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Ich lehnte mit der Stirn an der kalten Scheibe des Autos, hielt die Augen geschlossen und horchte auf das gleichmäßige Rollen der Reifen.
"Familientreffen sind anstrengend.", meinte Peter neben mir leicht konzentriert. Ich nickte einfach nur stumm und ließ mich wieder von der vorherrschenden Stille im Wagen einhüllen.
Ich genoss das Gefühl einen vertrauten Menschen neben mir zu spüren, dessen Anwesenheit nicht so aufdringlich war, wie die manch Anderer. "Du sagst mir, wenn du mal auf Toilette musst oder so, ja?" "Natürlich."
Die gesamte Fahrt über schwiegen wir, unterbrochen von kurzen Fragen und Gesprächsfetzen. Auf das Ende hin kam ich sogar kurz zum Schlafen. Als Peter mich letztendlich sanft weckte, um mir mitzuteilen, dass wir da wären, gähnte ich und streckte mich genüsslich, aber dennoch müde. "Ich bring dich noch rein.", meinte er leise und nahm meine Hand. Ich gab ihm den Schlüssel und folgte dann einfach hinein in das warme Haus. In meiner Wohnung umhüllte mich sofort der gewohnte Duft meines momentanen Lebens. "Ist deine Mitbewohnerin Zuhause?" "Ich weiß es nicht.", flüsterte ich und tastete nach dem Lichtschalter für das Wohnzimmer.
Das weiche Fell meiner Hündin kitzelte mich plötzlich an der Hand und ich musste lächelnd. "Hallo Cira.", flüsterte Peter und kniete neben mir nieder, während ich weiter in den Raum trat und tief einatmete. Damit wäre auch das erste Familientreffen seit meinem Auszug geschafft und soweit ich wusste, würde erstmal kein weiterer Geburtstag anstehen. Ich würde also meine Ruhe genießen können, ehe ich mich entscheiden musste, was ich aus meinem Leben machen wollte.
"Ich muss weiter, Cousinchen.", raunte Peter mir ins Ohr und umarmte mich dann herzlich. Ich drückte ihn an mich und genoss es, dass er einfach mit mir verwandt war und mich so nahm wie ich war.
"Tschüss.", raunte ich ihm mit erstickter Stimme zu und spürte wie mein Gesicht etwas nass wurde. "Nicht weinen, Kleines. Wir sehen uns bald wieder. Versprochen."
Mit diesen Worten drückte er mir einen sanftem Kuss auf den Scheitel und verschwand, ließ mich allein in der Dunkelheit zurück. Ich wusste nicht wie spät es war, doch war ich mir sicher zu sterben, wenn ich jetzt allein blieb.
Vorsichtig stieg ich die Treppe nach oben zu den Schlafzimmern, klopfte bei Miriam und stieß sachte die Tür auf. "Miri?", fragte ich leise in die Stille hinein und tastete mich bis zu ihrem Bett. Es war leer, unbenutzt.
Sofort erfüllte mich eine Leere, die mein bilderloser Körper nicht zu füllen wusste. Panisch rannte ich die Treppe nach unten, suchte verzweifelt in jeder Ecke nach Miriam oder jemandem anders und fing letztendlich an laut zu schreien. Mein Gehirn realisierte erst einige Zeit später, dass mich warscheinlicher jeder im Haus gehört haben musste, woraufhin ich sofort meinen Mund schloss und zu Cira auf den Boden sackte. Ich fühlte mich verlassen, allein in der körpereigenen Dunkelheit zurückgelassen, wusste ich nicht wohin mit meinen Gefühlen.
Ich vergrub die Hände in den Haaren und versuchte mich beinahe am Rande der Verzweiflung wieder unter Kontrolle zu bringen.
Meine Gedanken sprangen nur so hin und her, zwischen Panik um den Verbleib meiner besten Freundin und Schmerz über den Verlust meines Cousins, obwohl er gerade mal fünf Minuten verschwunden sein dürfte.
Ein Klingeln an der Haustür riss mich aus meinen wirren Gedanken. Mühsam stand ich auf und trottete zur Haustür. Dachte ich jedenfalls, denn als ich plötzlich mit Schwung gegen eine Wand lief, konnte ich mir meines Orientierungssinns scheinbar nicht mehr so sicher sein. Ich rieb mir kurz über meine Arme und suchte nach den Flur, um die Tür zu öffnen.
Es klingelte ein weiteres Mal. "Ich suche ja die Tür!", rief ich laut und atmete erleichtert aus, als ich endlich eine Ecke fühlte und kurz darauf die Türklinke zu fassen bekam. Ich riss daran und stolperte in diesem Schwung nach vorn, wurde aber glücklicherweise von starken Armen aufgefangen, die mich auch sofort festhielten.
Dankbarkeit erfüllte mich, als ich Taddls vertrauten Geruch wahrnahm.
Er schob mich zurück in die Wohnung. "Was ist denn los?", fragte er mich und die Sorge in seiner Stimme war deutlich zu hören. "Ich konnte Miriam nicht finden und ich war alleine und dann hatte ich Angst und irgendwie...", ich verstummte, stoppte meinen unkontrollierten Redefluss und ließ mich ein weiteres Mal in die starken Arme des Mannes ziehen. Diesmal währte das Ganze länger und fühlte sich beinahe richtig an, doch irgendetwas in meinem Hinterkopf sagte mir, dass es nicht sein sollte. Egal was mein Herz dachte, wir würden nicht passen. Niemand passte zu mir, genau das hatte ich akzeptieren müssen. Ich drückte mich noch etwas fester an ihn. Es fühlte sich einfach zu gut an.

Blind ● Taddl (Reupload) Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt