5. Kapitel - San Francisco (CA)

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Es ist schon Abend, als ich mich endlich abfahrbereit hinters Lenkrad setze. Es ist für mich einfacher, durch viele Orte zu fahren und jeden Tag etwas Neues zu entdecken, um meinen Kopf von seinen alltäglichen Gedankengängen abzuhalten. Also entschied ich mich dazu, dass ein durchgeplanter Tag San Francisco reichen muss.

Vor mir erstreckt sich wundervolles Abendrot am Horizont, das zwar eigentlich schlechtes Wetter voraussagt, mich für einen Moment jedoch zutiefst glücklich macht. Es fühlt sich an, als wäre ich am Ende der Welt angekommen, und könnte getrost weiterfahren, ohne dass mir auch nur das Geringste widerfährt. Zum ersten Mal spüre ich das Glück, das ich über diese Reise empfinde.

Gegen Mitternacht halte ich an einer Tankstelle und bestelle mir einen viel zu überteuerten Kaffee, den ich mir beim Einsteigen auch noch über die Hose schütte. Ich möchte nicht schlafen, ehe ich die Hälfte der Strecke geschafft habe. Mir an einer Tankstelle, in einem dafür unpraktisch gebauten Fahrzeug, die Hose zu wechseln, da ich mir einerseits gefühlt den kompletten Oberschenkel verbrannt habe und meine Jeans intensivst nach Kaffee riecht, stellt ein minimales Problem dar. Ich höre den Wagen hinter mir Hupen, als ich mir gerade den Reißverschluss zuziehe. Seufzend drehe ich den Schlüssel im Schloss und mache mich erneut auf den Weg.

Die Sterne glitzern wundervoll. Ich wünschte, ich könnte aussteigen und mich hinlegen um sie besser betrachten zu können.

Gegen 1 Uhr überwiegt die Müdigkeit und ich suche mir einen geeigneten Platz um meinen Wagen für die Nacht stehen zu lassen. Mir bleibt leider keine andere Wahl, als erneut im Auto zu schlafen. Trotz der Unfähigkeit, die Augen offen zu halten, schlafe ich nicht ein. Auf einem Rastplatz zu schlafen ist ziemlich unangenehm. Ständig fahren neue Autos vor und andere reisen weiter. Ich ziehe eine Jacke von der Rückbank und steige schließlich aus, in der Hoffnung, durch die kalte Nachtluft zur Ruhe kommen zu können. Plötzlich höre ich eine raue Stimme, die mir ziemlich bekannt vorkommt. Als ich mich auf die Zehenspitzen stelle, um über das Auto spähen zu können, entdecke ich Daniel im Schein der Laternen. So froh ich auch bin, ein bekanntes Gesicht zu sehen, macht es mir irgendwie Angst, dass er mir überall über den Weg läuft. Vor allem jetzt, da ich über 300 Meilen von Portland entfernt bin. «Daniel?», rufe ich halblaut über den Parkplatz. Er dreht sich energisch um, und als unsere Blicke sich treffen, sieht er nicht überrascht aus. Er murmelt etwas zu dem Mann neben ihm, ehe er auf mich zukommt. «Was für eine Überraschung dich hier zu treffen», lacht er theatralisch und kratzt sich im Genick. «Was machst du hier?», frage ich ihn ganz direkt. «Ich war auf dem Weg nach», fängt er an, dreht sich nach hinten um, wo vor wenigen Sekunden noch seine Bekanntschaft stand, und fährt fort. «Ich war auf dem Weg nach San Jose». Ich würde nicht behaupten, dass ich gute Menschenkenntnisse habe, aber jeder hätte mir bestätigt, dass er lügt. Ich nicke. «Gute Reise», wünsche ich ihm kühl und entferne mich in Richtung Toilette.


Tagebuch einer AbenteurerinWo Geschichten leben. Entdecke jetzt