Kapitel 2

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In der Eingangshalle fand ich Luna und Marley. Luna, das wundervolle Mädchen, was ich gerade mal ein Tag kannte und doch tief in mein Herz geschlossen hatte. Sie lächelte mich schwach an.

Irgendwas trieb mich dazu in ihre Arme zu fallen und erst mal zu weinen. Tröstend legte sie die Arme um meinen inzwischen dürren Körper und strich sanft über meinen Rücken, wobei selbst ich meine Wirbelsäule spürte. "alles ist gut, es ist vorbei", flüsterte sie ruhig. Wie ein trotziges Kind schüttelte ich den Kopf in ihren Armen. Verwirrt drückte sie mich etwas weg und sah mich fragend an. "Nicht so wichtig", meinte ich. "na komm, sag schon. Wir wollen dir doch helfen", lächelte sie warm. Sollte ich gleich sagen, dass ich nicht nur ein Augen Krüppel, sondern noch viel mehr war? "Es ist einfach so, dass ich jetzt noch alles mit Taddl und vor allem mit Ardy klären muss", meinte ich schnell. Es war nicht gelogen, aber auch nicht die ganze Wahrheit.

"Ardy hat das bestimmt nicht so gemeint, er ist ein ganz Lieber, wir können ja heute Abend vorbeikommen wenn du dich bereit dazu fühlst", schlug Luna vor. War ich denn bereit dazu? Bereit Ardy zu sehen, zu wissen wie er über mich dachte, wie er mit diesem so sensiblen Thema umging? Bereit in Taddl's glänzenden Augen zu sehen, die Sorge und auch Angst darin zu erkennen. Den unvergesslichen Geruch von Parfüm und Waschmittel wieder zu riechen.

"Nein, ich glaub ich brauch noch etwas Zeit", meinte ich. "ok, du kannst uns ja schreiben, wenn du mit jemand reden willst", lächelte sie. "Gerne", lächelte ich zurück. Luna's Lächeln war einfach so ehrlich und wunderschön, dass man mit lächeln musste.

"Sollen wir dich dann heim fahren oder willst du dir lieber ein Taxi rufen?", fragte Marley vorsichtig. "Können wir noch kurz Halt bei einer Apotheke machen?", fragte ich nach. "Klar kein Problem", lächelte er. "Danke", grinste ich und folgte den beiden zu Marley's Wagen. Ich hatte das Gefühl als wäre unter uns drei noch alles cool. Bei Taddl und Ardy war das anders. Von beiden war ich enttäuscht, aber jeweils auf eine andere Art und Weise.

Taddl hatte mein Geheimnis verraten, obwohl er mir sein 'Ehrenwort' gegeben hatte. Keiner seiner gesagten Wörter hatte noch Gewicht für mich. Von Ardy will ich erst gar nicht anfangen. Er sagte ich würde ihnen nicht vertrauen...Hallo?! Ich hab sie Tag ein Tag aus in mein Haus gelassen, hätte ihnen den Schlüssel vor die Türe gelegt, während ich mit meinem Vater außer Haus war! Kein Vertrauen...dass ich nicht lache! Er meinte es seien nur Augen...für ihn vielleicht. Für mich sind es Fehler! Gründe warum ich mich selbst nicht lieben kann! Er sagte ich sei beklopp, nur weil ich ritzen würde. Vielleicht hilft es mir ja, ohne das Ritzen wäre ich tot! Und wenn ich doch so bekloppt bin, warum lass ich mich auf die Jungs ein?! Ist das etwa auch bekloppt??!?

