Vier Tage nach dem kleinen "Zwischenfall" in Liams Büro, entschloss ich mich Dad einen kleinen Besuch abzustatten.
Es hatte geschneit und so stampfte ich mit meinen Stiefeln durch den weißen, hohen Schnee in Richtung Dads Grab.
Erschöpft blieb ich vor dem Grabstein stehen. Mein Atem zauberte kleine Wölkchen in die Luft. Meine Nase schmerzte etwas vor Kälte, ebenso wie meine Hände.Zitternd versuchte ich sie aneinander zu reiben, doch dadurch taten sie noch mehr weh. Voller Hoffnung sie könnten sich erwärmen, steckte ich sie in die Jackentaschen, in denen sich bereits mein Handy, mein Portmonee, sowie Haus- und Autoschlüssel befanden.
Mit dem Fuß schaufelte ich den Schnee von dem Grabstein, bis ich die Schrift lesen konnte.
Johannes-Peter Zimmermann
12.02.1963 - 14.04.2002Ich seufzte.
"Du bist echt zu früh gestorben.", murmelte ich und starrte verträumt auf den Grabstein. "Wir hätten dich wirklich noch sehr gut gebrauchen können.".
Der beißende Wind wehte um meine Ohren. Ich zog den dicken Wollschal enger um meinen Hals. Von Weitem hörte ich, wie jemand durch den Schnee lief. Indem begannen dicke Flocken vom Himmel zu fallen.
Na toll. Hat es nicht schon genug geschneit?
Stöhnend kniete ich mich hin, um die künstlichen Blumen vom Schnee zu befreien, obwohl dies unsinnig war, da es ja weiterhin schneite. Meine knallroten Hände schmerzten allerdings noch mehr. Als ich die Blumen dann wieder ordentlich hinlegte, hörte ich eine raue Stimme hinter mir.
"Das wird nichts bringen. Es schneit doch wieder.", meinte die dunkle Männerstimme.
Oh nein.
Ich verdrehte die Augen und stand dann auf. Widerwillig drehte ich mich zu dem Mann um.
"Hast du nichts besseres zu tun?", fragte ich Michael gelangweilt. "Und überhaupt: Verfolgst du mich etwa?".
Michaels Mundwinkel zogen sich kurzerhand belustigt nach oben. Er war ganz in schwarz gekleidet. Es war schon beinahe faszinierend, wie er zu dem grellen, weißen Schnee einen Kontrast bildete. Einige Schneeflocken hatten sich in seinen dunklen Haaren verfangen.
"Nein.", sagte er. Dann drehte er sich kurz ein Stück weiter nach links und deutete auf eines der Gräber, die weiter entfernt standen. "Ich wollte auch nur jemanden besuchen.".
Seine braunen Augen fielen wieder auf mich.
"Und außerdem hätte ich Angst dir noch mal zu nahe zu treten.", meinte er sarkastisch und grinste frech.
Ist das jetzt ein Flirtversuch? Lächerlich.
Ich schmunzelte kurz.
Michael deutete daraufhin mit dem Kinn auf Dads Grab. Seine Miene war ernst.
"Dein Vater?", fragte er.
Kurz überlegte ich ihm nicht zu antworten. Wieso auch? Es ging ihn nichts an. Und überhaupt, wieso war er so nett zu mir? Er hätte allen Grund gehabt wütend auf mich zu sein!
Doch ich nickte.
"Warum ist er verstorben?", harkte er weiter nach.
Ich seufzte, sah kurz zu Dads Grab und dann wieder in Michaels Augen.
"Bei einem Autounfall.", antwortete ich. "Er hatte die Eisfläche auf der Autobahnbrücke nicht gesehen. Ich war gerade einmal 12, mein Bruder 16.".
"Das tut mir leid.", sagte Michael.
"Danke.", entgegnete ich und wunderte mich gleichzeitig über seine feinfühlige Art, die er scheinbar besaß. "Wegen wem bist du hier?", fragte ich dann aus reiner Höflichkeit.
Michael räusperte sich."Auch wegen meinem Vater.", meinte er mit leichter Verletzlichkeit in seiner Stimme. Bevor ich nach dem Grund fragen konnte, sagte er ihn auch schon. "Bauchspeicheldrüsenkrebs.".
Oh.
"Tut mir leid.", erwiderte ich.
Michael nickte einmal zum Dank. Indem war es still. Der eiskalte Wind pfeifte und wehte uns dicke Schneeflocken um die Ohren. Ich zog meinen Kopf ein, um mich noch etwas zu schützen, doch die Kälte zerrte an meinem Körper.
"Wollen wir ein Stück gehen?", hörte ich Michael fragen. "Dann wird es vielleicht etwas wärmer.".
Einen kurzen Augenblick überlegte ich. Doch was hatte ich schon zu verlieren? Und so nickte ich.
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Und Action! [Shindy FF]
FanfictionJoyce Zimmermann trifft bei einem Videodreh auf den Rapper "Shindy". Auf den ersten Blick scheint er nicht sehr sympathisch zu sein, doch die junge Frau soll lernen, dass der erste Eindruck oftmals täuschen kann...