Kapitel 13

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Als der Schultag dann endlich gelaufen war, wusste ich untypischerweise nicht recht, ob ich mich darüber freuen sollte. Denn ich konnte wahrscheinlich nicht davon ausgehen, dass in der Nacht ein Wunder geschehen war und der Graf plötzlich doch wieder hinter Gittern saß.

Vor der Schule wartete die schwarze Limousine auf mich und ich konnte das Gefühl der Enttäuschung nicht unterdrücken, als ich sah, dass es nicht Gideon war, der darin auf mich wartete. Es war überhaupt niemand, den ich kannte, sondern ein Adept, der sich mir als Mr Fitch vorstellte. Ich grüßte kurz und verkrümelte mich dann auf die Rückbank. Seit wann sammelten die Wächter so viele neue Adepten um sich herum an?

„Mr George lässt sich entschuldigen, doch er ist gerade nicht verfügbar", erklärte Mr Fitch. Ich warf ihm im Rückspiegel einen fragenden Blick zu.

„Der Innere Kreis tagt zurzeit", spezifizierte er. Ah, stimmt. Verdammt, das hatte ich schon wieder komplett vergessen!

Vor den Gebäuden Temples angekommen, öffnete der Adept mir höflich die Tür.

„Wissen Sie, ob Gideon hier ist?", fragte ich ihn. Ich wollte mich bei ihm für mein blödes Verhalten entschuldigen und zwar so schnell wie möglich.

„Er müsste sich im alten Refektorium befinden", lächelte Mr Fitch.

„Alles klar, danke", gab ich zurück und war schon durch die Tür verschwunden, als er mir ein „Keine Ursache" hinterherrief.

Was wollte Gideon denn im alten Refektorium? Mit diesem Ort verband ich eine Reihe unliebsamer Erinnerungen, was zu einem Großteil an Giordano lag. Allein schon wenn ich nur an ihn dachte, wurde mir ein wenig flau im Magen.

Im Foyer nickte mir Mrs Jenkins freundlich zu und klärte mich darüber auf, dass die Tagung des Inneren Kreises noch etwa eine Stunde lang dauern würde. Anschließend hatte man hoffentlich einen Plan gefasst.

Auch unsere Sekretärin wirkte ziemlich blass um die Nase und schien ein wenig gestresst zu sein. Mit einem Blick auf ihren Schreibtisch stellte ich fest, dass das aber auch wirklich nicht verwunderlich war, denn dort türmten sich die Papierberge nur so.

Ich lief gemäßigten Tempos die Treppen hinauf und sah schließlich die Tür zum alten Refektorium vor mir auftauchen. Sie stand einen Spalt weit offen und dahinter konnte man gedämpfte Stimmen hören. Giordano war allerdings nicht dabei, den hätte ich nämlich schon aus einem Kilometer Entfernung gehört.

Kurz bevor ich die Hand nach der Tür ausstrecken wollte, blieb ich stehen. Ein helles Lachen erklang hinter der nur angelehnten Tür, das auf keinen Fall von Gideon kam. Elizabeth. Gideon lachte allerdings ebenfalls kurz darauf und ich versteinerte.

„Ich bin so ungeschickt. Kannst du mir das noch einmal zeigen?", bat Elizabeth, immer noch lachend. Meine Zähne krachten unsanft aufeinander und ich lehnte mich neben der Tür an die Wand. Ihr Tonfall erinnerte mich gerade stark an den meiner lieben Cousine. Flirtete sie etwa gerade mit Gideon?!

Undeutlich konnte ich hören, wie er etwas zu ihr sagte, dann hörte man Metall auf Metall schlagen. Sie fochten offensichtlich. Doch ein paar Sekunden später brachen sie erneut in Lachen aus.

Um zu sehen, was so lustig war, schielte ich vorsichtig um die Ecke. Zum Glück standen beide gerade so, dass sie in die mir entgegengesetzte Richtung guckten und ich hatte einen Moment Zeit, den Anblick, der sich mir bot, wirken zu lassen.

Gideon hatte seinen Degen beiseitegelegt und sich nun hinter Elizabeth postiert. Diese hielt ihren Degen allerdings noch immer in der Hand und Gideon umfasste ihr Gelenk, um den Degen in die richtige Position zu führen. Lehnte sie sich etwa gegen ihn?

ObsidianschwarzWo Geschichten leben. Entdecke jetzt