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12 - Greta

Als ich mir endlich sicher war, dass er mich nicht weiter verfolgte, blieb ich erleichtert stehen um etwas zu Atem zu kommen.

Meine Lunge brannte von der Verfolgungsjagt, die uns durch das halbe Dorf geführt hatte. Ich war eindeutig nicht in Form für einen derartigen Marathon, falls ich überhaupt je Kondition besessen hatte. Seitenstechen hatte ich auch längst, genau genommen sogar schon seit der zweiten Hausecke, um die ich mehr gestolpert als gerannt war.

In einer leicht gebeugten Haltung, die den Schmerz angenehmer werden ließ, lief ich langsam und schwer atmend weiter. Immer weiter die schmale Gasse entlang, an welcher er vorbei gerannt war, ohne mich zu bemerken. Zum Glück, lange hätte ich nicht mehr durchgehalten und er hätte mich gekriegt.

Neben einem Müllcontainer, der mir Sichtschutz gab, lehnte ich mich erschöpft an die von Efeu überwucherte Hauswand. Dort war der Putz bereites stark durch Bewuchs abgefallen und lag nun zu meinen Füßen. So sah meine Lunge bestimmt gerade auch aus. Völlig zerstört.

Die Blätter des hartnäckigen Gewächses kratzten und brannten in meinem Nacken, aber ich hatte nicht die Kraft mich von der Wand wegzustoßen und mir einen anderen Platz zu suchen. Ich war einfach nur fertig. Für einen kurzen Moment genehmigte ich es mir, die Augen zu schließen und mich voll auf meine Atmung zu konzentrieren.

Ein. Aus. Ein. Aus.

So laut wie ich nach Atem schnappte, musste ich schon befürchten, er könnte es hören und zurückkommen. Aber es ging nicht leiser. Anders würde ich ersticken!

Ein. Aus. Ein.

Ich schrie erschrocken auf, als mich plötzlich eine Hand packte. Und ehe ich die Augen wirklich offen hatte, war ich auch schon von der Wand weggezogen worden.

"Komm, Greta, komm!"

Helen zerrte mich grob hinter sich her.

Mein Bein schmerzte furchtbar, ich konnte kaum rennen, ich wurde mehr humpelnd geschleift.

"Was ist den los?", keuchte ich mit schmerzverzogenem Gesicht.

Ich war völlig fertig von dem Lauf zuvor und würde am liebsten einfach nur noch auf den Boden fallen und dort liegen bleiben.

"Die Pfützen...", japste sie aufgebracht, "...sie trocknen."

Wir rannten weiter.

Schritt. Ein. Schritt. Aus. Schritt.

Ich biss die Zähne zusammen und hoffte innig bei jedem Schritt, dass es der Letzte sein würde.

Als wir das Portal endlich erreichten, war es schon fast weg. Helen warf sich mit ihrem Anhänger zuerst hindurch, um es zu öffnen, doch als ich sprang, schlug ich nur noch hart auf der Straße auf. Die Pfütze war verschwunden.

Regenkinder (pausiert)Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt