Nachdem wir Mr George und Elizabeth aufgeklärt hatten und die Verwirrung aus ihren Gesichtern verschwunden war, führte Mr George uns ins alte Alchemielabor, um uns schnell elapsieren zu lassen, bevor noch jemand unerwünschter Weise einfach verschwand.
Als wir die Treppe zu den Kellergewölben betraten, fühlte ich mich sehr plötzlich wieder in die Gegenwart zurückkatapultiert und versuchte, das Bild von Marley, der vor mir die Treppe hinunterging, zu verdrängen. Meine spielerische Laune von eben war verflogen.
Gideon schien mal wieder meine Gedanken lesen zu können und legte beschützend den Arm um meine Hüfte. Es war beinahe beängstigend, wie gut er meine Stimmung deuten konnte. Dann raunte er mir ins Ohr, dass Mom und Caroline nach Hause gefahren waren. Ich nickte nur.
Mr George schickte uns drei für zwei Stunden ins Jahr 1956, in dem Gideon und ich uns auf Cousine Sofa niederließen, während Elizabeth mit einem der Holzklappstühle vorliebnahm.
Wir wechselten nicht viele Worte, worüber ich dankbar war. Zwar hätte ich gerne mit Gideon gesprochen, aber das wollte ich unter vier Augen tun und nicht mit Elizabeth daneben. Die Arme musste sich bestimmt sowieso schon wie das fünfte Rad am Wagen fühlen. Oder eher das dritte Rad am Fahrrad.
Ich räusperte mich. „Wie gefällt es dir inzwischen in England, Elizabeth?"
„Och, es ist gar nicht so schlimm", erwiderte sie und schnitt eine Grimasse. „Zwar nicht so komfortabel wie in meiner Zeit und die Leute leben hier so verschwenderisch. Aber alles in allem könnte ich mich daran gewöhnen."
Dies sagte sie mit einem traurigen Lächeln, was mich an ihrer Aussage zweifeln ließ.
Wieder schwiegen wir eine Weile.
„Gwen . . .", setzte Gideon dann an.
Ich schaute ihn fragend an und er seufzte.
„Das mit morgen . . . was hältst du davon, wenn wir das verschieben? Vielleicht zwei Tage nach hinten. Bis dahin kann der Graf wohl kaum irgendwelche bedeutenden Schritte einleiten."
Dabei klang er so, als müsste er sich davon selbst noch überzeugen. Ich lächelte leicht und schüttelte den Kopf.
„Nein, wir machen das morgen. Es vor uns herzuschieben bringt ja nichts, irgendwann ist es dann doch so weit. Außerdem würde Falk einen hysterischen Anfall bekommen, wenn wir jetzt anfangen, seine Pläne über den Haufen zu werfen."
Bei dem Gedanken musste ich grinsen, doch Gideon schien das nicht lustig zu finden.
„Gwenny, nach dem, was du heute durchmachen musstest. . . Ich glaube einfach nicht, dass morgen der richtige Zeitpunkt . . ."
„Den werden wir niemals finden", seufzte ich und schmiegte mich dichter an seine Schulter.
Er strich mir gedankenverloren ein paar Haare aus dem Gesicht und drückte seine Lippen auf meine Stirn.
Mit einem Mal fand ich den Gedanken, dass ich heute Abend wieder ohne ihn sein musste, beinahe unerträglich. Vielleicht konnte ich Mom breitschlagen, sodass er heute Nacht bei mir schlafen durfte.
Bevor ich ihn allerdings darauf ansprechen konnte, löste Elizabeth sich in Luft auf und wir schafften es gerade noch so vom Sofa aufzustehen, als wir auch schon wieder in die Gegenwart zurückgeworfen wurden.
Dort angekommen, nahm uns Dr. White in Empfang und führte Gideon und mich in den Drachensaal, in dem uns der Rest der Wächter erwartete. Elizabeth wartete so lange bei Mrs Jenkins.
„Gwendolyn", begrüßte uns Falk mit betretener Miene. Ich schnitt eine Grimasse.
„Es tut uns allen sehr leid, was heute vorgefallen ist. Mr Marley wird den Kerker so schnell nicht mehr verlassen. Wenn du irgendetwas . . . brauchst, kannst du dich jederzeit an uns wenden. Ich habe hier eine Visitenkarte, die ich dir gerne geben würde."
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Obsidianschwarz
FanfictionEtwa eine Woche nach Smaragdgrün: Der Graf schmort in den Kerkern Temples, es gibt keine anstrengenden Zeitreisemissionen mehr zu erfüllen und eigentlich wäre alles Friede, Freude, Eierkuchen. Aber eben nur eigentlich, denn eines Tages treffen Gwen...