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Das Alleinsein schien zur Gewohnheit zu werden, jetzt wo ich nicht mehr bei meinen Eltern wohnte, denn bereits zwei Tage später verkündete Miri mir begeistert, dass sie für zwei Tage mit Freunden nach Paris fliegen würde.
Ich hatte entspannt auf dem Sofa gesessen und mir ein Hörbuch angeschaltet gehabt, über Kopfhörer natürlich, als meine beste Freundin mich mit dieser Nachricht überraschte.
"Clari?", begann sie plötzlich neben mir zu sprechen, weshalb ich zusammen zuckte und bereits im Begriff war aufzuspringen, "Ich muss dir was erzählen." Mein Herz klopfte immernoch extrem, als sie weiter sprach: "Ich werde übermorgen mit paar Leuten nach Paris fliegen. Zwei Tage. Wäre das sehr schlimm für dich?" Ja! Ich hatte in den 3 Tagen, die ich hier war nicht einmal das Haus verlassen, wie also sollte ich mir essen besorgen? Willst du, dass ich verhungere? "Nein.", antwortete ich und rang mir ein freudiges Lächeln ab, weil ich wusste, wie besorgt sie war. "Ich hätte es dir ja viel eher gesagt, aber es stand noch nichts fest und...naja. Danke.", faselte sie aufgeregt drauf los, während sie mich einmal fest in den Arm nahm. "Ist in Ordnung. Ich schaffe das schon." Irgendwie.

Der nächste Tag war unheimlich anstrengend, jedenfalls, wenn man davon ausging, dass ich nichts ahnend im Bett gelegen hatte, als Miri herein stürmte und begann mich zu fragen, welches der beiden Kleider, die sie mitnehmen wollte, ich besser fand. Ich versuchte mir vorzustellen, wie sie da vor mir stand und jedes Teil in die Luft hielt, um meine Meinung zu hören. Nur leider musste ich sie enttäuschen. Ich konnte mir nicht denken, welche Farbe und welchen Schnitt sie hatten. "Miri, ich weiß ja nicht, ob du mich jetzt verarschen willst und dir innerlich einen ablachst, aber erstens will ich noch schlafen. Zweitens ist es Winter, wofür also Kleider? Und drittens glaube ich kaum, dass ich dir in Sachen Stilberatung und Kleiderauswahl eine große Hilfe bin.", motzte ich, wie es sich für einen wahren Morgenmuffel gehörte und drehte mich zur Wand.
Das Problem, dass ich nicht einschlafen können würde, weil es zu hell ist, hatte ich nie gehabt, wie denn auch? Jedenfalls schloss ich meine Augen einfach wieder, machte zwar keinen großen Unterschied, war aber definitiv besser, als mit Offenen zu schlafen und versuchte Miri auszublenden.
"Ach scheiße, Clarisse, tut mir leid. Ich bin nur ziemlich aufgeregt.", rief sie aufgelöst aus und ich hörte die Kleider rascheln. Ein mürrisches Grummeln fand seinen Weg in die Freiheit und kurz darauf konnte ich hören, wie sie die Tür hinter sich schloss.
Endlich wieder mit meiner Ruhe und meiner ewig währenden Dunkelheit allein, kuschelte ich mich zurück in die Kissen und versuchte mich zu erinnern, was ich gerade geträumt hatte.
Leider konnte man ja nicht auf Pause drücken, dabei war ich mir so sicher, dass es schön war. Ich träumte gerne, denn dort konnte ich normalerweise immer Sehen und das fühlte sich für mich eigentlich jedesmal wie ein Segen an, aber diesmal schaffte ich es nichtmal wieder einzuschlafen. Morpheus, der Gott der Träume, schien mich zu verschmähen, weshalb ich kurz darauf frustriert die Augen aufschlug, ohne einen Unterschied zu merken, mich anzog und bereits zehn Minuten später unten in der Küche auftauchte. Die Kaffeemaschine brodelte, weshalb ich kurzerhand davon ausging, dass Miri entweder gleich kommen würde oder bereits irgendwo hier war.
"Was willst du auf dein Brötchen, Clari?", fragte meine beste Freundin genau in diesem Moment, weshalb ich lächeln musste. "Butter.", antwortete ich ihr kurz und tastete mich langsam vor, bis ich die mittlerweile wieder stille Kaffeemaschine gefunden hatte. Ich zählte die Knöpfe auf der rechten Seite, bis ich zum fünften gelangte und drückte darauf. Es war der Cappuccino-Knopf, den ich mir über die Jahre hinweg, die meine Eltern diese Maschine bereits besessen hatten, ziemlich gut eingeprägt hatte. Niemals würde ich vergessen, welcher Knopf zu meinem heißgeliebten Koffeingetränk gehörte.
Zischend erwachte die Technik jetzt zum Leben und man konnte bereits die heiße Flüssigkeit in die Tasse fließen hören.
Wie jeden Morgen erfüllte der Duft des Kaffees und frischer Brötchen unsere Küche, bzw. unsere gesamte Wohnung, denn es gab ja keine Tür zwischen Wohnzimmer und dem Raum in dem wir uns befanden.
Ich atmete tief ein und ließ diesen einzigartigen, frühmorgentlichen Duft auf mich wirken.
"Willst du noch länger da stehen oder Essen kommen?", riss mich die Stimme meiner besten Freundin harsch aus meinen Gedanken. Ich seufzte tief, hatte aber nicht bedacht, dass ich von der Kaffeemaschine aus, erst um die Kochinsel herum gehen musste, um zum Tusch zu gelangen, weshalb ich jetzt mit dem Schwung des normalen Ganges gegen den Tresen stieß.
Mein guter Cappuccino verteilte sich, Miris Reaktion nach zu urteilen, über die gesamte Fläche der Kochinsel und natürlich auch über meine Klamotten, denen meine größte Trauer allerdings nicht galt. Der leckere Cappuccino, ohne den ich früh einfach nicht konnte, war nun Teil unserer Kücheneinrichtung.
Ich wollte mich gerade umdrehen, um einen Neuen zu machen, als meine beste Freundin mich zurück hielt und mir befahl mich zuerst umzuziehen, bevor ich überhaupt noch etwas tat.

Blind ● Taddl (Reupload) Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt