Kapitel 13

499 41 0
                                    

- Amira POV

Weg von den Drogen kommen....super! Das geht nicht....weil ich nicht abhängig bin!

Alleine mit meinen Gedanken schloss ich mich in mein Zimmer, obwohl sowieso niemand außer Carina im Haus war. Stumm schluchzte ich in die Ärmel des Hoodies und ließ die Tränen einfach auf meine noch immer nackten Beine tropfen.

Warum hatte ich die scheiß Spritze nicht weg geräumt?! Warum hat Marley so reagiert....bei Ardy wäre es mir inzwischen egal, aber ich dachte Marley wäre cool mit mir.

Ich überlegte ob ich Freyja anrufen sollte, ließ es aber. Stattdessen kramte ich seit fast einem Monat das erste Mal meine Klinge wieder heraus. Als ich dann mit der Klinge und Taschentücher auf meinem Bett saß und die Narben in meiner Haut betrachtete, legte ich alle meine schlechten Gedanken zurecht.

Ardy würde das Kommende niemals verstehen.

Marley verurteilt mich ohne auf mich zu hören.

Ich bin krank und meine Vater interessiert es einen Scheiß.

Tobi ist wieder abhänig und das nur wegen meinem Unfall!

Die Liste wurde mit Minderwertigkeitskomplexen ins Unendliche ergänzt. Schnitt für Schnitt färbte sich meine Haut rot. Immer wieder schrie ich auf, da ich tiefer als gewohnt schnitt. Ich war kaputter, verletzter, verzweifelter, leerer und einsamer als je zuvor.

Die Schreie reizten mein Hals und rissen an meinen Stimmbänder, aber ich hörte mich auf zu schreien. Mir war es egal wenn Carina mich so sehen würde. Sollte sie doch, vielleicht würde sich dann endlich jemand um mich kümmern.

Ein kaum hörbares Klopfen und das Knacken einer sich öffnenden Türe, ließ mich für einen Moment stoppen. Ich sah auf und ließ die Klinge fallen.

-Taddl POV

"Wir gehen jetzt zu ihr", beschloss ich. "Ich geh da sicher nicht hin. Wer weiß was sie für ein kranken Trip die fährt", meine er einfach. "Die? Du nennst Amira einfach eine 'die'?! Hast du vergessen, dass sie DIE ist wo uns das Studio zur Verfügung gestellt hat?! Sie hat verdammt nochmal alles für uns gemacht und jetzt ist sie für dich nur noch eine 'die'?! Und das alles weil du der Überzeugung bist, sie würde Drogen nehmen", den letzten Satz murmelte ich, nahm meine Jacke und ließ Marley mit seinen Gedanken auf der Couch zurück.

Ein Auto hatte ich nicht und Amira wohnte minimal außerhalb von Köln. Mir bleib nichts anderes als mit der Bahn zu fahren. Nervös tippte ich mit meinen Füßen auf den Boden und wartete auf die Bahn.

Schon von Weitem hörte ich jemand schreien. Bitte lass es nicht Amira sein! Was wenn Tobi da ist und sie um Hilfe schreit?! Er könnte sie schlagen! Oder vergewaltigen! Die Szenarien brannten sich in meinen Kopf und ich fing an zu rennen. Meine Füße kamen vor der Villa zum Stehen. Nervös klingelte ich. Die Zeit verging quälend langsam und ich fing an mit den Händen gegen die Türe zu schlagen.

Es nütze nichts und so ging ich wenige Schritte zurück und musterte die Fassade der Villa. Alle Fenster waren geschlossen, aber ich entdeckte durch das Küchenfenster, dass die Türe in den Garten geöffnete war.

Schnell begab ich mich in den Garten und schlüpfte in die Villa. Die Schreie waren noch immer nicht verstummt und ich beeilte mich zu Amira's Zimmer zu gelangen. Bevor ich ins Zimmer stürmte kam mir ein Gedanke.

