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5 – Fabian

Genervt warf ich den Lappen zurück in den Putzeimer. Dieses verdammte Fenster! Konnte eine Einbildung, ein Traum, tatsächlich so real und so Pfützen bringend sein? Oder hatte meine Mutter recht? Ein Traum?

Ich konnte es einfach nicht, wie sonst, damit abtuen.

Der Blick nach draußen ließ meinen Entschluss Boden fassen. Ich musste nach Beweisen suchen. Wo ich früher schon mit meinem Vater Wildschweinspuren auf den Grund gegangen war, musste ich in diesem Matsch doch auch Menschenspuren finden können!

Ich stellte den Putzeimer zurück in die Küche, zog meine Regenjacke an und verließ das Haus.

Seufzend stellte ich fest, dass unser Gartenweg gerade jetzt, bei diesem feuchten Wetter, wieder mit Unkraut nur so zu gewuchert war und auch der übrige Garten  nach ein paar Stunden intensiver Gartenarbeit verlangte. Noch ein Punkt mehr, den ich in den baldigen Ferien zusammen mit meiner Mutter abzuarbeiten hatte. Unkraut jäten, während Leila uns wie so oft Unkrautkronen aufsetzen und mich zum Blumenritter ernennen würde. Schmunzelnd schob ich das quietschende Gartentor auf und verlies unser doch recht überschaubares Grundstück.

Es hatte endlich aufgehört zu regnen, und in der matschigen Wiese erkannte man Spuren bekanntlich am besten. Der perfekte Zeitpunkt also, um nach Spuren zu suchen.

Ich umging die größten Matschlöcher und näherte mich dem relativ großen, jedoch nicht besonders dichten Wald. Die Wiese war, genau wie ich es vermutet hatte, sehr matschig und quietschte unter meinen Schuhen, die der Dreck schon nach wenigen Metern tief braun gefärbt hatte. Auch an meiner Hose klebten auf Höhe der Waden bereits Dreckspritzer, aber das war mir gleichgültig.

Meine Augen auf den unebenen Boden gerichtet lief ich weiter Richtung Waldrand.

Dorthin wo ich glaubte, sie herumirren gesehen zu haben.

Tatsächlich stieß ich einige Meter vor den ersten Bäumen auf eine Art Spur, die vom Wald weg führte. Größere und kleinere ovale Vertiefungen im Matsch, wohl auch von Händen und Knien, wenn sie gestürzt war.

Ich folgte der vermeidlichen Spur, die allerdings genauso gut von dem Förster stammen könnte, oder von Hundebesitzern oder sonstigen Dorfbewohnern anstatt von der Gestalt heute Morgen.

Die Spur führte zu einer großen Pfütze, von der aus plötzlich zwei, und dann wieder nur eine Spur weiterführte. Obwohl das eher auf ein Kind hindeutete, das nach dem Tannenzapfensammeln im Wald vom Vater getragen worden war, wie ich selbst früher, hatte ich dennoch keine Zweifel daran, dass eine dieser Spuren dem Mädchen gehören musste.

Ich hatte nicht nur geträumt.

Ich beschloss der Spur, die Richtung Norden führte, weiter zu folgen. Jetzt kam sogar nach langen Regentagen die Sonne endlich mal wieder heraus und tauchte die Gegend in ein freundlicheres, wärmeres Licht.

Glücklich über die Wetterabwechslung lief ich weiter, bis ich in einer großen Pfütze vor mir etwas das stärker gewordene Licht reflektieren sah. Was mochte das wohl sein? Kleingeld?

Geblendet griff ich in das für so eine sumpfige Wiese erstaunlich klare Wasser hinein und zog etwas heraus. Es war ein abgenutztes Lederbändchen, mit einem metallischen Anhänger daran, dessen eingekerbtes Symbol mich an eine liegende Sanduhr erinnerte.

Irgendwie hatte ich das seltsame Gefühl, dass dieser Anhänger dem Mädchen gehörte und auch die Spuren von ihr stammten, obwohl sie von jedem sein könnten und obwohl ich keinerlei Anhaltspunkte hatte, die mir versichern konnten, dass diese Kette nicht schon Tage vorher dort gelegen hatte.

Jetzt noch neugieriger geworden, folgte ich der Spur weiter, doch sie verlor sich, genau wie sie auch begonnen hatte, in einem Meer aus Pfützen.

Regenkinder (pausiert)Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt