Was im Dunkeln schlummert

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Er liebte die Stadt. Bor war noch an keinem Ort vorbeigekommen, der der Hölle so ähnlich war wie die Großstadt. Es gab Mord und Diebstahl und Betrug. Während er seine Streifzüge durch die nächtlichen Straßen machte, fühlte er sich wie zuhause. Hier in Chicago war er nicht das einzige böse Wesen. Die Menschen konnten genauso verdorben und böse sein wie Demonen.

Doch er musste vorsichtig sein, wenn einer dieser verdammten Schutzengel ihn bemerken würde, gäbe es Krieg und Bor wollte nicht der Grund dafür sein. Die Menschenwelt war neutraler boden und Engel wie Demonen mussten sich daran halten. Schutzengel waren die einzigen Engel die einen engeren Kontakt mit den Menschen pflegten, doch auch sie blieben mit ihren Körpern im Himmelreich. Ihr Geist war es der wanderte. In der Hölle gab es spezielle ausgebildete Demonen, die schwarzen Demonen, deren Aufgabe es war das Gute der Engel wieder wet zu machen. Auch sie beachteten die Regeln die vor Jahrtausenden aufgestellt worden waren und blieben physisch in der Hölle.

Diese Regeln waren aus einem bestimmten Grund aufgestellt worden. Damals im großen Krieg von Gut und Böse, waren ihre Schlachten auf der Erde ausgetragen worden. Sie hatten beeinflusst und gemordet, so lange das von der Menschenwelt beinahe nichts mehr übrig geblieben war. Dies wäre nicht nur für die Engel ein enormer Verlust gewesen, auch die Demonen lebten von den Menschen. So war ein Abkommen vereinbart worden, das ebendiese Regeln festlegte.

Bor vermisste wahre Demonen, die Zeit die er mit den verdorbenen Menschen verbrachte, war zwar ganz nett aber bei weitem nicht ausreichend. Er war nun etwa eine Woche in Chicago und blieb tagsüber in einem alten Lagerhaus, bewohnt von Junkies und Obdachlosen. Trostlos und Gewaltbehaftet, genau wie er es mochte. Je mehr Zeit er mit seinen neuen Freunden verbrachte umso deutlicher wurden seine demonischen Merkmale. Seine Haut war feuerrot und seine Hörner deutlich sichtbar.

"Hey Bor schau mal was wir gefunden haben!" rief ein zwanigjähriger Mann mit zerissener Kleidung und Tattoos am ganzen Körper. Er strich seine dunklen, verfilzeten Haare aus dem Gesicht und kam mit seinen Kumpels zu Bor. Da es früh am Morgen war und die Sonne gemächlich auf die Erde schien, ersparte Bor sich das Aufstehen, diese Menschen würden alles für ihn tun. Er blieb also gemütlich auf der Matratze sitzen und wartete bis sie ihm ihre Neugikeit brachten. Der Mann bügte sich huldvoll und überreichte Bor einen Gegenstand, in blutiges Zeitungspapier gewickelt, stank es nach Blut und Tod. Interessiert hob Bor die Augenbrauen und öffnete die Verschnürung. Das Zeitungpapier klaffe auseinander und offenbarte eine abgetrennte Hand. Anerkennend pfiff Bor und nahm die Hand.

"Interessant." Der Mann lächelte zufrieden und setzte sich mit seinen Kumpels vor Bor.

"Wir haben sie einem Jugendlichen abgeschnitten. Er war auf dem Weg in die Schule." Bor lächelte seinen neuen Freund an und klopfte ihm anerkennend auf den Kopf.

"Sehr gut Nathanielle. Du wirst immer besser im Schneiden." Nathanielle freute sich wie ein kleines Kind und sah mit Verzücken zu wie Bor die Hand aß. Er riss das Fleisch ab und spuckte die Knochen wieder aus. Schmatzend wischte er sich über den blutverschmierten Mund.

"Was ist mit dem Jungen? Lebt er?" Nathanielle nickte eifrig.

"Ja, und du hattest recht. Er wird so viel mehr leiden, wenn wir ihn am leben lassen." Nathanielles Gefolgschaft lachte und freute sich über ihre geleistete Arbeit. Sie waren Bors Autorität treu ergeben. Bor schickte alle weg bis auf Nathanielle, er war etwas Besonderes.
Er hatte den jungen Mann gleich am ersten Tag in Chicago kennengerlernt und war von seiner natürlichen grausamen Art angetan gewesen. Natanielle war, obwohl sein verdrecktes Äuseres etwas anderes erzählte, intelligent, geschickt und attraktiv. Er hatte große dunkle Augen , einen recht ansehnlichen Körperbau und nicht zuletzt eine schöne Bassstimme, die noch jeden dazu gebracht hatte ihm zu vertrauen. Aber am wichtigsten war Bor Nathanielles Begabung für prezises Schneiden.

"Erzähl mir wie du es gemacht hast. Hatte der Junge Angst? Hatte er Schmerzen?" Nathanielle, begrierig Bors anerkennung zu gewinnen, erzählte jedes grausame Detail. Bor hörte ihm zu, bis sein Blick auf die Zeitung fiel. Stirnrunzelnd nahm er sie in die Hand und sah sich einen Artikel über ein Massaker während einer Party näher an. In dem Artikel war von unkontrollierten Wutausbrüchen und Gewalttaten die Rede.

"Meister? Hört ihr noch zu?" Auf Bors Gesicht erschien ein böses Grinsen.

"Nein, Nathanielle. Ich habe soeben einen alten Freund gefunden. Könntest du mir sagen, wo genau sich dieses >Massaker< ereignet hat?" Nathanielle nahm die Zeitung die Bor ihm hin hielt und sah sie sich genauer an.

"In einem kleinen Nest, in der nähe von New Orleans."

"Gut, sehr gut. Sobald die Sonne untergegangen ist, werden wir uns auf den Weg machen." Nathanielle horchte auf.

"Wir?" Bor klatschte in die Hände und lachte vor Vorfreude.

"Natürlich. Du hast dich als nützlich erwiesen. Ich werde dich noch eine Weile behalten." Nathanielles Gesicht wurde eine glückselige Maske und freudig sagte er:

" Danke, Meister."


Hochzeit von Himmel und HölleWo Geschichten leben. Entdecke jetzt