Als der Wagen zum Stehen kam, löste ich mich aus dem Hurrikan der Gedanken. "Wartete ihr kurz?", wollte ich wissen. Die beiden nickte und so verließ ich den Wagen und eilte in die Apotheke. Ich legte mein sieben Rezepte auf den Tresen und wurde erst mal schief angeschaut. Mit hochgezogenen Augenbrauen sah ich zurück und wartete auf die Reaktion der Apothekerin. Nach ein paar Momenten setzte sie sich in Bewegung und holte meine Spritzen, Kompressionsstrümpfe, ein Notfallpack und vier verschiedene Tablettenschachteln. Stumm packte sie alles in eine Tüte und ließ mich dann wieder gehen. Da ich über meinen Vater versichert war, musste ich nichts zahlen.

Wieder im Auto sahen die beiden geschockt auf meine recht große Tüte. "Was ist das alles?", fragte Luna verängstig. "Ach, nur eine Schiene für meinen Arm, etwas zum Desinfizieren und halt so Salben, damit die Narbenbildung nicht so schlimm wird", log ich. Wow im Lügen bin ich wirklich gut geworden. Luna erschien das als logisch und hakte nicht weiter nach. Bis zu mir nach Hause war es nicht weit und dann war auch schon der Moment des Abschieds gekommen. Lächelnd winkte ich den beiden und stand für einen Moment regungslos da. Die Rücklichter des Wagens waren schon vor Augenblicken um die Ecke verschwunden und trotzdem sah ich noch in die Richtung als könnte ich sie sehen. Ein kalter Windzug erinnerte mich daran in das Innere der Villa zu gehen. Da ich keinerlei Sachen, außer die Tüte von der Apotheke dabei hatte war ich gezwungen zu klingeln. Vielleicht war ja mein Vater zuhause und hatte sich freigenommen für die Zeit wo ich krank war. Er würde mich begrüßen, in den Arm schließen und sagen er hatte Angst mich zu verlieren.

Die Türe wurde geöffnete und Carina blickte mich überrascht an. Sie wusste wie ich die offensichtlichen Fragen hasst und konnte sich gerade noch davon abbringen ein "Sie sind ja schon wieder gesund", auszusprechen. Stumm lächelte sie mich an und öffnete die Türe ganz, um mich herein zu lassen. Ohne große Worte betrachte ich die leere Villa. Mein Vater war nicht da, er empfing mich nicht wie erhofft. Deprimiert ging ich in mein Zimmer und ließ mich auf mein Bett fallen. Ich hatte nichts was ich tun könnte und so starrte ich eine Weile einfach nur an die Wand. Irgendwie wollte ich es nicht wahr haben, dass ich so krank war, aber die Tabletten in meinem Schoß bewiesen das Gegenteil. Ich nahm die Tüte hoch und sah mir an, was alles darin war. Die Spritzen bereiteten mir am meisten Sorgen. Nicht, dass ich Angst vor Spritzen hätte oder so, ich wurde oft geimpft oder mir wurde oft Blut entnommen und ich hatte wirklich kein Problem damit, aber der Gedanke mir selbst eine Nadel in den Körper zu piksen, bereitete mir Bauchschmerzen. Ich legte die Spritzen bei Seite und sah mir die Kompressionsstrümpfe an. Sie sahen eng und unbequem aus. Beim Versuch sie anzuziehen scheiterte ich kläglich. Verzweifelt suchte ich auf Youtube eine Anleitung wie man diese verflixten "Socken" anzog. Nach fast einer halben Stunde waren die Strümpfe an. Sie waren wirklich extrem eng, der Stoff lang stramm um meine Haut und ich hatte das Gefühl als würde das Blut abgedrückt werden, aber irgendwie empfand ich das Gefühl auch als angenehm, zumindest noch. Das Notfallpack sah ich mir kurz an. Ein kleines Asthmaspray und einen Notfallpen, falls ich einen epileptischen Schock, Schwellungen oder ähnliches bekam. Als nächstes nahm ich mir die Tabletten vor. Als Nebenwirkungen war alles von "Übelkeit und Appetitlosigkeit" bis "Ohnmacht, Epileptischer Anfall und innere Blutungen"...klang schon mal vielversprechend.







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