdruck buchstäblich zu Tode erschrocken. Meggie war von uns gegangen. Meine kleine, 9-jährige Schwester, die alles andere verdient hatte als den Tod, war an dem Tag, an dem ich meine Ausbildung erfolgreich absolviert hatte von uns gegangen. Und nun sitze ich hier im Flieger nach Amerika und habe plötzlich keine Ahnung mehr, was genau ich hier eigentlich tue. Fliehen. Mum und Dad tun das, was sie immer taten. Doch für mich war ein normaler Alltag undenkbar. Meggie hätte es mir gleich getan. Sie wäre geflohen. Geflohen vor all den Erinnerungen, den Gerüchen, den Gerüchten. All dem Druck konnte ich nicht standhalten. Plötzlich blitzt mir Mums Gesichtausdruck, als ich die Tür vor ihrer Nase zuknallte, auf.

Sie war entsetzt und wahnsinnig enttäuscht von mir, dass ich mich so radikal ändern konnte. Sie konnte nicht akzeptieren, wie mich dieses Ereignis geprägt hatte. Niemand konnte akzeptieren, was Meggies Tod mit sich brachte. Doch ich fühlte mich am schwächsten, obwohl ich doch die größte Last auf mich nahm: ihren größten Wunsch zu erfüllen. Der Kopf des Mannes neben mir fällt auf meine Schulter, als er endgültig eingeschlafen ist. Ein leises Seufzen entfährt mir, wobei mein Blick auf die Zeitanzeige fällt: 22:43. In 7 Stunde werde ich ein neues Abenteuer starten. Ein Abenteuer zu Ehren von Meggie, der wahrscheinlich größten kleinen Abenteurerin der Welt. Ich schließe die Augen und versuche, mich zu entspannen. Irgendwann muss ich damit abschließen. Doch jetzt, 2 Wochen nach ihrer Beerdigung, ist es noch zu früh loszulassen. Tief in meinem Inneren plagt mich das Gefühl, sie niemals gehen lassen zu können. Sie ist doch meine kleine Schwester.