Was wenn Amira einen Anfall hatte und ich sie durch eine ruckartige Bewegung noch mehr erschrecken würde. Nervös klopfe ich und betrat unmittelbar danach das Zimmer. Da saß sie. Auf ihrem Bett. Mit einer Klinge in der Hand und einem blutverschmierten Bein. Ihr Blick traf meinen. Hellblau versank in dunkelblau schwarz. Die Klinge fiel aus ihrer blutigen Hand und schlug klirrend auf dem Boden auf.

Ihre Augen füllten sich mit Tränen und sie schlug die Hände vor das Gesicht um ihre Emotionen zu verstecken, aber ihre Augen hatten alles Preis gegeben. Sie waren verletzt und doch emotionslos. Ohne Scheu schritt ich zu ihr, setzte mich hinter sie und schlang meine Arme um ihren dünnen Körper. "Alles ist gut", flüsterte ich in ihre Haare. Trotzig schüttelte sie den Kopf. "Ich bin bei dir", hauchte ich und presste sie etwas fester an meinen Körper.

Es dauerte eine Weile bis sie sich beruhig hatte. Die ganze Zeit fühlte sich mein Herz schwer an. Sie so zu sehen schockte mich. Ich wusste schon länger, dass sie nicht mit sich selbst zurecht kam und ritze, aber so hatte ich sie noch nie gesehen. Nie zuvor hatte ich einen Menschen so am Boden erlebt.

"Es tut mir leid", wisperte Amira in die Stille. "Muss es nicht. Es ist in Ordnung, ich bin für dich da", gab ich in der selben Lautstärke zurück. "ich wollte nicht, dass du mich so siehst", hauchte sie. "Kein Problem. Ich lass dich nicht allein", murmelte ich und gab ihr einen Kuss auf den Hinterkopf.

"Aber alle anderen lassen mich alleine", wimmerte sie und brach wieder in Tränen aus. "hey psscht", hauchte ich und bewegte mich um sie herum, dass ich vor ihr saß. Sanft nahm ich ihr Gesicht in die Hände und wischte ihr das Blut und die Tränen weg.

"Warum hat mir Marley nicht geglaubt", weinte sie verzweifelt. "Ehrlich gesagt weiß ich es nicht, aber wenn du willst, kann ich es ihm erklären", bot ich an. Schwach nickte sie, was für mich hieß, ich durfte Marley davon erzählen. "Amira, ich weiß du willst das nicht hören, aber du solltest es den anderen selber auch noch sagen. Es ist eine Krankheit wo man im Ernstfall Bescheid wissen sollte. Es könnte doch sein, dass die anderen drei in deiner Nähe sind wenn etwas passiert. Selbst ich kann nicht 24 Stunden um dich rum sein", redete ich sanft auf sie ein.

"Aber es ist doof schwach zu sein. Sie sollen nicht denken ich könnte mein Leben nicht selbst steuern. Ich will nicht wie ein rohes Ei behandelt werden", jammerte sie. "Hey, denk doch nicht so. Sie werden denken, dass du verdammt stark bist, denn das bist du! Du hast all das überlebt. Alleine, ohne Hilfe, aber das was gerade passiert solltest du nicht alleine durchstehen. Es ist nicht falsch Hilfe anzunehmen. Glaub mir. Sie werden gerad jetzt bemerken wie stark du bist", erklärte ich.

Wütend schüttelte sie den Kopf. Wie konnte ich sie nur dazu bringen? "Vor allem Luna wird so denken. Sie weiß wie stark du bist, aber das alles zu meistern, während man eine Krankheit hat, ist eine so große Leistung. Ich bewundere dich jetzt schon für deine Kraft. Deine Vergangenheit klingt für mich schon kräftezehrend und wenn ich daran denke, dass du wohlmöglich noch viel mehr zu erzählen hast....es ist unglaublich wie weit du es gebracht hast, aber glaub mir. Mit Hilfe kommen wir noch viel weiter. Wir sind eine Hydra. Wir sind unsterblich. Keiner kann uns was anhaben, solange wir uns auf einander verlassen können", redete ich weiter.











How to kill a hydraWo Geschichten leben. Entdecke jetzt