Kapitel 17

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Je weniger Meter mich noch von dem Kellerraum trennten, desto aufgeregter wurde ich. Wie würde Gideon reagieren, wenn er mich sah? Und wie würden die anderen nach meinem Ausfall gestern mit mir umgehen? Viel zu schnell waren wir vor der betreffenden Tür angekommen und traten ein.

Rund um den Chronografen standen Falk, Mr George, Dr. White, Elizabeth und Gideon. Letzterer schaute auf, als wir eintraten. Sein Blick blieb an meinem hängen und einen Moment lang starrten wir uns einfach nur an, abmessend und ich meinte auch eine gewisse Sehnsucht in seinem Blick zu sehen. Vielleicht würde er ja einfach zu mir kommen, mich in den Arm nehmen und alles wäre gut.

Ich versuchte mich an einem Lächeln.

„Hi", sagte ich in die Runde. Es klang ziemlich außer Atem. Gideon löste sich aus seiner Starre und nickte mir zu. Oh weia, ich hatte wirklich Mist gebaut. Meine gute Laune verabschiedete sich endgültig.

Auch Dr. White nickte nur kurz, was aber seinerseits schon enorm viel für eine Begrüßung war. Jedenfalls musterte mich aber niemand mit hasserfülltem Gesichtsausdruck, wie ich es insgeheim befürchtet hatte. Ein Glück!

Erst jetzt nahm ich die Kleidung der anderen beiden genauer unter die Lupe. Bis jetzt war ich eher darauf konzentriert gewesen, Gideons Gesicht zu mustern. Er trug einen dunkelgrünen Gehrock in genau demselben Farbton wie mein Kleid. Ich wurde ein wenig rot. Die gute Madame Rossini. Dazu schmückten ihn allerdings knallrote Kniebundhosen mit blauen Strümpfen und ich schmunzelte unweigerlich.

Elizabeth dagegen trug ein schlichtes aber schönes hellblaues Kleid, das ihre schmale Figur betonte und ihr blasses Gesicht auf eine vornehme Art noch blasser wirken ließ.

„Hallo, Gwendolyn. Wir haben mit Gideon und Elizabeth bereits alles geklärt. Ich habe ein Zeitfenster von zwei Stunden eingestellt, das dürfte reichen. Schließlich sollt ihr nur ein Datum herausfinden. Ihr werdet den Grafen ein paar Tage vor dem Ball treffen. Denn nach dem Ball wird er nicht mehr davon ausgehen, dass ihr noch in seinem Interesse handelt", erklärte Falk.

„Elizabeth, du kennst deine Rolle. Ihr solltet am besten alle ein wenig . . . verstört wirken, damit die Geschichte mit dem Attentat authentischer erscheint. Ausgenommen von dir, Gideon, das wäre das letzte, was er von dir erwartet."

Angesprochener schnaubte und verdrehte die Augen. Seine Augenfarbe passte wirklich unglaublich gut zu seinem Gehrock. Ich sehnte mich so sehr nach ihm, dass ich beinahe einfach quer durch den Raum zu ihm gelaufen wäre, doch ich konnte mich gerade noch so bremsen. Ich hatte Angst vor seiner Reaktion.

Wir sprachen noch einmal den genauen Ablauf des angeblichen Attentats durch, damit uns gleich keine Fehler unterliefen und anschließend überreichte Falk Gideon einen Brief.

„Hier habe ich das angebliche Attentat noch einmal geschildert und bitte ihn darum, euch das Datum eines Treffens mit den anderen beiden mitzuteilen, um weiteres Vorgehen zu besprechen. Hoffentlich glaubt er euch." Er gab ein kurzes Seufzen von sich, als sei er nicht sonderlich davon überzeugt.

„In Ordnung, dann wäre der Chronograf nun einsatzbereit", lächelte Mr George.

Einen Moment herrschte Schweigen, dann meldete sich Gideon zu Wort.

„Ich springe zuerst. Der Graf ist nicht auf unseren Besuch vorbereitet und man kann nie wissen", sagte er und trat auf den Chronografen zu. Kurz streifte mich sein Blick, dann streckte er die Hand aus und ließ sich die dünne Nadel in den Finger bohren. Helles, weißes Licht brandete auf und Gideon war verschwunden.

„Gwendolyn, jetzt du." Mr George winkte mich nach vorne. Kurz fragte ich mich, ob sie Elizabeth gleich in Handschellen legen würden, sobald ich mich aufgelöst hatte. Ich glaubte nicht, dass sie vollends Vertrauen zu ihr gefasst hatten. Konzentration, Gwendolyn!

ObsidianschwarzWo Geschichten leben. Entdecke jetzt