Lass liegen bleiben

Du Nimmst Mir Die Angst

Ein paar Wochen später

POV Timi

Lukas und ich wollten uns wieder sehen und ich entschied mich, nach Berlin zu fahren. Im Zug musste ich an die Vergangenheit - oder besser gesagt, meine Vergangenheit denken, als ich ein Teenager war. Ich dachte an meine erste Freundin Laura und wie nervös ich immer bei ihr war. Wir waren zwar gleichen Alters, jedoch hatte sie viel mehr Erfahrung, was Beziehungen und Sex betraf, als ich als damaliger 15-jähriger; mein Lispeln machte mich unsicher, sodass ich versuchte wenig zu sprechen und vor allem kein Englisch zu sprechen (wegen des „th"). Sie war nicht das erste Mädchen, das ich geküsst hatte, jedoch das Erste, mit dem ich geschlafen hatte. Ich erinnerte mich noch gut an den Abend, an den wir geplant hatten, miteinander zu schlafen. Ich war sau-nervös, traute mich fast nicht, Kondome im Supermarkt zu kaufen und generell hatte ich keine Ahnung, was ich machen sollte. Wir hatten uns bei ihr getroffen, ihre Eltern waren im Urlaub und ließen Laura alleine und anstelle in die Schule zu gehen, wollten wir lieber vögeln, kiffen, abhängen, also verbrachten wir den ganzen Tag miteinander. An dem Abend schauten wir erst einen Film, bis wir anfingen, wild rumzuknutschen und sie sich auszog. Sie saß da neben mir, auf der Couch, nur mit BH und Slip bekleidet und ich dachte, ich werde wahnsinnig. Damals dachte ich noch, dass nur Mädchen mich um meinen Verstand bringen würden, ich dachte, dass ich als Rapper nur Mädels poppen würde (war ja auch mehr oder weniger wahr) und ich hätte nie gedacht, dass ich jemals was mit einem Mann hätte. Schon gar nicht mit Lukas. Ich verglich mein erstes Mal mit dem, das ich mit Lukas hatte und letzteres war definitiv das schönere. Das Ganze verlief zärtlicher und auch wenn ich nicht genau wusste, was ich machen sollte, war ich sicherer als mit Laura. Mit Lukas musste ich auch nicht aufpassen, was Verhütung betraf, wir konnten machen, was wir wollen und wir liebten uns. Wir passten viel besser zusammen. Ich freute mich schon auf Lukas, auch wenn ich immer nervöser wurde, da wir es den anderen sagen wollten. Und zwar an diesem Wochenende.

POV Sudden

Lukas hatte uns alle auf ein Bandmeeting bei sich zuhause eingeladen, was zum Teil seltsam wirkte, zum Teil auch wieder Sinn machte, da er ja eh der Workaholic der Band war und wahrscheinlich wieder ein Album oder irgendwas neues rausbringen wollte. Ich nahm einen Schluck Vodka zu mir und machte mich auf dem Weg mit der Bahn zu Lukas' Wohnung. Ich überlegte die ganze Zeit, was er uns wohl sagen wollte - er und Timi hatten sich in letzter Zeit sehr seltsam benommen und sowie Basit als auch ich und Vortex spekulierten, dass da was zwischen denen lief. Irgendwie waren die beiden fast unzertrennlich und dann gingen sie wieder auf Distanz. Lief da wirklich was zwischen denen? Es war zugleich sehr wahrscheinlich und dann auch wieder komplett undenkbar. Tim war fast so wie der Heteromann an sich, Lukas tendierte dazu, etwas sensibler zu sein (vor allem seit Triebwerke) und wirkte doch auch sehr heterosexuell. Die nächste Station war meine Haltestelle und ich verließ die U-Bahn, um zu Lukas' Wohnung zu gehen.

POV Lukas

Gott, war ich nervös. Ich wollte heute der Band mitteilen, dass Tim und ich ein Paar seien. Basti war so unberechenbar - ich wusste nicht, wie er reagieren würde. Tim und ich hatten schon lange darüber geredet, dass wir es der Band sagen würden. Wahrscheinlich dachten sie es sich schon. Was würde Basti sagen? Homophob war er eigentlich nicht, vor allem nicht privat, jedoch wäre er sicher nicht gerade begeistert, wenn in seiner Band plötzlich ein schwules Pärchen ist. Ich stellte Getränke bereit -Vodka für Sudden, Bier für uns andere - und wischte meine schwitzigen Hände an meinem T-Shirt ab. Wie sollte ich das Ganze denn angehen? Während ich mir weiter den Kopf zerbrach, klingelte es an der Tür. Es war Tim.

„Sind die anderen schon da?", fragte er. Ich schüttelte den Kopf und er nützte die Gelegenheit mir einen leidenschaftlichen und sehnsüchtigen Kuss zu geben.