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11- Fabian

Als ich das Mädchen nach einigen Hausecken schließlich ganz aus den Augen verloren hatte, fiel mir erst auf das Leila fehlte. Panik stieg in mir auf. Ich war für sie verantwortlich, Mum würde mich sowas von umbringen, wenn ich sie verloren hatte.

Ich rannte so schnell ich konnte den Weg zurück und fand Leila schließlich auf der Parkbank, an der wir vorhin vorbeigekommen waren, sitzend und die etwas zerdrückte Mohnschnecke essen, die die Verkäuferin beim Bäcker ihr geschenkt hatte. Ich atmete sichtbar erleichtert auf.

"Komm Leila", forderte ich sie auf, "gehen wir endlich nach Hause."

Leila packte die Süßigkeit wieder in die Tüte und kletterte von der von Feuchte durchdrungenen Bank. Ein nasser Abdruck zierte nun ihren Rücken und ihren Hintern, was sie allerdings nicht im Geringsten zu stören schien. Als wäre nichts gewesen setzten wir unseren Weg fort.

"Wer war das?", wollte Leila schließlich doch wissen. Ich entschied mich, ihr nichts zu erzählen, da sie alles was man ihr erzählte auch unserer Mutter erzählte, naja, eigentlich konnte man es auch schlicht petzen nennen.

"Wer war das?", fragte Leila weiter, so quengelnd wie es nur eine fünfjährige konnte.

"Meine Nebensitzerin aus der Schule.", log ich jetzt schon genervt und obwohl die Ausrede grottenschlecht war, hörte Leila tatsächlich auf zu fragen.

Die Sonne kam immer mehr zwischen den letzten Wolkenfetzten heraus, die nicht heruntergeregnet waren, und wir zogen unsere nun viel zu dicken Jacken aus.

Erst jetzt fiel mir Leilas viel zu große Kette auf.

Es war dieselbe, die ich am Vortag in der Pfütze gefunden hatte.

"Wo hast du die her?", fragte ich verdattert, während ich vorwurfsvoller als nötig auf sie herabblickte.

"Die hat mir die alte Frau geschenkt.", erklärte sie mir stolz und strahlte durch ihre Zahnlücke.

"Welche alte Frau?"

"Na die die gerade noch da war. Mit dem langen Zopf. Glaubst du, das war die Zahnfee?", fragte sie mit großen Augen.

Ich hatte keine alte Frau gesehen. Außer dem Mädchen war ich auch sonst kaum jemandem begegnet und schon gar nicht einer... alten Frau.

„Ich glaube kaum, dass das die Zahnfee war.", überlegte ich. „Zeig mal her."

Ich wollte mir die Kette genauer ansehen, um sie mit meiner zu vergleichen, doch Leila ließ mich nicht.

"Das ist meine", fauchte sie, "und ich werde sie niiie wieder wegmachen."

Regenkinder (pausiert)Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt