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In dieser Nacht schlief er in meinem Bett, aus dem einfachen Grund: Das Sofa war zu klein für uns beide und ich wollte nicht allein sein. Ich hatte keine Angst, aber ich genoss seine Nähe und hatte es ihm deshalb angeboten.
Natürlich rein freundschaftlich, denn während des Gesprächs hatte ich bemerkt, dass meine anfänglichen Schwärmereien tatsächlich nur von kurzer Dauer und darauf zurück zu führen waren, dass mein Verstand nicht ganz klar war. Ich fühltemich allein und hilflos, als Taddl mich auffing und mir half wieder aufzustehen, daher hatte mein Kopf kurzerhand entschieden, dass der Typ mit der dunklen Stimme ein Heiratskandidat war, doch bereits bei meinem kleinen Aussetzer wurde mir klar, dass meine Gefühle auf einer rein freundschaftlichen Ebene basierten und nicht nach mehr verlangten. Ich fühlte mich wohl und geborgen in seiner Nähe, doch hatte ich keine Schmetterlinge im Bauch, ich mochte ihn einfach nur.
Müde rieb ich mir die Augen, wusste nicht wie spät es war, hatte allerdings jetzt auch Angst meinen Wecker zu fragen, da ich den Mann neben mir nicht wecken wollte. Aus diesem Grund blieb ich still liegen, die Decke bis zum Hals gezogen, starrte ich mit blicklosen, geöffneten Augen ins Nichts und horchte währenddessen auf die leisen Geräusche der Straße draußen. Autos fuhren vorbei, manchmal hupten sie, einmal bremste eines sogar mit quietschenden Reifen. Ich dachte mir Geschichten zu den einzelnen Geräuschen aus. Woher sie stammen, wohin sie wollen, was genau für ein Problem auftrat, wenn sie hupten oder abrupt bremsten.
Irgendwann regte sich Taddl neben mir, woraufhin ich beschloss ihn zu wecken. Unsanft stieß ich ihn an, woraufhin er sich grunzend weg drehte. Ich trat ihm gegen sein Schienbein, was er gänzlich ignorierte, weshalb ich ihm also meinen Finger zwischen die Rippen rammte, mehrmals, jedesmal ein Stückchen härter, bis er frustriert stöhnend erwachte und mich beinahe überwalzt hätte, als er wie eine Furie herumfuhr. "Pass auf!", quiekte ich warnend, da ich mich nicht retten konnte.
"Steh auf, du Walross.", beleidigte ich ihn, bekam als Antwort allerdings nur ein entnervtes Stöhnen. "Du Missgeburt liegst halb auf mir.", neckt ich ihn bösartig und piekste ihn in den Hinterkopf. "Steh auf, du faules Stück Stoffwechselendprodukt!", sagte ich jetzt streng und schon ihn von hinten an, woraufhin er herum fuhr, frustriert unverständliche Worte brabbelte und sich aus dem Bett erhob. Ich folgte ihm, nachdem ich die Zimmerpreise gehört hatte.
Lächelnd stieg ich die Treppe hinunter in die Küche, während Taddl oben duschen ging.
Sein Mitbewohner würde heute zurück kommen, Miri auch. Dann wären wir beidenicht mehr alleine und könnten jeder sein eigenes Leben wieder leben.
Ich fragte mich in diesem Moment, während der Cappuccino in die Tasse lief, ob der Mann und ich uns begegnet wären, wenn meine beste Freundin nicht plötzlich nach Paris geflogen wäre.
Die Maschine gab den bekannten Piepton von sich, woraufhin ich meine Tasse nahm und den ersten Schluck kochend heiß genoss.
Ich vernahm die Geräusche von nackten Füßen auf Laminat-Boden, die immer näher kamen und grinste übertrieben. "Auch Cappuccino?", bot ich höflich an, doch er verneinte. "Machst du wieder Frühstück?", fragte ich hoffnungsvoll, woraufhin er wieder verneinte. Jetzt seufzte ich. "Bist du sauer, weil ich dich so unsanft geweckt habe?" "Nein, Clarisse.", murmelte er leicht genervt. Ich verdrehte meine nutzlosen Überbleibsel aus einem früheren Leben - die Augen und nahm einen weiteren Schluck meines Koffein-Getränks.
"Ich glaube ich sollte jetzt mal gehen. Ich bin dir bereits viel zu lange zur Last gefallen.", meinte er ausdruckslos und verschwand so schnell, wie er gekommen war, wieder nach oben in mein Schlafzimmer, um sich höchstwahrscheinlich restlos anzuziehen. Ich wartete unterdessen darauf, dass meine zweite Tasse Koffein fertig werden würde.
Nach gefühlten sieben Stunden stieg er endlich die Treppe wieder hinunter. "Ich wollte dir nur sagen, dass du keine Last bist.", rief ich ihm zu, woraufhin ich ein etwas unwirsches Knurren vernahm, "Ehrlich nicht. Bist hier jederzeit Willkommen." "Alles klar. Danke. Hat Spaß gemacht.", richtete er die ersten normalen Worte heute an mich, in seiner Stimme schwang ein wenig Freude mit und letztendlich umarmte er mich noch vorsichtig. Ich grinste warscheinlich nur blöd und schloss die Tür hinter ihm.
Als ich hörte, wie er die Treppenstufen nach oben stieg, wurde mir schlagartig die Stille in dieser Wohnung bewusst. Sofort rief ich nach meiner Hündin und vergrub meine Hände in ihrem kurzen Fell.
Das Telefon klingelte, aber ich hatte keine Lust abzuheben, weshalb ich es einfach ignorierte und weiterhin im Flur hockend meinem Hund den Bauch kraulte.

Blind ● Taddl (Reupload) Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt