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Fabian

Als ich den kleinen, etwas abgelegenen Dorfbäcker wieder verließ, hatte der beim Loslaufen eingesetzte Nieselregen schon wieder aufgehört. Nur ein kurzer Schauer, der allerdings ausgereicht hatte, um es von allen Bäumen hinunter auf unsere Köpfe tropfen zu lassen.

Leila hatte ich doch mitgenommen, jedoch nur unter Protest, weil sie so gequengelt hatte und meine Mutter mich daraufhin gezwungen sie mitzunehmen. Ich hatte gewusst, dass es ein Fehler sein würde. Sie sprang in ausnahmslos jede der zahlreichen Pfützen des eng gepflasterten, jedoch nicht gerade ebenen Weges, der Großteile unseres Dorfes säumte. Ich lief deshalb mit möglichst großem Abstand neben ihr, denn die Bäckertüte war aus Papier und somit alles andere als Wasserfest. Wenn sie nass wurde, war das Brot wohl nicht mehr genießbar. Und ich hatte absolut keine Lust, bei diesem Wetter noch einmal durch das halbe Dorf trotten zu müssen.

"Leila!", schimpfte ich, als sie mir mit ihren Gummistiefeln erneut eine Ladung Wasser entgegenschleuderte. Sofort bekam ich am ganzen Körper Gänsehaut. Hoffentlich wurde ich von diesem ständigen nasswerden nicht auch noch krank, denn schließlich waren bald Herbstferien. Und in denen hatte ich andere Pläne als krank im Bett zu liegen und ununterbrochen Tee zu trinken. Auch wenn mir dann die mühsame Gartenarbeit erspart bleiben würde.

"Tut mir leid", murmelte Leila entschuldigend, "aber ich liiiiiieeeebe nunmal Regen. Und Pfützen erst recht. Darin spiegelt sich alles sooo wunnerschön."

Ich sah skeptisch, das Schöne im dreckigen Wasser suchend, hinab in die Pfütze vor mir und meinte, für einen kurzen Augenblick das Spiegelbild des seltsamen Mädchens von gestern Morgen darin gesehen zu haben. Ich drehte mich um, doch da war niemand. Im Gegenteil, die Straße war wie leergefegt. Kopfschüttelnd lief ich weiter.


Regenkinder (pausiert)Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt