Kapitel 5

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Taddl stand in der Türe und blickte uns ungläubig an. Wütend starrte ich in seine Augen. Alles war seine Schuld! Er hatte es weiter erzählt! Er hatte sein Versprechen gebrochen! Er war Schuld an dem Unfall! Er war Schuld, dass Tobi wieder Drogen nahm.

Ihm war bewusst, dass er störte und so verließ er den Raum so schnell wie er ihn geöffnet hatte. Die Türe schwang zu, schloss sich aber nicht richtig. Kurz starrte ich wütend auf den kleinen Spalt, welcher den Raum nicht vollkommen erscheinen ließ. Wie ein Portal zu einer anderen Welt schimmerte Licht durch die kleine Öffnung. Ich drehte mich wieder zu Tobi, um weiter zu heulen, aber es ging einfach nicht. Tobi war bereits aufgestanden und lief durch den Raum zu seinen Drogen. "Tobi NEIN", kreischte ich und rannte auf ihn zu. "Amira, das darf einfach nicht nochmal passieren", rief Tobi. "Genau! Also lass das", meinte ich und riss an seiner Schulter. Er taumelte kurz, aber hielt sich auf den Beinen. Erneut wurde die Türe aufgerissen.

"Amira alles ok? Du hast geschrien", hechelte Taddl außer Atem. "Jetzt nicht", rief ich und drehte mich zu Tobi um, welcher bereits eine Nadel im Arm hatte. "nein", presste ich ungläubig heraus. Ich hatte es nicht geschafft! Jetzt, selbst nach über zehn Jahren schaffte ich es nicht, Tobi von den Drogen fern zu halten. "Nein", rief ich erneut. Tränen flossen. "NEIN", kreischte ich. Tobi war fertig mir seiner Dosis, zog die Nadel raus und war die Ruhe selbst. Als sei nichts gewesen nahm er mich in den Arm. Ich blieb einfach steif stehen. Was passierte gerade in meinem Leben??? Tobi griff um mich herum, an meinen Rücken und um meine Beine, hob mich hoch und trug mich zu den Sofas. 

Liebevoll platzierte er mich auf den Decken und legte sich neben mich. "Du bist wunderschön", murmelte er und strich über meine Wange. Ohne Mimik blickte ich ihn einfach an. Mein Gesicht war leer, genauso wie mein Kopf. Sämtliche Empfindungen hatten sich abgestellt und ich reagierte auf nichts mehr. Es war als hätte ich und nicht Tobi die Drogen genommen.

"Es tut mir leid Honey, aber ich brauch die Drogen. Ich hätte mich sonst vor den Zug geworfen", hauchte er und strich durch meine Haare. "Du bist alles für mich, mein Lebensinhalt, meine Familie, mein Fels in der Brandung. Ich würde alles für dich tun", flüsterte er. "Ohne dich gibt es kein mich. Ohne dich gäbe es mich nicht mehr. Ohne dich hätte mein Leben keinen Sinn", wisperte er. Es kamen keine weiteren Worte mehr aus seinem Mund. Er war verstummt und blickte mich nur noch an. Sein Blick war leer und doch auf mich fokussiert.

Nach wenigen Momenten war Tobi eingeschlafen. Ich löste mich aus meiner Starre. Vorsichtig entfernte ich mich vom Sofa und ging haareraufend zum Tisch. Mühselig sammelte ich sämtliche Drogen ein, aber ich wusste genau, dass Tobi hier noch irgendwo, irgendwelche versteckt hatte. Ein Räuspern ließ mich aufschrecken. Taddl stand noch immer in der Türe. Er schien mit dem Geschehenen überfordert zu sein. "Was willst du noch?", fragte ich leise und gleichgültig. "Ich wollte mich entschuldigen", kam es schüchtern von ihm. "Das ändert nichts daran, dass du dein 'Ehrenwort' gebrochen hast", ich spukte die Wörter förmlich aus. Taddl erwiderte nichts. "Man sollte nichts versprechen was man nicht halten kann", gab ich genervt von mir.

Ich hatte alle Drogen vom Tisch in eine Plastiktüte gestopft und drückt mich an Taddl vorbei, um die Tüte in einem Safe zu verstauen. Der Safe war schon fast voll, so oft hatte ich bereits Drogen von Tobi weggeräumt. Schon als kleines Kind hatte ich das getan. Gerade als ich den Safe abschloss räusperte sich Taddl erneut hinter mir. "Kann ich das wieder gut machen?", fragte er verzweifelt. Einen Moment blickte ich ihn einfach nur an, seufzte und schüttelte dann den Kopf. "Wieso?", wollte er wissen. Es war als hätte er nie gesehen was gerade abging. "Ich lag im Koma, ich war tot und Tobi nimmt wieder Drogen. All das weil du dein Eherwort gebrochen hast", warf ich ihm vor. "Ok. Es war falsch überhaupt irgendwas auszuplaudern, aber konnte ich wissen, dass du gleich versuchst dich mit einem Auto zu töten?", warf nun er mir vor. "Ich soll versucht haben mich zu töten?! Oh nein mein Freundchen! Du wirst dich jetzt schön verpissen und nie wieder kommen! Ich lass mir sowas doch nicht unterstellen und vorallem nicht in meinem Haus während ich besseres zu tun hab", sagte ich bedrohlich ruhig. "Es ist doch nur die Wahrheit! Alles auf jemand anderes zu schieben ist viel leichter, als einzugestehen dass man Scheiße gebaut hat", rief er. "pass auf deinen Ton auf", gab ich harsch von mir. Ich wusste wie scheiße ich mich im Moment verhielt, aber momentan war mir alles egal. Mit wurde klar, dass ich nicht mehr ich selbst war, ich war schlechter....ich war ein gewöhnlicher Mensch dieses Zeitalters. Ich war einer der Menschen, welche ich vor kurzem noch mehr als verabscheut hatte.

"Dann pass du auf deine Anschuldigungen auf", meinte Taddl gleichgültig. "Weist du was?! Verpiss dich!! OK! VERPISS DICH EINFACH", rief ich, drückte mich an ihm vorbei und stapfte zu meinem Zimmer. Ein keuchender Tobi rannte mir entgegen. "Ist alles in Ordung?", fragte er außer Atem. Ich nahm ihn einfach in den Arm und weinte erneut. Irgendwas veranlasste mich heute dazu immer und immer wieder zu weinen. Eine Türe hinter uns wurde leise zu gezogen und Taddl versuchte sich an uns vorbei zu drücken. Tobi ließ mich los und packte ihn am Kragen. "Du bist also Schuld, dass meine kleine Prinzessin jetzt weint?!", fauchte er und drückte Taddl an das Gelände. Es ging dahinter locker drei Meter runter in die Halle. "Tobi, lass das", rief ich und versuchte ihn von Taddl los zu reisen, aber er war noch immer stärker wie ich. "Was hast du getan?", zischte er in das tätowierte Gesicht von Taddl. Aus Panik sagte Taddl kein Wort, vorsichtig hob er die Hände und hoffte nur, nicht im nächsten Moment auf dem Hallen Boden aufzuschlagen. "Amira, was hat er getan?", fragte Tobi mich ohne auch nur den Blick aus Taddl's Augen zu lösen.




How to kill a hydraWo Geschichten leben. Entdecke jetzt