Kapitel 15

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Sobald die Tür hinter Mr George und mir zugefallen war, blieb er stehen und sah mich aufmerksam an.

„Was ist los, Gwendolyn?" Dabei warf er mir einen so großväterlichen Blick zu, dass ich einfach losplapperte.

„Ich weiß nicht. Ich habe überreagiert, das wollte ich nicht . . . es ist nur so, dass Elizabeth . . . und Gideon . . ." Ich brach ab, da mir erneut die Tränen in die Augen traten. Oh man, war ich jetzt wirklich zu einem kleinen Wasserfall mutiert?

Mr George machte eine beschwichtigende Handbewegung.

„Du musst mir nicht alles erzählen, aber sprich dich mit Gideon aus. Er sieht auch ziemlich mitgenommen aus und glaub mir, reden hilft", lächelte er.

„Morgen", versprach ich. „Jetzt möchte ich nur noch nach Hause. Können Sie mich vielleicht fahren? Ich will nicht, dass Gideon . . . er hält mich bestimmt für völlig bescheuert", sagte ich traurig. Ich schämte mich für mein Verhalten und wollte mir heute keine Moralpredigten mehr von Gideon anhören. Die Vorwürfe, die ich mir selbst machte, reichten mir völlig. Außerdem war ich mir sicher, dass, wenn er mich noch einmal mit diesem abweisenden Ausdruck von eben anschaute, ich wirklich zu weinen anfangen würde.

Mr George lächelte verständnisvoll. „Das glaube ich zwar nicht, aber ich werde sehen, ob ich Mr Marley losschicken kann. Ich habe noch einige Dinge mit Falk zu klären, deswegen bin ich gerade nicht als Fahrer verfügbar."

„Danke, Mr George." Ich bemühte mich ebenfalls um ein Lächeln, doch ich spürte, dass es kläglich misslang.

Ich lief neben ihm die Gänge entlang und hatte dabei leider viel zu viel Zeit, meinen Gedanken nachzuhängen. Wieso um Himmels Willen hatte ich Elizabeth diese Worte an den Kopf geworfen? Ich benahm mich komplett albern mit meiner blöden Eifersucht. Und Gideon dachte jetzt bestimmt, dass ich nicht mehr alle Tassen im Schrank hatte. Das jedenfalls war das, was ich selbst von mir dachte.

Natürlich hatten sie sich nicht geküsst! Verdammt, und ich blöde Kuh musste natürlich alles kaputt machen!

Als wir schließlich bei Madame Rossinis Atelier angekommen waren, verabschiedete sich Mr George von mir.

„Bis morgen, Gwendolyn. Mach dir nicht zu viele Sorgen. Ich bin sicher, dass das alles nur ein Missverständnis ist. Soll ich Gideon irgendetwas ausrichten?"

Ich schüttelte lahm den Kopf. Ich würde mehr als ein paar Worte brauchen, um ihm mein Verhalten zu erklären und das wollte ich ganz bestimmt nicht über Mr George als Mittelsmann tun.

Er nickte, zwinkerte mir zu und trat den Rückweg an. Offensichtlich hatte er mehr verstanden als ich angenommen hatte. Ich hoffte, dass er richtig lag, atmete einmal tief durch, und klopfte dann an Madame Rossinis Tür.

Auch die muntere Französin bemerkte sofort, dass etwas mit mir nicht stimmte. Während der Anprobe berichtete ich ihr von den Ereignissen der letzten Stunden und sie brach in nicht ganz berechtigte Schimpftiraden über Gideon aus („Dieser ungezogene Rüpel, dass er sich nicht schämt!") die mich sogar kurz zum Lachen brachten.

Bei dem Kleid handelte es sich um ein - mal wieder - viel zu tief ausgeschnittenes, dunkelgrünes und Madame Rossini hatte wieder ganze Arbeit geleistet, denn es passte wie angegossen und ich fühlte mich wie eine holde Maid aus dem 18. Jahrhundert.

Nachdem ich das Kleid aus- und meine Klamotten wieder angezogen hatte, schloss mich Madame Rossini in die Arme und flüsterte mir zu, dass alles gut werden würde. Das war dann doch etwas zu viel für mich und ich machte mich – schon wieder den Tränen nahe – schnell von ihr los, um Schlimmeres zu verhindern. Heute war ich offensichtlich extrem nah am Wasser gebaut.

ObsidianschwarzWo Geschichten leben. Entdecke jetzt